IHK Ratgeber

Klimaschutz & Energiewende - Chancen und Herausforderungen

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Klimaschutz und Energiewende wirken sich auf vielfältige Weise auf Ihre Geschäftstätigkeit und Wettbewerbsfähigkeit aus. So können höhere Kosten oder bürokratischer Aufwand entstehen. Es können sich aber auch viele neue Türen öffnen. Allemal sind es Themen, die über die Zukunft Ihres Betriebes mitentscheiden werden.

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Wettbewerbsfähig wirtschaften in Zeiten von Klimaschutz und Energiewende

Der Klimawandel und der Umbau der Energieversorgung konfrontieren Ihr Unternehmen mit verschiedensten Herausforderungen – die Abkehr von fossilen Rohstoffen, steigende Strompreise und schwierige Wetterlagen, um nur ein paar wenige zu nennen. Erschwerend hinzu kommen derzeit Verwerfungen an den Energie- und Rohstoffmärkten und in globalen Lieferketten, ausgelöst durch Pandemie und Krieg.

Gleichzeitig geht der Wandel hin zu einem klima- und energieschonenderen Wirtschaftssystem mit einer neuen gesellschaftlichen Erwartungshaltung sowie ambitionierten Klimaschutz- und Energiezielen auf allen politischen Ebenen einher. Dies bringt immer neue Anforderungen, Rahmenbedingungen und damit Unsicherheit mit sich.

Hier informieren wir Sie über relevante Vorgaben und Entwicklungen in der Klima- und Energiepolitik und zeigen Ihnen Möglichkeiten auf, selbst in Sachen Klimaschutz und Energiewende aktiv zu werden.

Hintergrund: Was Sie über Klimawandel und Energiewende wissen sollten

Emissionshandel: EU, national und weltweit

Die Aufgabe der Politik ist es, durch entsprechende Maßnahmen den Rahmen für eine effiziente und effektive Reduktion von Treibhausgasemissionen in Gesellschaft und Wirtschaft zu schaffen. Ein Weg ist es, direkt an den Treibhausgasen anzusetzen und deren Ausstoß zu bepreisen. Klimapolitische Instrumente dieser Art werden bzgl. ihrer Klimawirksamkeit und komplexen Nebeneffekten teils sehr kontrovers diskutiert.

Erfahren Sie hier mehr über bestehende und diskutierte Bepreisungs-Instrumente und wie sie sich auf die Wirtschaft auswirken:

EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS)

Hintergrund und Funktionsweise: Ein Hauptinstrument der EU bei der Verfolgung gesetzter Klimaziele ist das EU-EHS. Es zielt auf die Regulierung des Treibhausgasausstoßes des Energiesektors sowie der energieintensiven Industrie ab. Das EHS ist ein Cap-and-Trade-System. Es funktioniert nach dem Prinzip begrenzen und handeln. Es wird eine Obergrenze (Cap) für den Treibhausgasausstoß aller regulierten Anlagen in einem gewissen Zeitraum politisch festgelegt. Eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen wird dann durch die Mitgliedsstaaten an die emissionshandelspflichtigen Betriebe ausgegeben (versteigert oder kostenlos), wobei ein Zertifikat zur Emission einer Tonne CO2-Äqu. berechtigt. Durch den freien Handel nach der Ausgabe (Trade) entsteht ein Preis für Emissionen, welcher deren Reduktion anreizen soll.

Das EHS reguliert aktuell die Emissionen von ca. 10.000 Anlagen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie, davon ‎1.732 in Deutschland und über 200 in Bayern. Es deckt rund 36 % des Treibhausgasausstoßes Europas ab. Mehr Infos gibt es beim Umweltbundesamt.

Auswirkung auf Unternehmen: Die am EHS beteiligten Unternehmen müssen ihre Emissionen dokumentieren und jährlich Bericht erstatten. Haben sie mehr emittiert als ihnen mit der Anzahl ihrer Zertifikate zugestanden hätte, müssen Zertifikate im entsprechenden Umfang nachgekauft werden. Zusätzlich werden Sanktionen pro Tonne CO2-Äqu. fällig. Tiefergehendes Wissen dazu sowie alle für teilnehmende Unternehmen relevante Infos bzgl. Entwicklungen und Fristen im EU-EHS stellt Ihnen die Deutsche Emissionshandelsstelle DEHSt stets aktuell zur Verfügung.

Position und Beteiligung der IHK-Organisation: Die IHK-Organisation steht dem anreizbasierten Instrument des EU-EHS grundsätzlich offen gegenüber. Ein richtiges Design sollte allerdings potentiell negative Effekte auf die europäische Wettbewerbsfähigeit sowie auf das Klima selbst verhindern. So muss z. B. stets ein ausreichender Schutz vor Carbon-Leakage gegeben sein. Auf EU-Ebene sollte das EHS als wirkungsvolles Leitinstrument der EU-Klimaschutzpolitik beibehalten und büroratiearm sowie mittelstandsfreundlich weiterentwickelt werden. Dafür setzen wir uns z. B. mit unserer IHK-Klimaposition sowie den Europapolitischen Positionen des DIHK ein. Über unseren Dachverband beteiligen wir uns zudem regelmäßig an Gesetzgebungsverfahren zur Weiterentwicklung des EHS.

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Nationales Emissionshandelssystem (nEHS)

Hintergrund und Funktionsweise: Mit dem Klimapaket der Bundesregierung wurde 2019 die Einführung eines Emissionshandelssystems (nEHS) in Deutschland in den Sektoren Verkehr und Gebäude beschlossen. Es besteht zunächst zusätzlich zum EU-EHS und reguliert den Treibhausgasausstoß in den Nicht-EHS-Sektoren. Seit Januar 2021 bepreist das nEHS die im Verkehrs- und Gebäudesektor entstehenden Emissionen aus der Verbrennung fossiler Heiz- und Kraftstoffe (insb. Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle, Benzin, Diesel).

Äquivalent zum EU-EHS wurde dies durch einen Handel mit Emissionszertifikaten umgesetzt. Dieser setzt allerdings nicht bei den Verbrauchern, also der direkten Emissionsquelle, sondern bei den Inverkehrbringern der Brennstoffe an. Mehr Infos zur Funktionsweise des Handels gibt ein Merkblatt der IHK-Organisation (Stand 2020) sowie aktuell und fortlaufend die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt).

Das nEHS ist im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) geregelt (in Kraft seit Dezember 2019). Dort ist z. B. festgelegt, wie sich die jährliche Menge an Emissionszertifikaten errechnet. Ab Januar 2021 gilt ein Preis von 25 Euro je Tonne CO2. Dieser sollte bis 2025 jährlich erhöht werden. Im Zuge der Energiekrise wurde dieser Mechanismus aber zunächst ausgesetzt, ebenso die Ausweitung auf Abfallverbrennung (Details zu den BEHG-Änderungen). Folgendes gilt aber immer noch: Der eigentliche Emissionshandel (Cap-and-Trade) beginnt 2026 mit einem Preiskorridor von 55-65 Euro pro Tonne CO2.

Das BEHG sieht zudem Kompensationen zum Ausgleich besonderer Härten für Unternehmen vor. Diese sind vor allem in der Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel (BECV) geregelt. Weitere Infos zu Entlastungsoptionen gibt die DEHSt.

Auswirkung auf Unternehmen: Als Teilnehmer direkt betroffen vom nEHS sind die Inverkehrbringer von Kraftstoffen. Details zur Abwicklung des Handels für teilnehmende Unternehmen stellt die DEHSt stets aktuell zur Verfügung. Über indirekte Preiseffekte wirkt sich die Bepreisung zudem auf alle Endverbraucher von Kraftstoffen aus, da die Inverkehrbringer den CO2-Preisaufschlag an ihre Kunden weitergeben. Klar ist daher, dass der CO2-Preis im Verkehrs- und Gebäudesektor für sehr viele Unternehmen unmittelbar kostenwirksam ist.

Rechnen Sie jetzt selbst nach! Einen Anhaltspunkt dafür, welche Auswirkungen sich unter dem Strich auf die Finanzen Ihres eigenen Betriebes ergeben, gibt der CO2-Preisrechner der IHK-Organisation.

Arbeit der IHK-Organisation: Die IHK-Organisation beteiligt sich seit Beschluss zum nEHS an der Diskussion zur Ausgestaltung und dem zugrundeliegenden Gesetzgebungsprozess. So hat sich der DIHK in Zusammenarbeit mit den IHKs bereits in verschiedenen Stellungnahmen zur Ausgestaltung des BEHG, der BEHG-Verordnung sowie der Carbon-Leakage-Verordnung (BECV) geäußert. Vor allem im Rahmen der BECV bestand lange keine Klarheit zu den Kompensationsmechanismen, dem Kreis der Anspruchsberechtigten und der Umsetzung der Entlastungen. Hier haben wir uns für eine zügige, transparente und umfassende Regelung eingesetzt, um die Wettbewerbsfähigkeit besonders vom neuen CO2-Preis betroffener Branchen zu sichern. Alle Papiere sind hier einsehbar.

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Emissionshandelssysteme weltweit

Für welches Instrument der CO2-Bepreisung sich die Regierung eines Landes oder einer Region am Ende entscheidet, hängt von vielen Faktoren ab. So wirken gesellschaftliche Faktoren, politische Gesinnung sowie die Wirtschaftsstruktur gleichermaßen auf die Entscheidungsfindung ein. Die Weltbank zeigt in ihrem Carbon Pricing Dashboard, dass weltweit bereits rund 70 Initiativen zur CO2-Bepreisung zur Anwendung kommen oder in Planung sind. Darunter Systeme auf Länder-Ebene genauso wie in Städten oder Regionen. Zusammengenommen werden dadurch gut 23 % der gesamten globalen Treibhausgasemissionen pro Jahr reguliert.

Die Herangehensweisen an die Bepreisung von Treibhausgasemissionen sind dabei teils ähnlich, teils sehr unterschiedlich. Manchmal werden auch verschiedene Instrumente kombiniert. Ein Land kann z. B. sowohl eine CO2-Steuer als auch ein Handelssystem für Treibhausgasemissionen etabliert haben. Mehr ins Detail geht der regelmäßige Weltbank-Bericht State and Trends of Carbon Pricing.

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CO2-Preis vs. CO2-Steuer

Das Für und Wider der einzelnen Bepreisungsinstrumente wird kontrovers diskutiert. Auch in Deutschland fand vor Einführung des nationalen Emissionshandels in den Sektoren, die nicht im EU-Emissionshandel reguliert sind, eine breite öffentliche Debatte statt.

Wie lassen sich Emissionshandel und Steuer voneinander abgrenzen?

Der Hauptunterschied zwischen den beiden Instrumenten liegt darin, dass der Emissionshandel an der Menge an Treibhausgasen ansetzt und die Steuer am Preis. Während sich beim Handel mit einer vorher festgelegten Menge an Emissionszertifikaten über Angebot und Nachfrage am Zertifikatemarkt ein Preis bildet, legt eine Steuer den Preis fest. Über das Preissignal stellt sich dann eine Menge an emittierten Treibhausgasen ein. So ist bei einer Steuer der Preis vorhersehbar, die Emissionsmenge allerdings nicht. Im Emissionshandel kann hingegen eine bestimmte Treibhausgasmenge festgelegt werden, der Preis ist allerdings nicht so einfach kontrollierbar. In Sachen Verfolgung der Klimaziele ist der Emissionshandel durch die Mengensteuerung präziser. Allerdings birgt dies wiederrum die Gefahr von starken (oder auch zu schwachen) Preiseffekten. Das kann sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit betroffener Sektoren auswirken, zu sozialen Härten führen oder eine tatsächliche Klimaschutzwirkung unterminieren.

In Deutschland hat die Politik sich deshalb dafür entschieden, den mengenbasierten nationalen Emissionshandel zu Anfang mit festgelegtem Preis bzw. Preiskorridor einzuführen. Auch das blieb nicht kritikfrei, da als Konsequenz die Vorteile einer Mengensteuerung zunächst nicht greifen. Mehr zum nationalen Emissionshandel siehe vorhergehender Abschnitt.

Neben der Abwägung zwischen Mengen- und Preissteuerung, hängen Wirksamkeit und Effekte des jeweiligen Instrumentes in erheblichem Maße von weiteren Faktoren ab – je nach Struktur des betrachteten Landes und genauer Ausgestaltung des Instrumentes der Wahl. Dazu zählen die entstehende Bürokratiebelastung, Kostenwirkung auf einzelne Gesellschaftsschichten und Wirtschaftssktoren, Design von Kompensatonsmechanismen, Reform bzw. Abschaffung bestehender Instrumente (vgl. Energiesteuer, EEG u. a. in Deutschland) oder ggf. Wechselwirkungen mit diesen, tatsächliche Klimaschutzwirkung, praktisch vorhandene technologische Alternativen bzw. Flankierung des Bepreisungsinstrumentes mit entsprechenden Förder- und Innovationsprogrammen oder Verwendung der Bepreisungseinnahmen – um nur die wichtigsten Punkte zu nennen.

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Betriebliche Praxis: Wo Sie bei Klimaschutz und Energiewende ansetzen können

Energiepolitik: Welche Gesetze und Vorhaben Sie kennen ‎sollten

Klimawandel: Was mögliche Folgen sind und wie Anpassung gehen kann

IHK im Austausch: Dialog und Kooperation mit Unternehmen, Politik und Wissenschaft

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