Energie, Umwelt, Innovation

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Energiewendebarometer: Der Industriestandort wankt

BIHK-Chef Gößl kritisiert Gas- und Strompreisbremse

Netzwerkarbeit für Energie- und Ressourceneffizienz

Nach der Pandemie kam schon die nächste Krise. Der Ukraine-Krieg hat auch in Oberbayerns Wirtschaft Schockwellen ausgelöst. Explodierende Gas-, Strom- und Rohstoffpreise, Lieferengpässe, Inflation und die Sorge vor einem Katastrophenwinter sorgten dafür, dass 2022 zu einer Existenz-Probe für viele Betriebe wurde. Für die IHK bedeutete das erneute Umschalten auf den Notfall- und Krisenmodus: Beratung und Information für Betriebe in Notlagen standen ganz oben auf der Agenda. Die IHK nutzte den stetigen Austausch mit der Regierung, um deutlich zu machen, wo es in der Wirtschaft brennt – und welche Unternehmen und Branchen dringend Unterstützung brauchen.

Im „normalen“ Tagesgeschäft brachte die IHK u.a. Kernforderungen zur Klimaschutzpolitik aufs Papier. Die IHK wirkte in Arbeitskreisen zum Aufbau einer regionalen Wasserstoffwirtschaft und einer Kompensationsplattform für CO2-Emissionen mit. Zum IHK-Service gehörte die Information über Änderungen und Anforderungen in der Umweltregulierung. Dabei profitierte die IHK von einem starken und wachsenden Netz an Partnern – wie dem Ressourceneffizienz-Zentrum Bayern (REZ), der Bayerischen Energieeffizienz-Initiative (BEEN-i), dem Umweltcluster Bayern und dem Zentrum Wasserstoff Bayern (H2.B).

Erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Umweltcluster Bayern

Die IHK hat die enge Zusammenarbeit mit dem Umweltcluster Bayern fortgesetzt. Ziel des Clusters ist es, die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung der bayerischen Umweltwirtschaft zu fördern – vor allem KMUs soll Starthilfe für den Export bayerischer Umwelttechnologien gegeben werden. Die bayerischen IHKs haben 2006 die Trägerschaft für den Umweltcluster Bayern übernommen. Die IHK für München und Oberbayern ist Vorstandsmitglied. Die IHK hat gemeinsam mit dem Umweltcluster Webinare und Workshops angeboten. Zu den Themen gehörten nachhaltiges Bauen und „circular by design“. Weiteres Highlight war die Cluster-Präsentation auf der IFAT (Internationale Fachmesse für Abwassertechnik zum globalen Netzwerk für Umwelttechnologien), die von 30. Mai bis 3. Juni in München stattfand.

BIHK-Energiewendebarometer: Industrie bangt um ihren Bestand

BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl hat am 22. September die Ergebnisse des Energiewendebarometers des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) vorgestellt. Die Studie ist bayernspezifische Auswertung der bundesweiten Umfrage der deutschen IHKs, die von Mitte Juni bis Anfang Juli stattfand. Die Auswertung basiert auf den Aussagen von mehr als 500 Unternehmen aus Industrie, Handel und dem Dienstleistungsbereich im Freistaat. Gößl wertete die Ergebnisse als alarmierend. Jeder fünfte Industriebetrieb gab an, die Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland zu planen oder dies bereits vollzogen zu haben. „Die Deindustrialisierung ist also bereits im Gange“, betonte Gößl. Als Konsequenz fahren die Unternehmen auch die Investitionen runter. Mehr als ein Viertel der bayerischen Betriebe investiert laut der Befragung vorerst nicht mehr in die Aufrechterhaltung des eigenen Kerngeschäfts. Knapp ein Fünftel stellt seine Investitionen in den Klimaschutz ein und 14 Prozent sparen sich Forschung und Entwicklung.

Die Umfrage machte deutlich, wo es in der Energiepolitik am meisten klemmt. 70 Prozent der Unternehmen erwarten von der Regierung schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Vor allem aus Industrie und Handel kommt die Forderung, die Bundesregierung müsse endlich die Steuern und Abgaben auf Strom senken. BIHK-Chef Gößl nannte es in diesem Kontext eine Fehlentscheidung der Bundesregierung, die verbleibenden deutschen Atomkraftwerke vom Netz zu nehmen.

Netzwerkarbeit für Energie- und Ressourceneffizienz

Die IHK hat in Oberbayerns Wirtschaft die Themen Energie- und Ressourceneffizienz vorangetrieben – mit Erstberatung, Informations- und Netzwerkformaten. Eine große Rolle spielten dabei die Bayerische Energieeffizienz-Netzwerkinitiative (BEEN-i) und das Ressourceneffizienzzentrum Bayern (REZ). Federführend von der IHK München initiiert, organisierten sich unter dem Dach von BEEN-i zum Jahresende über 550 bayerische Unternehmen in knapp 65 Netzwerken und arbeiten gemeinsam an Energie- und CO₂-Einsparzielen.

Das REZ, an dem die IHK als Kooperationspartner mitwirkt, ist zentrale Anlaufstelle für die Steigerung der Material- und Rohstoffeffizienz und richtet sein Angebot insbesondere an KMUs des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes in Bayern. Ein besonderes Highlight war am 12. Juli der Auftakt zur 3. Projektphase des REZ mit einer Laufzeit bis 2025. Der feierliche Start wurde in der Allianz Arena gefeiert, die IHK München nahm an der Podiumsdiskussion teil. Im Rahmen der IFAT, des Bayerischen CSR-Tages und weiterer Formate boten IHK und REZ über das Jahr gemeinsam zahlreiche Frage- und Informationsmöglichkeiten rund um das Thema Ressourceneffizienz an.

Die bayerischen IHKs sind Partner des Bayerischen Energiepreises, welcher alle zwei Jahre verliehen wird. Am 19. Oktober wurden sechs hervorragende Projekte mit Vorbildfunktion für sparsamen Umgang mit Energie mit dem vom Bayerischen Wirtschaftsministerium ausgelobten Preis ausgezeichnet. Die mehr als 100 Bewerbungen unterstrichen die Bedeutung des Wettbewerbs. Sie zeigten nach Ansicht der IHK auch, mit wie vielen innovativen Ideen Bayerns Unternehmen für mehr Energieeffizienz arbeiten.

Pakte für mehr Umwelt- und Klimaschutz

Umwelt- und Klimaschutz in Unternehmen voranbringen – und das auf Basis der Eigeninitiative ohne gesetzlichen Zwang oder der Androhung von Bußgeldbescheiden: das ist die Kernidee des Umwelt- und Klimapakts Bayern (UKP). Die bayerischen IHKs, Staatsregierung, der Bayerische Handwerkstag (BHT) und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) haben den UKP ins Leben gerufen. Mitmachen können Betriebe, deren Umweltleistungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gehen. Aktuell nehmen bayernweit 1.629 Unternehmen teil.

Im Rahmen des UKP leitete die IHK München gemeinsam mit dem Bayerischen Umweltministerium eine Arbeitsgruppe zum Thema „Klimaneutralität und Ausgleichsmechanismen“. In acht Sitzungen diskutierten die Vertreter bayerischer Unternehmen, Banken, Versicherungen und Verbände über das Instrument freiwilliger CO2-Ausgleichszertifikate – Basis hierfür sind beispielsweise Baumpflanzaktionen in Afrika und Südamerika. Das Thema Ausgleichszertifikate hat an Brisanz gewonnen. Medien berichteten über Schummeleien und Klimatricks. Es gebe Greenwashing, Klimabilanzen würden schön gerechnet.

Zudem wurde die zweite Projektphase des Klimapakts Münchner Wirtschaft erfolgreich abgeschlossen. Die IHK unterstütze das freiwillige Klimaschutzbündnis aus 15 Münchner Großunternehmen unter Initiative der Landeshauptstadt München. Ziel des Bündnisses waren die Förderung des Informationsaustauschs und gemeinsame Projekte zur Reduktion der CO2-Emissionen im Stadtgebiet.

IHK-Chef Gößl: Laufzeit-Verlängerung von Isar 2 reicht nicht

Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl hat sich am 11. November zur an diesem Tag von Bundestag beschlossenen Laufzeit-Verlängerung des Kernkraftwerks Isar 2 geäußert. Gößl erklärte, der Schritt sei richtig, reiche aber nicht aus. Die Laufzeit müsse bis mindestens Ende 2024 verlängert werden. „Angesichts der explodierenden Preise für Strom und Gas müssen die Kernkraftwerke bis mindestens Ende 2024 weiterlaufen. Die viel zu hohen Kosten für Energie sinken am besten und am nachhaltigsten, wenn es auf die Dauer und zuverlässig mehr Angebot gibt. Alles, was geht, muss längerfristig auf den Markt – dazu gehört auch die Kernkraft", forderte Gößl. Mit kurzfristigen Lösungen sei der Wirtschaft nicht gedient. Eine Laufzeitverlängerung für Isar 2 über 2023 hinaus sorge für Versorgungssicherheit, senke den Verbrauch klimaschädlichen Kohlestroms und der knappen Ressource Gas.

BIHK zur Gas- und Strompreisbremse: Gute Vorschläge verschlimmbessert

BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl hat am 16. Dezember die vom Bundestag und Bundesrat beschlossene Gas- und Strompreisbremse scharf kritisiert. Gößl erklärte, das Gesetz habe nur noch sehr wenig mit den Ideen der Gaspreiskommission sowie dem ursprünglichen Gesetzesentwurf zu tun. Gößl sprach von „extrem komplizierten Regelungen“, einer drohenden Bürokratieflut und planwirtschaftlichen Eingriffen in die Unternehmensführung. Dazu gehören seiner Meinung nach Boni- und Dividenden-Verbote sowie die Pflicht zu Standortgarantie für Unternehmen, die größere Summen vom Staat erhalten. Gößl warnte, in Summe könnten diese Eingriffe dazu führen, dass Unternehmen die Lust verlieren – und noch mehr Produktion ins Ausland verlegen. Kontraproduktiv wirke überdies auch die geplante Erlösabschöpfung. „Wenn die Erzeuger von erneuerbarem Strom große Teile ihres Gewinns, der durch das Merit-Ordner-Prinzip entsteht, an den Staat abtreten müssen, verhindert dringend nötige Investitionen und lähmt die Energiewende“, stellte Gößl fest.