Forschung und Entwicklung

Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung

In Deutschland wurden, im Gegensatz zu vielen anderen OECD- und EU-Staaten, Ausgaben für Forschung und Entwicklung steuerlich nicht begünstigt.

Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung

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In Deutschland wurden, im Gegensatz zu vielen anderen OECD- und EU-Staaten, Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) seit Jahrzehnten steuerlich nicht begünstigt.

Die bayerische Wirtschaft fordert schon seit Jahren die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung. Daher begrüßt die bayerische Wirtschaft, dass nach dem Bundestag auch der Bundesrat am 29.11.2019 das Forschungszulagengesetz (FZulG) verabschiedet hat. Hiernach wird ab 2020 eine jährliche steuerliche Förderung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Höhe von bis zu 500.000 Euro möglich sein. Profitieren sollen grundsätzlich alle Unternehmen. Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen sollten zu Investitionen in Forschung und Entwicklung ermuntert werden, heißt es in dem Gesetz.

Im Gesetzgebungsverfahren erfolgten noch Anpassungen im Hinblick auf das EU-Beihilferecht. Auch wurden Änderungsvorschläge der IHK-Organisation aufgegriffen. So wird nun der Auftraggeber einer Auftragsforschung und nicht wie ursprünglich vorgesehen der Auftragnehmer steuerlich gefördert.

Die wichtigsten Punkte der Neuregelung zum 1. Januar 2020

Wer wird gefördert?

Sofern sie in Deutschland steuerpflichtig sind, können alle Forschung und Entwicklung betreibenden Unternehmen von der steuerlichen Forschungsförderung profitieren – unabhängig von Größe, Rechtsform und Branche.

Neben der eigenbetrieblichen Forschung ist eine Förderung auch möglich für die Vergabe eines Forschungsauftrages beim Auftraggeber (Auftragsforschung), soweit der Auftragnehmer seinen Sitz in einem EU-/EWR-Staat hat. Mit der Einbeziehung der Auftragsforschung sollen gezielt FuE-Tätigkeiten von kleinen und mittleren Unternehmen im Inland gestärkt werden, da gerade diese Unternehmen keine eigenen internen Forschungskapazitäten haben. Nicht gefördert wird hingegen der Auftragnehmer, also der im Auftrag eines Dritten forschende Unternehmen.

Auch Kooperationsvorhaben von einem Anspruchsberechtigten mit mindestens einem anderen Unternehmen sowie Vorhaben mit Forschungseinrichtungen können förderfähig sein.

Bei unternehmerisch tätigen Personengesellschaften (sog. Mitunternehmerschaften) wird die Mitunternehmerschaft als Anspruchsberechtigter behandelt.

Welche Vorhaben sind begünstigt?

Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sind begünstigt, soweit sie einer oder mehreren der Kategorien Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung zuzuordnen sind. Die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren gehört nur unter bestimmten Voraussetzungen zur experimentellen Entwicklung. Ist ein Produkt oder ein Verfahren im Wesentlichen festgelegt und ist das primäre Ziel der Tätigkeit die Marktentwicklung oder soll durch diese Tätigkeit das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren gebracht werden, liegt kein begünstigtes FuE-Vorhaben vor.

Für die Begriffsbestimmung bzw. Abgrenzung der begünstigten FuE-Vorhaben gelten die in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) vorgesehenen Kriterien (Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1)).

Vereinfacht gilt hier Folgendes:

Grundlagenforschung: Erwerb von neuem Wissen ohne erkennbare Anwendung
Industrielle Forschung: Zielgerichtete Forschung für neue Produkte/Prozesse bis zum Prototypen
Experimentelle Entwicklung: Vorhandenes Wissen wird in neue oder wesentlich verbesserte Produkte, Verfahren oder Systeme eingebracht.

Wie ermittelt sich die Förderung?

Bei der eigenbetrieblichen Forschung beträgt die Zulage 25 % der förderfähigen Aufwendungen. Dies sind dem Lohnsteuerabzug unterliegende Löhne und Gehälter der Mitarbeiter, die in begünstigten FuE-Vorhaben mitwirken, sowie die entsprechenden Ausgaben des Unternehmens für die Zukunftssicherung dieser Mitarbeiter (§ 3 Nr. 62 EStG). Da gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen die Mitarbeiter oft nicht nur in FuE-Vorhaben tätig sind, sondern Mischfunktionen innehaben, kann sich die notwendige Lohn- bzw. Gehaltsabgrenzung für diese Mitarbeiter aufwendig gestalten.

Bei der Auftragsforschung werden pauschal 60 Prozent des an den Auftragnehmer geleisteten Entgeltes als förderfähiger Aufwand behandelt.

Für Einzelunternehmen und Gesellschafter von Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) gelten besondere Regelungen. Hiernach sind Eigenleistungen in pauschaler Höhe von 40 Euro je Arbeitsstunde bei maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche förderfähig. Damit soll auch Personenunternehmen die Möglichkeit der Forschungszulage eröffnet werden.

Die förderfähige Bemessungsgrundlage wird pro Unternehmen/Konzern auf eine Obergrenze von 2 Mio. Euro pro Wirtschaftsjahr begrenzt. Es ergibt sich eine höchstmögliche Forschungszulage pro Wirtschaftsjahr von 500.000 Euro. Die Summe der für ein FuE-Vorhaben gewährten staatlichen Beihilfen darf einschließlich der steuerlichen Forschungszulage pro Unternehmen und FuE-Vorhaben den Betrag von 15 Mio. Euro nicht überschreiten.

Wie ist das formelle Procedere?

Die steuerliche Förderung ist antragsgebunden. Der Antrag ist elektronisch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz beim zuständigen Finanzamt zu stellen. Die Einreichung des Antrags ist erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres, in dem förderfähige Aufwendungen entstanden sind, möglich – d.h. erstmalig im Jahr 2021.

Dem Antrag muss eine Bescheinigung einer noch zu bestimmenden externen Stelle beigefügt werden, die die Förderfähigkeit der FuE-Vorhaben bestätigt. Die Bescheinigung ist bei dieser externen Stelle zu beantragen. Einzelheiten sind hier noch offen. Die Bescheinigungsstelle wird in 2020 eingerichtet.

Die erste Bescheinigung für ein Wirtschaftsjahr ist für den Antragsteller ist grundsätzlich gebührenfrei. Im Fall weiterer Anträge auf Bescheinigung für FuE-Vorhaben desselben Wirtschaftsjahres können Gebühren erhoben werden.

Die Forschungszulage wird in einem gesonderten Bescheid festgesetzt und auf die Ertragssteuerschuld des Anspruchsberechtigten angerechnet. Soweit die Forschungszulage höher ist als die im Rahmen der nächsten Veranlagung festgesetzte Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, wird dieser Betrag als Steuererstattung ausgezahlt. Damit werden auch FuE-Aktivitäten von Unternehmen gefördert, die sich in einer Verlustphase befinden und keine oder nur wenig Steuern zahlen. Dies kann beispielsweise für Start-ups gelten.

Die Forschungszulage kann grundsätzlich neben anderen (nichtsteuerlichen) Förderungen oder staatlichen Beihilfen für das begünstigte FuE-Vorhaben gewährt werden, sofern es nicht zu einer Doppelförderung kommt.

Ab wann gilt das Ganze?

Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Die Forschungszulage kann nur für FuE-Vorhaben beansprucht werden, mit deren Arbeiten nach dem Inkrafttreten des Forschungszulagengesetzes begonnen oder für die der Auftrag nach dem Inkrafttreten erteilt wird.

Fehlende Förderung als Standortnachteil

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© DOMINIK FRITZ

Die IHK für München und Oberbayern fordert – mit Blick auf die Situation in vielen anderen OECD- und EU-Staaten – bereits seit vielen Jahren die schnelle und unbürokratische Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE).

Um den derzeitigen Standortnachteil für deutsche Unternehmen auszugleichen und sie in ihren FuE-Anstrengungen zu unterstützen, ist die steuerliche FuE-Förderung ein ebenso sinnvolles wie wirksames Instrument. Die steuerliche FuE-Förderung soll branchen- und technologieübergreifend erfolgen und dabei unabhängig von der Unternehmensstruktur sowie der Gewinn- bzw. Verlustsituation sein.

Die Regeln der Förderung sind möglichst einfach und eindeutig zu gestalten, vorzugsweise in Form einer Steuergutschrift (tax credit). Der Verwaltungsaufwand muss überschaubar sein und vorhandene Strukturen nutzen. Die steuerliche FuE-Förderung für Unternehmen ergänzt die Projektförderung des Bundes und der Länder. Die Einführung einer FuE-Förderung darf nicht als Ausgleich zu anderen, im Steuerrecht vorkommenden Hindernissen gesehen werden. Die grundsätzliche Vereinfachung des Steuerrechts bleibt unabdingbar.

Die IHK-Vollversammlung hat hierzu am 8. Dezember 2015 ein Positionspapier verabschiedet.

Bereits im Jahr 2013 hat sich die IHK für München und Oberbayern in ihren „20 Empfehlungen zum Unternehmenssteuerrecht“ mit Empfehlung 11 für die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung ausgesprochen.

Zuletzt haben im Januar 2017 alle bayerischen Industrie- und Handelskammern in einem Positionspapier nochmal die Wichtigkeit eine steuerlichen Forschungsförderung dargestellt.

ifo-Studie zur steuerlichen FuE-Förderung

Das ifo-Institut hat im Auftrag der IHK für München und Oberbayern eine Bewertung zur Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) führt zu einer Erhöhung der privatwirtschaftlichen FuE-Aufwendungen. Auf Grundlage des aktuellen Stands der empirischen Forschung lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei ausschließen, dass ein Teil der zusätzlichen FuE-Aufwendungen durch Umdeklarierung zustande kommt.
  • Diese zusätzlichen FuE-Aufwendungen führen in der Tendenz zu mehr Erfindungen (Patenten) und einer gestiegenen Anzahl selbstberichteter Produkt- und Prozessinnovationen.
  • Im Hinblick auf Indikatoren für Beschäftigung und Produktivität (sowohl in Unternehmen als auch regional) ist die Studienlage so lückenhaft, dass sich keine gesicherten, verallgemeinerbaren Aussagen ableiten lassen.
  • Hinsichtlich ihrer Wirksamkeit unterscheiden sich volumenbasierte und inkrementelle Fördersysteme nicht.
  • Die regionale bzw. nationale Einführung steuerlicher FuE-Förderung kann zur Verdrängung von FuE-Ausgaben in anderen Regionen bzw. Ländern führen.
  • Dies unterstreicht, dass die steuerliche Förderung von FuE ein nicht zu vernachlässigender Faktor im internationalen bzw. regionalen Standortwettbewerb ist.
  • In der Stellungnahme wird vor allem auf folgende zentrale Forderungen der Wirtschaft in Bezug auf eine steuerliche FuE-Förderung hingewiesen:


    * Im Falle der Auftragsforschung sollte die Förderung beim Auftraggeber ansetzen - und nicht wie vom BMF vorgeschlagen beim Auftragnehmer.
    * Langfristig sollte das Fördervolumen erhöht werden, um die damit intendierten Anreize zu verstärken.
    * Es sollte ein unbürokratisches und damit kostengünstiges Antragsverfahren implementiert werden.
    * Die Verzahnung mit anderen staatlichen Förderungen sollte ermöglicht bzw. klar gestellt werden.

    Dem Vernehmen nach soll der Gesetzentwurf am 15. Mai 2019 von der Bundesregierung beschlossen werden. Im Anschluss müssen die Bundesländer dem Entwurf zustimmen. Zum 1. Januar 2020 soll das Gesetz dann in Kraft treten.