CO2-Regulierung
Klimapolitische Instrumente wie der Emissionshandel verleihen dem CO2-Ausstoß einen Preis oder unterstützen bei der Umstellung auf emissionsärmere Prozesse und Technologien. Erfahren SIe mehr über die Funktionsweisen und Auswirkungen auf Unternehmen.
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Weshalb ist der CO2-Ausstoß von Unternehmen reguliert?
Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Rolle der Politik ist es, als Vorbild mit eigenen Klimaschutzmaßnahmen voranzugehen und den Rahmen für eine effiziente und effektive Reduktion von Treibhausgasemissionen in Gesellschaft und Wirtschaft zu schaffen.
Klimapolitische Instrumente verleihen dazu dem CO2-Ausstoß einen Preis oder unterstützen bei der Umstellung auf emissionsärmere Prozesse und Technologien. Da Klimaschutzambitionen bislang weltweit sehr unterschiedlich sind, gibt es gleichzeitig Regelungen zum Schutz vor Verlust der Wettbewerbsfähigkeit wegen zunehmender CO2-Kosten durch die hiesige Klimapolitik.
In den folgenden Abschnitten erfahren Sie mehr über bestehende und diskutierte klimapolitische Instrumente, wie den Emissionshandelssystemen der EU und Deutschlands, und welche Anforderungen und Möglichkeiten sich aus diesen Instrumenten für Ihr Unternehmen ergeben.
Europäischer Emissionshandel (EU EHS)
Hintergrund und Funktionsweise
Ein Hauptinstrument der EU bei der Verfolgung gesetzter Klimaziele ist das EU-EHS. Es zielt auf die Regulierung des Treibhausgasausstoßes des Energiesektors sowie der energieintensiven Industrie ab. Das EHS ist ein Cap-and-Trade-System. Es funktioniert nach dem Prinzip begrenzen und handeln. Es wird eine Obergrenze (Cap) für den Treibhausgasausstoß aller regulierten Anlagen in einem gewissen Zeitraum politisch festgelegt. Eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen wird dann durch die Mitgliedsstaaten an die emissionshandelspflichtigen Betriebe ausgegeben (versteigert oder kostenlos), wobei ein Zertifikat zur Emission einer Tonne CO2-Äqu. berechtigt. Durch den freien Handel nach der Ausgabe (Trade) entsteht ein Preis für Emissionen, welcher deren Reduktion anreizen soll.
Das EHS reguliert aktuell die Emissionen von ca. 10.000 Anlagen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie, davon 1.732 in Deutschland und über 200 in Bayern. Es deckt rund 36 % des Treibhausgasausstoßes Europas ab. Mehr Infos gibt es beim Umweltbundesamt. Im Rahmen der vierten Handelsperiode und des EU Fit-for-55-Pakets wurde das EU EHS mehrfach novelliert, um den nun ambitionierteren CO2-Reduktionszielen Rechnung zu tragen udn die Wirkung des EHS effizienter zu gestalten.
Auswirkung auf Unternehmen
Die am EHS beteiligten Unternehmen müssen ihre Emissionen dokumentieren und jährlich Bericht erstatten. Haben sie mehr emittiert als ihnen mit der Anzahl ihrer Zertifikate zugestanden hätte, müssen Zertifikate im entsprechenden Umfang nachgekauft werden. Zusätzlich werden Sanktionen pro Tonne CO2-Äqu. fällig. Tiefergehendes Wissen dazu sowie alle für teilnehmende Unternehmen relevante Infos bzgl. Entwicklungen und Fristen im EU-EHS stellt Ihnen die Deutsche Emissionshandelsstelle DEHSt stets aktuell zur Verfügung.
Position und Beteiligung der IHK-Organisation
Die IHK-Organisation steht dem anreizbasierten Instrument des EU-EHS grundsätzlich offen gegenüber. Ein richtiges Design sollte allerdings potentiell negative Effekte auf die europäische Wettbewerbsfähigeit sowie auf das Klima selbst verhindern. So muss z. B. stets ein ausreichender Schutz vor Carbon-Leakage gegeben sein. Auf EU-Ebene sollte das EHS als wirkungsvolles Leitinstrument der EU-Klimaschutzpolitik beibehalten und büroratiearm sowie mittelstandsfreundlich weiterentwickelt werden. Dafür setzen wir uns z. B. mit unserer IHK-Klimaposition sowie den Europapolitischen Positionen des DIHK ein. Über unseren Dachverband beteiligen wir uns zudem regelmäßig an Gesetzgebungsverfahren zur Weiterentwicklung des EHS.
Nationaler Emissionshandel (nEHS)
Hintergrund und Funktionsweise
Mit dem Klimapaket der Bundesregierung wurde 2019 die Einführung eines Emissionshandelssystems (nEHS) in Deutschland in den Sektoren Verkehr und Gebäude beschlossen. Es besteht zunächst zusätzlich zum EU-EHS und reguliert den Treibhausgasausstoß in den Nicht-EHS-Sektoren. Durch den EU Beschluss, ebenfalls ein Handelssystem für diese Sektoren einzuführen, wird das nEHS perspektivisch in ein europäisches System überführt.
Seit Januar 2021 bepreist das nEHS die im Verkehrs- und Gebäudesektor entstehenden Emissionen aus der Verbrennung fossiler Heiz- und Kraftstoffe (insb. Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle, Benzin, Diesel). Äquivalent zum EU-EHS wurde dies durch einen Handel mit Emissionszertifikaten umgesetzt. Dieser setzt allerdings nicht bei den Verbrauchern, also der direkten Emissionsquelle, sondern bei den Inverkehrbringern der Brennstoffe an.
Das nEHS ist im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) geregelt (in Kraft seit Dezember 2019). Dort ist z. B. festgelegt, wie sich die jährliche Menge an Emissionszertifikaten errechnet. Ab Januar 2021 gilt ein Preis von 25 Euro je Tonne CO2. Dieser sollte bis 2025 jährlich erhöht werden. Im Zuge der Energiekrise wurde dieser Mechanismus aber zunächst ausgesetzt, ebenso die Ausweitung auf Abfallverbrennung (Details zu den BEHG-Änderungen). Folgendes gilt aber immer noch: Der eigentliche Emissionshandel (Cap-and-Trade) beginnt 2026 mit einem Preiskorridor von 55-65 Euro pro Tonne CO2.
Mehr Infos zur Funktionsweise des Handels gibt ein Merkblatt der IHK-Organisation (Stand 2020) sowie aktuell und fortlaufend die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt).
Auswirkung auf Unternehmen
Als Teilnehmer direkt betroffen vom nEHS sind die Inverkehrbringer von Kraftstoffen. Details zur Abwicklung des Handels für teilnehmende Unternehmen stellt die DEHSt stets aktuell zur Verfügung. Über indirekte Preiseffekte wirkt sich die Bepreisung zudem auf alle Endverbraucher von Kraftstoffen aus, da die Inverkehrbringer den CO2-Preisaufschlag an ihre Kunden weitergeben. Klar ist daher, dass der CO2-Preis im Verkehrs- und Gebäudesektor für sehr viele Unternehmen unmittelbar kostenwirksam ist.
Das BEHG sieht Kompensationen zum Ausgleich besonderer Härten für Unternehmen vor. Diese sind vor allem in der Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel (BECV) geregelt. Weitere Infos zu Entlastungsoptionen gibt die DEHSt.
Rechnen Sie jetzt selbst nach!
Einen Anhaltspunkt dafür, welche Auswirkungen sich durch das nEHS unter dem Strich auf die Finanzen Ihres eigenen Betriebes ergeben, gibt der CO2-Preisrechner der IHK-Organisation.
Arbeit der IHK-Organisation
Die IHK-Organisation beteiligt sich seit Beschluss zum nEHS an der Diskussion zur Ausgestaltung und dem zugrundeliegenden Gesetzgebungsprozess. So hat sich die DIHK in Zusammenarbeit mit den IHKs bereits in verschiedenen Stellungnahmen zur Ausgestaltung des BEHG, der BEHG-Verordnung sowie der Carbon-Leakage-Verordnung (BECV) geäußert. Vor allem im Rahmen der BECV bestand lange keine Klarheit zu den Kompensationsmechanismen, dem Kreis der Anspruchsberechtigten und der Umsetzung der Entlastungen. Hier haben wir uns für eine zügige, transparente und umfassende Regelung eingesetzt, um die Wettbewerbsfähigkeit besonders vom neuen CO2-Preis betroffener Branchen zu sichern. Alle Papiere sind hier einsehbar.
CO2-Preis vs. CO2-Steuer: Regulierungsansätze weltweit
Emissionshandel oder CO2-Steuer? Die verschiedenen Instrumente zur CO2-Bepreisung werden kontrovers diskutiert. Auch in Deutschland fand vor Einführung des nationalen Emissionshandels in den Sektoren, die nicht im EU-Emissionshandel reguliert sind, eine breite öffentliche Debatte statt.
Der Emissionshandel setzt an der Menge des Treibhausgasausstoßes an und die Steuer am Preis. Während sich beim Handel mit einer vorher festgelegten Menge an Emissionszertifikaten über Angebot und Nachfrage am Zertifikatemarkt ein Preis bildet, legt eine Steuer den Preis fest. Über das Preissignal stellt sich dann eine Menge an emittierten Treibhausgasen ein. So ist bei einer Steuer der Preis vorhersehbar, die Emissionsmenge allerdings nicht. Im Emissionshandel kann hingegen eine bestimmte Treibhausgasmenge festgelegt werden, der Preis ist aber nicht so einfach kontrollierbar.
In Sachen Verfolgung der Klimaziele ist der Emissionshandel durch die Mengensteuerung präziser. Allerdings birgt dies wiederrum die Gefahr von starken (oder auch zu schwachen) Preiseffekten. Das kann sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit betroffener Wirtschaftssektoren auswirken, zu sozialen Härten führen oder eine tatsächliche Klimaschutzwirkung unterminieren. In Deutschland hat die Politik sich deshalb dafür entschieden, den mengenbasierten nationalen Emissionshandel zu Anfang mit festgelegtem Preis bzw. Preiskorridor einzuführen. Auch das blieb nicht kritikfrei, da als Konsequenz die Vorteile einer Mengensteuerung zunächst nicht greifen.
Neben der Abwägung zwischen Mengen- und Preissteuerung, hängen Wirksamkeit und Effekte des jeweiligen Instrumentes in erheblichem Maße von weiteren Faktoren ab – je nach Struktur des betrachteten Landes und genauer Ausgestaltung des Instrumentes der Wahl. Dazu zählen die entstehende Bürokratiebelastung, Kostenwirkung auf einzelne Gesellschaftsschichten und Wirtschaftssktoren, Design von Kompensatonsmechanismen, Reform bzw. Abschaffung bestehender Instrumente (vgl. Energiesteuer, EEG u. a. in Deutschland) oder ggf. Wechselwirkungen mit diesen, tatsächliche Klimaschutzwirkung, praktisch vorhandene technologische Alternativen bzw. Flankierung des Bepreisungsinstrumentes mit entsprechenden Förder- und Innovationsprogrammen oder Verwendung der Bepreisungseinnahmen – um nur die wichtigsten Punkte zu nennen.
CO2-Bepreisungsansätze weltweit
Ob und für welches Instrument der CO2-Bepreisung sich die Regierung eines Landes oder einer Region entscheidet, hängt von vielen Faktoren ab. So wirken gesellschaftliche Aspekte, politische Gesinnung sowie die Wirtschaftsstruktur gleichermaßen auf die Entscheidungsfindung ein.
Die Weltbank zeigt in ihrem Carbon Pricing Dashboard, dass weltweit bereits rund 73 Initiativen zur CO2-Bepreisung zur Anwendung kommen oder in Planung sind. Darunter Systeme auf Länder-Ebene genauso wie in Städten oder Regionen. Zusammengenommen werden dadurch knapp ein Viertel der gesamten globalen Treibhausgasemissionen pro Jahr reguliert.
Die Herangehensweisen an die Bepreisung von Treibhausgasemissionen sind dabei teils ähnlich wie in in der EU und Deutschland, teils sehr unterschiedlich. Manchmal werden auch verschiedene Instrumente kombiniert. Ein Land kann z. B. sowohl eine CO2-Steuer als auch ein Handelssystem für Treibhausgasemissionen etabliert haben. Mehr ins Detail geht der regelmäßige Weltbank-Bericht State and Trends of Carbon Pricing.
CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)
Der CO2-Grenzausgeichsmechanismus soll europäische Unternehmen davor schützen, wegen hiesig wachsender CO2-Kosten im Vergleich zu Unternehmen aus Drittländern mit wenig Klimaschutzambition und daher niedrigeren CO2-Kosten ihr Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
Die IHK-Organisation beteiligte sich am Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene und erarbeitet derzeit ein Informationsangebot, um Unternehmen im Umgang mit dem nun beschlossenen Instrument zu unterstützen.
Wann startet der CBAM und wie sind Unternehmen betroffen?
Die Übergangsphase des CBAm startet bereits im Oktober 2023. Dann gilt für CBAM-Verpflictete Unternehmen eine Berichtspflicht, ab Januar 2025 dann eine Registrierungspflicht im neuen Zertifikatesystem. Welche Branchen bzw. Produktgruppen betroffen sind und bisher bekannte Informationen zur Abwicklung des CBAM finden Sie hier.
Weitere Informationsangebote erhalten Sie in Kürze an dieser Stelle.
Carbon Contracts for Difference (CCfD)
Das Ziel der Klimaneutralität für Deutschland bis 2045 und Bayern bis 2040 sowie die jeweils ambitionierten Treibhausgasreduktionsziele bis 2030 verlangen von der Wirtschaft große Anstrengungen und verursachen in der Übergangsphase hohe Kosten.
Klimaschutzverträge (KSV oder auch CCfDfür Carbon Contracts for Difference) zwischen Staat und Unternehmen können einen Teil dieser Kosten abfedern und die Wettbewerbsposition der betreffenden Betriebe erhalten. Sie sollen die Wirtschaftlichkeitslücke zwischen fossilen und klimaneutralen industriellen Prozessen schließen. Erstere sind aktuell und voraussichtlich auch noch mittelfristig kostengünstiger als klimafreundliche Alternativen.
Welche Unternehmen können wie von CCfD profitieren?
Nach intensiven Debatten einigte sich die Regierung auf das Gerüst für ein Förderprogramm durch CCfD. Die ersten Ausschreibungen für den Abschluss eines CCfD mit der Bundesregierung sollen im 2. Halbjahr 2023 geschaltet werden. Alle Infos und Neuigkeiten zu Antragsoptionen gibt das Bundeswirtschaftsministerium.
Arbeit und Position der IHK
Die IHK-Organisation setzte sich im Erarbeitungsprozess des CCfD-Instrumentes für eine transparente, mittelstandsfreundliche und technologieoffene Gestaltung ein. Gemeinsam mit der DIHK begleitete die IHK München die Entwurfsfassungen des Bundesministeriums. Die Positionierung der IHK München zu CCfD finden Sie hier: IHK-Position Klimaschutzverträge
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