Positionen der IHK
Was sagt die IHK, und welche Initiativen ergreift sie? Hier informieren wir Sie über bildungspolitische Projekte sowie Forderungen und Positionen der IHK.
Am 12. Dezember 2014 haben Bundesregierung, Wirtschaft und Länder sowie erstmals auch die Gewerkschaften die neue "Allianz für Aus- und Weiterbildung 2015 - 2018" besiegelt. Sie ersetzt den Ende 2014 ausgelaufenen "Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs".
Festgeschrieben in der Allianz sind einige quantitative Ziele wie zum Beispiel:
- 20.000 zusätzliche Ausbildungsplätze in 2015, für die bei den Agenturen für Arbeit ein Vermittlungsauftrag bestehen muss
- 500.000 Praktikumsplätze zur Berufsorientierung
- 10.000 Plätze für die assistierte Ausbildung für das Ausbildungsjahr 2015/2016,
- drei Angebote für eine Ausbildung für jeden, im Herbst noch nicht vermittelten Jugendlichen.
Zudem sollen die Berufsorientierung ausgebaut und die berufliche Bildung gemeinsam intensiv beworben werden. Die Vereinbarung "Allianz für Aus- und Weiterbildung" finden Sie zum Download.
Die Digitalisierung macht die Berufswelt noch komplexer. Von den Mitarbeitern werden künftig mehr Kreativität, Eigeninitiative und Wissen über Datenschutz und Algorithmen verlangt. Ausbildung und Schulpolitik müssen sich darauf einstellen. Das war das Fazit des DIHK-Themenforums in der IHK.
Unter dem Motto „Berufliche Bildung 2025“ führt die IHK-Organisation derzeit eine Strategiediskussion über ein „Update“ des Erfolgsmodells der dualen Ausbildung. Die Ergebnisse der DIHK-Veranstaltung „Digitale Wirtschaft – Wie sieht die Berufswelt der Zukunft aus?“ fließen ein in ein Strategiepapier, in dem Handlungsschritte formuliert werden sollen. DIHK-Bereichsleiterin Dr. Esther Hartwich sagte, dieser Prozess soll auch eine „Schreckensvision“ vermeiden. „Stellen Sie sich vor, Sie haben 2025 eine IHK-Prüfung – und keiner kommt“, betonte Hartwich.
Sie nannte alarmierende Zahlen. Im vergangenen Jahrzehnt ist die Zahl der Schulabgänger in Deutschland pro Jahr um 100.000 gefallen. Bis 2025 wird diese Zahl nochmals um 125.000 sinken. Im Vergleich zum Studium habe die Berufsausbildung stark an Stellenwert in den Augen der Eltern und Schüler verloren. Zusätzlich, erklärte die DIHK-Fachfrau, erfordere die Digitalisierung neue Konzepte in der Ausbildung.
Zu wenig Digitales im Schulunterricht
IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen sagte, jeder Versuch, technische Umwälzungen und das Entstehen neuer Geschäftsmodelle verhindern zu wollen, sei sinnlos. „Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen mit einem veralteten Geschäftsmodell zu helfen, in der neuen Welt anzukommen“, betonte Driessen. Ein Schlüssel hierzu sei die Mitarbeiterqualifizierung. Als frustrierend bezeichnete Driessen den Stillstand in der Bildungspolitik. In den vergangenen 15 Jahren sei es nicht gelungen, den Schulunterricht dem digitalen Wandel anzupassen. Deutschland müsse sein Bildungs- und Ausbildungssystem dringend modernisieren, um international nicht den Anschluss zu verpassen.
Die Berufswelt wird komplexer
Prof. Sabine Pfeiffer von der Uni Hohenheim und dem Institut für sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) München plädierte für Optimismus. Sie sagte, Deutschland habe etwa beim Thema Breitband Defizite, verfüge aber auch über weltweit einmalige Stärken. Man müsse sich jetzt nur fragen, wo man eigentlich hinwolle, dann werde das Land auch den digitalen Wandel stemmen. „Wir schaffen das“, meinte die Berufsforscherin. Niemand wisse derzeit, wie die Berufswelt 2025 wirklich aussehe. Sicher sei aber, dass alle Aufgaben im Unternehmen noch komplexer würden. Alle Mitarbeiter müssten kreativer werden, Prozesse mitgestalten, Datenschutz-Probleme und die Funktion von Algorithmen verstehen und Ansprüche an die IT-Entwickler formulieren. Die Professorin warnte auch vor Illusionen. Sie betonte, gerade für den Mittelstand werde die „Offline-Welt“ weiter die größere Bedeutung haben. Für bestimmte Produkte und Hersteller könnte sogar der Ausstieg aus der digitalen Welt strategisch sinnvoll sein, um sich vor dem Kopieren der Konkurrenz besser zu schützen.
Bildung 2020
Die bayerischen IHKs bemängeln die zu geringe Praxisorientierung und zu knappe finanzielle Ausstattung des Bildungssystems. Die Auswirkungen bekämen die Unternehmen zu spüren, heißt es in dem Positionspapier "Bildung 2020": "Die Betriebe stellen eine abnehmende Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger fest." Die Geschwindigkeit, in der Bayern sein Bildungssystem verbessert, ist nach Auffassung der bayerischen IHKs zu niedrig.
Sie fordern deshalb:
- Kinderkrippen und Kindergärten müssen in ihren Angeboten quantitativ und qualitativ verbessert werden.
- Ein ausreichendes Angebot an Kinderkrippen und Kindergärten muss geschaffen werden.
- Ausbau der Kindergärten zu Frühfördereinrichtungen
- Individuelle Förderung statt Auslese in den allgemeinbildenden Schulen müssen die Lebenschancen der Kinder prägen und nicht ihre soziale Herkunft, ihr Wohnort oder ihre Nationalität.
- Praxisbezug und eine Berufsorientierung müssen erhöht werden, um den Schülern eine fundierte Zukunftsplanung zu ermöglichen.
- Einführung bundesweit vergleichbarer Schulabschlussprüfungen zumindest in den Kernfächern
- Der Übergang zwischen den Schularten muss reibungslos möglich sein - in beiden Richtungen.
- Die Berufsschulen müssen sich als Partner der dualen Berufsausbildung in ihren Standorten und bei ihren Angeboten an den regionalen Ausbildungsgegebenheiten orientieren.
- Es müssen mehr Lehrer eingesetzt werden, und der Unterrichtsausfall muss abnehmen.
- Mehr differenzierte Förderung schwacher Schüler
- Die gemeinsame Beschulung von Auszubildenden verwandter Berufe muss ausgebaut werden.
- Berufliche Bildung und Hochschulbildung müssen sich gegenseitig anerkennen, die Durchlässigkeit zwischen den Bereichen muss konsequent durchgesetzt werden.
- Berufsbegleitende Studienangebote insbesondere für Studierende, die aus der beruflichen Bildung kommen, müssen gefördert werden.
- Es müssen einheitliche Regelungen für die Anrechnung von beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Studium geschaffen werden.
Bildungsmonitor 2014
Die guten Ergebnisse Bayerns im Bildungsmonitor 2014 dürfen nach Ansicht der IHK nicht dazu verleiten, in Untätigkeit zu verharren. Zu verbessern sei insbesondere die Bildungsqualität. Individuelle Lernförderung und rhythmisierter Ganztagsunterricht seien probate Mittel, die Anzahl der Schulabbrecher zu verringern. Damit könne auch den Jugendlichen die Erfahrung des Scheiterns und der Demotivation erspart werden.
Beim Bildungsmonitor 2014 hat Bayern insgesamt den dritten Rang unter den Bundesländern erreicht. Eindeutig an der Spitze steht der Freistaat bei der beruflichen Bildung. Die Bewertung der IHK:
- Das gute Abschneiden Bayerns im Gesamtranking ist maßgeblich der Weiterentwicklung der Hauptschulen zu Mittelschulen mit ihrem Schwerpunkt in der Berufsorientierung und der soliden Bildungs- und Erziehungsarbeit in den Realschulen geschuldet.
- Die IHKs in Bayern sehen besonders bei den Gymnasien noch erheblichen Nachholbedarf in Sachen Berufs- und Studienorientierung.
- Die hohe Ausbildungsbereitschaft bayerischer Unternehmen sorgt dafür, dass den Jugendlichen von Mittel- und Realschulen der Einstieg in eine Berufsausbildung gut gelingt: Ein Drittel der jetzt bald startenden neuen Azubis bei IHK-Betrieben hat einen Mittelschulabschluss, über die Hälfte einen Realschulabschluss bzw. mittlere Reife.
- Trotz der ermutigenden Befunde bleibt in Sachen Bildungsqualität noch viel zu tun: Es verlassen in Bayern immer noch fast 5.000 Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss die Schule. Die Nachqualifizierung ist aufwändig und teuer. Mehr individuelle Lernförderung und rhythmisierter Ganztagsunterricht sind nach Ansicht der IHK sehr gut geeignet, hier gegenzusteuern und vielen Schülern die Erfahrung des Scheiterns und der Demotivation zu ersparen.