Brexit und Dienstleistungsverkehr
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Aktuelles
++ Neu: Seit 11. April 2022 hat die britische Regierung neue Regeln für Visa nämlich das "Global Business Mobility (GBM) Visum" implementiert.
Im Allgemeinen handelt es sich dabei um fünf neue Kategorien gesponsorter Routen, die es ausländischen Unternehmen ermöglichen, sich im Vereinigten Königreich niederzulassen oder Mitarbeiter zu bestimmten Geschäftszwecken ins Vereinigten Königreich zu entsenden. Die neuen Kategorien lauten:
- Senior or Specialist Worker
- Graduate Trainee
- Service Suplier - vormals CSS
- Secondment Worker
- UK Expansion Worker.
Details über die jeweiligen Kategorien kann man HIER nachlesen.
Folgende Anforderungen müssen erfüllt werden:
- Eine Sponsorlizenz für den Mitarbeiter nachweisen. Unternehmen sollten daher jetzt Schritte ergreifen, um entweder eine Sponsorlizenz zu beantragen oder eine Ihres Geschäftspartners im UK hier einzubinden.
- Angemessenes Qualifikationsniveau nachweisen.
- Eine Mindestvergütung je nach Kategorie.
- Mindestdauer der Vorbeschäftigung des Mitarbeiters.
- Einsätze sind zeitlich begrenzt.
In der Regel muss zuerst die Liste der erlaubten Tätigkeiten anhand der britischen Immigration Rules geprüft werden, um festzustellen ob ein Visum notwendig ist oder der Einreise über die "Besucherroute" in Frage kommt.
Seit 6. Oktober 2021 gelten vereinfachte Einreisebestimmungen auch für Mitarbeiter solcher ausländischer Gesellschaften, die Teil einer vertraglichen Vereinbarung über Kundendienstleistungen sind, insbesondere in Form eines Garantie- oder sonstigen Dienstleistungsvertrages (Subunternehmer). Bisher waren Vereinfachungen nur für eigene Mitarbeiter möglich. Wichtig: Diese Vereinbarung muss im Zeitpunkt des Verkaufs oder der Vermietung getroffen worden sein. Eine nachträgliche Vereinbarung fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Regelung.
Auf den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr von der EU in das VK findet mit dem Brexit kein EU-Recht mehr Anwendung. Die neuen Regeln, die nur zum Teil aus dem Handels- und Kooperationsabkommen vom 30.12.2020 stammen, sind differenzierter und bürokratischer geworden. Niemand wird einfach auf die Schnelle mit einem Personalausweis ins VK reisen können. Je mehr die Reise rein geschäftlichen und nicht nur dienstlich-internen Charakter besitzt, desto komplizierter wird die Vorbereitung bis hin zu einer Visabeantragung.
Dienstleistungserbringung im Vereinigten Königreich
Entsendung von Mitarbeitern
Ebenso vom Wegfall der Dienstleistungsfreiheit betroffen sind Unternehmen, die ihre Mitarbeiter regelmäßig zum Beispiel zur Montage, u.a. Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen, ins Vereinigte Königreich schicken. Seit dem 1.1.2021 gibt es weitreichende Veränderungen bei der Einreise in das Vereinigte Königreich. Für Geschäftsreisen muss geprüft werden, welche Tätigkeit erbracht wird und wie lange man sich im Vereinigten Königreich aufhält. Je nachdem gelten unterschiedliche Regelungen und auch ein Visum kann erforderlich sein.
Bitte prüfen Sie daher jeden Einzelfall separat!
- Hilfestellung, ob ein Visum erforderlich ist.
- Einzelheiten über die verschiedenen Einreisearten
Grundsätzlich gilt für EU-Bürger: Für kurze Geschäftsreisen von Geschäftsführern/Führungskräften und Managern, Freiberuflern sowie Arbeitnehmern, die zur Ausführung eines Auftrags im VK tätig sind, ist in den meisten Fällen kein Visum erforderlich.
Für eine langfristige berufliche Tätigkeit gilt das neue punktebasierte Einwanderungssystem. Ähnlich wie z.B. bereits in Australien oder Kanada, müssen ab 1.1.2021 auch im VK ausreichende Punkte „vorliegen“, um einwandern zu können. Punkte erhält man z.B. über Berufsqualifikationen, Vorliegen eines Jobangebots aus VK, Gehaltshöhe, etc.
Hier erhalten Sie weitere Informationen.
Beim Abschluss von Verträgen sollte die Aufnahme von Klauseln überdacht werden, die eventuelle Mehrkosten (z.B. für Visa) mit einkalkulieren und auffangen.
Grenzüberschreitende Dienstleistungen sind in Zeiten der Digitalisierung von enormer Bedeutung: Serviceleistungen aus Großbritannien haben eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung. Das Ende oder die Erschwerung des freien Dienstleistungsverkehrs wird jedoch voraussichtlich einige kleine und mittlere Unternehmen davon abhalten, grenzüberschreitende Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen oder zu erbringen.
Grundsätzlich sind nach Ende der Übergangszeit die EU-Verordnungen (z.B. die Entsenderichtlinie) im Verhältnis zum VK nicht mehr anwendbar. Eine Koordinierung der sozialen Absicherung von Arbeitnehmern ist dann nicht mehr gegeben. Durch das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem VK gelten die Regeln zur A1 weiter. Konkret bedeutet dies: Auch weiterhin müssen für Dienst- und Geschäftsreisen eine A1-Bescheinigung beantragt werden.
Allgemeine Informationen zur Beantragung einer A1-Bescheinigung.
Wichtig und neu ist, dass im Krankheitsfall ein Zugang zum Britischen Gesundheitssystem (NHS) durch eine EU-Staatsangehörigkeit („S2 Route“) ab 01.01.2021 nicht mehr möglich ist. Das Mitführen einer Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) allein reicht nicht mehr aus. Es muss eine zusätzliche Krankenversicherung für Dauer des Aufenthalts im VK abgeschlossen und ein Nachweis darüber mit sich geführt werden.
Weitere Informationen erhalten Sie sich auch auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zum Brexit.
FAQ zu Brexit und Dienstleistungen
Ja, grundsätzlich sind als „Standard Visitor“ auch geschäftliche Aktivitäten möglich. Allerdings muss je nach Einzelfall genau geprüft werden, welche Tätigkeiten im VK tatsächlich durchgeführt werden.
Grundsätzlich erlaubte Aktivitäten unter „Visit the UK on a business trip“:
- Allgemeine Aktivitäten: Geschäftsreisen z.B. Vertragsabschluss, Präsentationen / Vorträge, Meetings, Messebesuche, Inspektionen, Ortsbegehungen, etc.
- Konzerninterne Aktivitäten: interne Projektbesprechungen (ohne Kunden), interne Weiterbildungen (ohne Kunden), Durchführung von Audits, etc.
- Hersteller / Warenlieferung: Ein Angestellter eines ausländischen Herstellers oder Lieferanten darf Geräte, Computersoftware oder Hardware installieren, demontieren, reparieren, warten oder Beratungsgespräche führen, wenn dieser Hersteller einen Kauf-, Liefer- oder Leasingvertrag mit einem britischen Unternehmen oder einer Organisation abgeschlossen hat.
- Ein Kunde eines britischen Exportunternehmens kann in das britische Unternehmen entsandt werden, um den Bedarf an Waren und Dienstleistungen zu überwachen, die im Rahmen eines Vertrags von dem britischen Unternehmen oder seiner Tochtergesellschaft bereitgestellt werden, sofern die beiden Unternehmen nicht zum selben Konzern gehören.
- Mobiles Arbeiten für das deutsche Unternehmen wie z.B. Bearbeitung von E-Mails, Telefonate etc. sind erlaubt.
Nicht erlaubt sind: Aufnahme einer Beschäftigung im VK Gründung oder Führung eines Unternehmens als Selbstständiger, Absolvierung eines Praktikums oder einer Ausbildung, Direktverkauf an die breite Öffentlichkeit / Verbraucher / Konsumenten Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen für Endverbraucher, Sonstige geschäftliche Tätigkeiten für eine Organisation oder ein Unternehmen.
Visum: Für EU-Bürger ist kein Visum erforderlich.
Weitere Informationen
Notwendige Dokumente für den Grenzübertritt:
- Der Geschäftsreisende muss einen gültigen Reisepass vorlegen. Der Reisepass sollte für die gesamte Dauer seines Aufenthalts in Großbritannien gültig sein.
- Außerdem sind Dokumente vorzulegen, die nachweisen, dass ...
...der Geschäftsreisende für die Aktivitäten, die Sie machen wollen, die nötige Qualifikation hat (Berufsqualifikation), Anerkennung: siehe neues TCA-Verfahren (muss noch in der Praxis umgesetzt werden),
... er eine Unterkunft für Ihren Aufenthalt organisiert hat,
... er am Ende Ihres Aufenthaltes abreist er in der Lage ist, sich und seine Angehörigen während des Aufenthalts selbst zu versorgen oder dass er von jemand anderem finanziell unterstützt wird,
... er ausreichend krankenversichert ist, indem er eine Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) mitführt und den Nachweis einer zusätzlichen Krankenversicherung bei sich führt, die die Dauer des Aufenthalts im VK abdeckt. Ein Zugang zum Britischen Gesundheitssystem (NHS) durch eine EU-Staatsangehörigkeit („S2 Route“) ist ab 01.01.2021 nicht mehr möglich.
Ausführliche Informationen unter “Visit the UK on a business trip“ und den Informationen zum Status des “Visitors ohne Visum“, der in der Regel bis zu 6 Monaten Aufenthaltsrecht hat.
Achtung: Bitte beachten Sie auch die aktuellen gültigen Regelungen aufgrund der Corona-Pandemie.
Ja, die Dienstleistungen dürfen grundsätzlich von Angestellten und auch Freiberuflern erbracht werden. Allerdings sind für die Erbringung der meisten Dienstleistungen, ein „Temporary Worker-International Agreement Worker visa (T5)“ notwendig.
Für dieses Visum sind verschiedene Voraussetzungen notwendig z.B. bestimmte Qualifikationen, etc. Auch eine „Sponsoring Bescheinigung“ vom britischen Geschäftspartner ist Pflicht, da Sie ohne diese Nummer das Visum nicht beantragen können. Ausführliche Informationen
Notwendige Unterlagen für das Visum(für Einreisende aus Deutschland):
- Nummer aus der Sponsoring Bescheinigung („Certificates of sponsorship“)Reisepass (mit einer freien Seite für das Visum)
- Nachweis, dass er über genügend persönliche Ersparnisse verfügt, um seinen Lebensunterhalt in Großbritannien zu bestreiten, z. B. durch einen Kontoauszug oder durch die Sponsoring Bescheinigung (mind. £1,270 Guthaben)
- Für alle Dokumente wird eine beglaubigte Übersetzung benötigt, wenn die Dokumente nicht auf Englisch vorliegen.
Kosten für das Visum:
Die Kosten für das Visum T5 betragen 244 £ pro Person. Kostenreduzierung für EU-Bürger: Die Bewerbungsgebühr wird automatisch um 55 £ reduziert, wenn man aus einem der folgenden Länder kommt: Österreich, Belgien, Kroatien, Republik Zypern, Tschechische Republik, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Island, Irland, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Niederlande, Nordmazedonien, Norwegen, Polen, Portugal, Slowakei, Spanien, Schweden oder Türkei.
Beantragungsfristen für das Visum:
Das Visum kann frühestens 3 Monate vor dem Termin beantragt werden, an dem die Arbeit aufgenommen werden soll. Dieses Datum steht auf der „Sponsoring-Bescheinigung“. Über die Erteilung des Visums wird innerhalb von 3 Wochen entschieden, wenn man sich von außerhalb Großbritanniens bewirbt. Möglich ist eine schnellere Bearbeitung (5 Tage oder sogar 24 Stunden) gegen zusätzliche Gebühren.
Geltungsdauer für das Visum im VK:
In den meisten Fällen kann der Antragssteller für 2 Jahre bleiben oder für die Zeit, die auf der „Sponsoring-Bescheinigung“ angegeben ist.
Wenn es um einen vertraglichen Dienstleister oder einen Freiberufler geht, gelten die folgenden maximalen Aufenthaltszeiten:
- maximal für 12 Monate bei Erbringung einer Dienstleistung im Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU
- 12 Monate in einem Zeitraum von 24 Monaten, wenn eine Dienstleistung im Rahmen der befristeten Vereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweiz) und dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungen erbracht wird
- In allen anderen Fällen 6 Monate in einem Zeitraum von insgesamt 12 Monaten.
Eine Einreise ist 14 Tage vor dem Startdatum auf der Sponsoring-Bescheinigung in das Vereinigte Königreich möglich. Auch eine Ab- und wieder Einreise ist während der Zeit möglich. Der Visainhaber kann aufgefordert werden, das Vereinigte Königreich innerhalb von 60 Tagen zu verlassen, wenn sein Job vorzeitig beendet wird. Nähere Informationen.
Achtung: Bitte beachten Sie auch die aktuellen gültigen Regelungen aufgrund der Corona-Pandemie.
Zusammenfassung
Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wird die Dienstleistungserbringung / Mitarbeiterentsendung komplizierter und bürokratischer. Die Vorbereitung einer geschäftlichen Tätigkeit im VK wird in jedem Fall länger dauern als bisher, auch wenn ein Visum nicht erforderlich ist. Die Beantragung von Visa und die Zusammenstellung der notwendigen Dokumente (auch ohne Visa) ist umfangreich; erst die Praxis wird zeigen, welche Zeitspanne die neuen administrativen Prozesse benötigen werden. Wir empfehlen allen Unternehmen, sich früh genug auf eine Geschäftsreise / Entsendung in das VK vorzubereiten. Bitte sprechen Sie uns rechtzeitig an.
EU-Bürger, die sich zum Zeitpunkt des Brexits bereits rechtmäßig in Großbritannien aufhalten, haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf ein dauerhaftes Bleiberecht. Anträge konnten bis zum 30. Juni 2021 gestellt werden.
Ausnahmen und weiterführenden Informationen hierzu finden Sie auf den Webseiten der britischen Regierung.
IHK-Ansprechpartner
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Jessica de Pleitez
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