Bayerisches Wirtschaftsarchiv

Exponate des BWA 2023

Inhalt

„Zu fremden Ufern“: Eine Weltreise in Bildern anno 1900

Weltweit reisen und jede Menge Fotos machen: Was für Influencer heute Geschäftsmodell ist, war für Wilhelm Oldenbourg und seine Zeit eine einmalige Gelegenheit. Die Schätze des Weltenbummlers aus dem Jahre 1899 haben im Bayerischen Wirtschaftsarchiv ihre Heimat gefunden.

Weite Reisen in ferne Länder waren früher ein Privileg der Söhne aus adeligem Haus oder des wohlhabenden Bürgertums. Zwar bot der englische Tourismuspionier Thomas Cook schon 1865 eine Nilkreuzfahrt an. Doch ein Großteil der Bevölkerung hatte für exklusive Touren nicht die finanziellen Mittel.

Einer der Glücklichen, der im August 1899 zu einem Trip um die Welt aufbrechen konnte, war der junge Münchner Wilhelm Oldenbourg. Sein Großvater Rudolf Oldenbourg hatte 1858 an der Isar den gleichnamigen Verlag mit den Schwerpunkten Wissenschaft, Technik und später Schulbücher ins Leben gerufen. Das Geschäft florierte, und der 24-jährige Verlegerspross konnte für 20 Monate auf große Fahrt gehen.

Die Überfahrt von England nach New York absolvierte er auf dem Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große“, der als erstes deutsches Schiff das Blaue Band für die schnellste Atlantiküberquerung errungen hatte. Wilhelm Oldenbourg bereiste zunächst die USA von der Ost- bis an die Westküste und mit einem Abstecher nach Florida. Auch ein Jagdausflug am malerischen Jackson Lake in Wyoming auf 2.000 Metern Höhe durfte nicht fehlen.

Über Kuba und Hawaii ging es nach Japan, wo ihn seine Route von Yokohama bis Nagasaki quer durchs Land führte. Danach standen Shanghai, Hongkong und Singapur auf dem Programm. Über Ceylon reiste der Weltenbummler nach Indien und kam dort auch nach Sikkim im Norden. Von Bombay setzte er mit dem Passagierdampfer „Imperator“ des Österreichischen Lloyd nach Ägypten über. Im Februar 1901 startete er dort von Assuan in Richtung Kairo. Schließlich landete er am 10. März 1901 wohlbehalten in Venedig.

Kunsthandel: Vom Hausierer zum Millionär

Schon im 19. Jahrhundert war der Kunsthandel ein einträgliches Geschäft. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv zeichnet die Geschichte der Kunsthandlung Böhler in München nach. Der Firmengründer begann als Hausierer und handelte später auch mit Gemälden von Rembrandt.

Der internationale Kunstmarkt boomt. Ob alte Meister oder zeitgenössische Werke, die Preise scheinen nach oben keine Grenze zu kennen. Einzelne Objekte erreichten in der jüngeren Vergangenheit schwindelerregende Höhen. Das bislang teuerste Kunstwerk, Leonardo da Vincis (1452–1519) um 1500 entstandenes Gemälde „Salvator Mundi“, wurde 2017 im New Yorker Auktionshaus Christie's für gigantische 450 Mio. Dollar vom saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman ersteigert. 2019 erreichte der Umsatz auf dem globalen Kunstmarkt sagenhafte 64 Mrd. Euro. Auktionshäuser und Galerien machten einen entsprechenden Profit.

Ein einträgliches Geschäft war der Kunsthandel aber schon im 19. Jahrhundert. Das belegen exemplarisch im Bayerischen Wirtschaftsarchiv verwahrte Geschäftsbücher der Kunsthandlung Böhler. Der Firmengründer Julius Böhler (1860–1934), zehntes Kind einer armen Handwerkerfamilie im Schwarzwald, war zunächst als Hausierer für Kurzwaren unterwegs, bevor er sich auf den Kunsthandel verlegte und 1882 in München ein Geschäft eröffnete, das einen geradezu stürmischen Aufstieg nahm. Böhler belieferte bald nicht nur die Berliner Museen – weshalb er von Kaiser Wilhelm II. 1896 mit dem Titel eines „Hofantiquars“ ausgezeichnet wurde – sondern Kunstsammler und Ausstellungshäuser in ganz Europa mit kunstgewerblichen Kostbarkeiten und Gemälden von Boticelli bis Rembrandt. 1913 zählte er zu den Multimillionären im Königreich Bayern.

Die ab 1889 erhaltenen Geschäftsbücher der Kunsthandlung Julius Böhler sind ein archivischer Schatz allerersten Ranges. Sie dokumentieren den Aufstieg eines aus einfachen Verhältnissen stammenden Kleinhändlers zu einem bedeutenden Unternehmer auf dem internationalen Kunstmarkt.

Dr. Richard Winkler, stellvertretender Leiter des Wirtschaftsarchivs

Der Berg ruft! Geschichte des Starkbieranstichs auf dem Nockherberg

Endlich gibt es wieder das Spektakel des Starkbieranstichs auf dem Nockherberg. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv schaut zurück in die Geschichte der Fastenzeit.

Stattliche 7,9 Volumenprozent hat der „Salvator“ der Paulanerbrauerei, der alljährlich in der Fastenzeit zum Ausschank kommt. Ob der Sud gelungen ist, können 600 geladene Gäste aus Kultur, Politik und Wirtschaft bei der jährlichen traditionellen Starkbierprobe auf dem Nockherberg erstmals testen.

Wichtiges Barometer für den Bekanntheitsgrad der Politprominenz ist das legendäre „Derblecken“ mit Fastenrede und Singspiel. Hier gilt: Dabei sein ist alles. Längst vergessen sind die Mahnungen der Kirchen in den 1950er Jahren, in der Fastenzeit Wochen der Stille und inneren Einkehr einzulegen. Oder der Boykott der CSU 1959, den allein der „Ochsensepp“, der populäre Münchner Parteichef im Rathaus Josef Müller, unterlief und damit in der Bevölkerung gut ankam.

Der Bayerische Rundfunk sendete 1954 zum ersten Mal Aufzeichnungen von der Salvatorprobe. Ab 1962 übertrug die „Abendschau“ Ausschnitte vom Starkbierspektakel, 1977 startete die vollständige Übertragung.

Zwar reichen die Wurzeln der „Fastenrede“ weit ins 19. Jahrhundert zurück. Das Singspiel als politisches Kabarett setzte sich 1972 durch. Im Ritterspiel „Die feindlichen Brüder oder der Zaubertrank in der Paulanerklause“ kämpften die CSU-Ritter auf Burg „Schwarzenfels“ gegen die SPD-Kontrahenten von der Festung „Rotenstein“.

In seinem Buch „Der Salvator auf dem Nockherberg“ spannt Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs, den Bogen von den Paulanermönchen bis hin zum Politiker-Schaulaufen am Isarhochufer. Zugleich liefert der Band ein spannendes Sittengemälde aus dem Volksleben der letzten drei Jahrhunderte. Eine Fülle bislang unveröffentlichter Bilder aus dem Paulaner-Archivbestand im Bayerischen Wirtschaftsarchiv sorgt für zusätzlichen Reiz.

Im Band 6 der Schriftenreihe des Bayerischen Wirtschaftsarchivs schildert Dr. Richard Winkler auch, wie in der 1960er Jahren Politiker selbst zu Akteuren des „Salvatorbrettls“ wurden. 1965 standen der bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel und Münchens Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel als Stationsvorsteher einer imaginären „Nockherberg-U-Bahn“ gemeinsam mit Uniformmützen auf der Bühne.

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

"In Dankbarkeit und Verehrung": Glückwunschadressen aus früherer Zeit

Glückwünsche zum Geburtstag und zu besonderen Ereignissen haben eine lange Tradition. Lange vor Messenger-Diensten wurde sehr viel Mühe und Sorgfalt in diese Adressen investiert. Im Bayerischen Wirtschaftsarchiv befinden sich wahre Preziosen.

Als der 1821 geborene bayerische Prinzregent Luitpold seine runden Geburtstage feierte, erreichte den äußerst populären Wittelsbacher eine Vielzahl von Glückwünschen und sog. Gratulationsadressen. Städte und Gemeinden, Behörden, Institutionen, soziale und religiöse Vereinigungen übersandten kunsthandwerklich aufwendig gestaltete Festgaben und Huldigungsgedichte. In der Residenz seiner Hoheit, dem Palais Leuchtenberg, standen drei eigens angefertigte Glasschränke für die Ausstellung der kostbaren Exponate bereit.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts schwelgte die „jubiläumsfrohe“ Gesellschaft geradezu in den prächtigen Ehrenpräsenten. Sie verschönten nicht nur Geburtstage, sondern waren damals auch Ausdruck von Firmenkultur.

So überreichten die „dankbaren Angestellten“ 1882 dem Münchner Lokomotivfabrikanten Georg von Krauss einen eigens angefertigten, in Silber gefassten Straußeneipokal zur Erinnerung an die Fertigstellung des 1000. Dampfrosses. Großer Beliebtheit erfreuten sich auch kostbar in Leder gebundene und kunstvoll aufbereitete Fotoalben mit Aufnahmen der Belegschaft. Zur Silberhochzeit des Likör- und Essigfabrikanten Eduard Riemerschmid ließen die Mitarbeiter ihre Glückwünsche auf ein Pergament malen, das in einer ziselierten, samtbezogenen Messingkapsel steckte.

Die Glückwunschadressen genossen damals einen hohen Stellenwert. Auf der Weltausstellung in Chicago 1893 konnten die Besucher in der deutschen Abteilung 108 meisterlich gearbeitete Festgaben bewundern. Auch in den Beständen des Bayerischen Wirtschaftsarchivs finden sich repräsentative und reich verzierte Ehrengeschenke in unterschiedlichster Form und Bestimmung.

Dr. Harald Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

"Achtung Aufnahme!" Historische Industriefotografie

Im Bayerischen Wirtschaftsarchiv finden sich zahlreiche historische Fotografien aus der Industrie. Sie zeigen, wie sich Bayern vom Agrarland zum Industriestandort entwickelt hat.

Frühjahr 1910: Sichtlich angestrengt und ohne ein Lächeln blickt der Mann an der Flaschenfüllmaschine direkt in die Kamera. Fotografieren war früher eine ernste Sache. Kein Wunder, denn die Belichtungszeiten waren lang, bis der Fotograf endlich sein Foto im Kasten hatte.

Historische Aufnahmen wie diese machen deutlich, wie rasant sich die Arbeitsgesellschaft gewandelt hat. Arbeitsprozesse beschleunigen sich, Menschen werden durch Maschinen ersetzt und ganze Berufe verschwinden.

Ein Blick zurück ist daher wichtig, um zu verstehen, welche wirtschaftlichen Bedingungen und Wertvorstellungen das Bild der Arbeit in der Vergangenheit prägten. Kaum ein anderes Medium ist so geeignet wie die Fotografie, um Industrie zu dokumentieren. Selbst eine Errungenschaft der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, lieferte sie das entsprechende Bild von der Machbarkeit der Welt und vom technisch-wissenschaftlichen Fortschritt.

Der Mensch spielte dabei zunächst noch eine untergeordnete Rolle. In der Frühzeit dienten Arbeiter im Wesentlichen zur Belebung der Szenerie und als Größenmaßstab bei Maschinen oder Produkten. Später kamen Gruppenaufnahmen in Mode, bei denen sich die Mitarbeiter abteilungsweise im Fabrikhof oder im Atelier des Fotografen aufstellten. Erst in den 1920er und 1930er Jahren entstanden lebendige Fotos der menschlichen Arbeit. Neue Kameras mit kürzeren Belichtungszeiten und das frisch erwachte Interesse am „arbeitenden Menschen“ bewirkten diesen Wandel.

Bei seiner Spurensuche hat das Bayerische Wirtschaftsarchiv eine Vielzahl an historischen Industriefotografien zusammengetragen. Sie zeigen bildlich Bayerns Strukturwandel vom überwiegend agrarisch geprägten Land zu einer der führenden Industrie- und Technologieregionen.

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

"Glück auf!": Bergbau in Bayern

Kaum zu glauben: In der jungen Bundesrepublik Deutschland stand Bayern nach Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beim Bergbau an dritter Stelle. Erfahren Sie mehr über die Geschichte des Bergbaus in Bayern.

Es war der gebürtige Straubinger Matthias von Flurl, der 1792 die erste umfassende Beschreibung der Mineralvorkommen in Bayern vorlegte. Er wollte seinen Landsleuten vor Augen führen, dass „die gute Mutter Natur unsere Gebirgsgegenden nicht so stiefmütterlich behandelt hat, als manche wähnen.“

Vor allem Erz-, Salz- und Kohlevorkommen fanden sich im Alpen- und Voralpenraum und im nordöstlichen Bayern. Bereits seit 1517 war das Salzbergwerk in Berchtesgaden ohne Unterbrechung in Betrieb. In Penzberg wurde erstmals 1796 Pechkohle abgebaut. Doch erst der Aufbruch ins Industriezeitalter um die Mitte des 19. Jahrhunderts und die Eisenbahn als Transportmittel machten die systematische Förderung rentabel. 1853 nahm die nach dem damaligen bayerischen König benannte Eisenwerkgesellschaft Maximilianshütte mit dem Stammwerk in Haidhof den Betrieb auf. Gut 150 Jahre lang leistete das Oberpfälzer Großunternehmen einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns Die Wurzeln des in Bergen beheimateten ehemaligen Chiemgauer Eisenhüttenwerks reichten bis ins Jahr 1562 zurück.

Eine bayerische Besonderheit ist der Grafitbergbau, wenn er auch keine umfangreiche wirtschaftliche Bedeutung errang. 1907 waren bei der in Deutschland einzigen größeren Lagerstätte im Bayerischen Wald 64 Gruben in Betrieb. Tiefgreifende Veränderungen brachte schließlich die Kohlekrise Ende der 1950er Jahre mit sinkenden Preisen und rückläufiger Nachfrage. 1966 erfolgte die Stilllegung der Schachtanlagen in Hausham und Penzberg.

In der jungen Bundesrepublik Deutschland stand Bayern nach Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen an dritter Stelle der Bergbauländer. Auch in den Beständen des Bayerischen Wirtschaftsarchiv ist diese Branche vielfältig dokumentiert.

Dr. Harald Müller, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchiv