Handelsvertreter: Vertrag und Rechte
Handelsvertreter schließen als selbständige Gewerbetreibende für Unternehmen Geschäfte ab. Was ist beim Handelsvertretervertrag zu beachten?
Inhalt
- Wer ist Handelsvertreter?
- Gewerbeanmeldung und Anmeldung im Handelsregister
- Handelsvertreter im Nebenberuf
- Abgrenzung zu Vertragshändler, Handelsmakler, Franchisenehmer, Kommissionär
- Einfirmen- und Bezirksvertreter, Gebietsschutz und Internethandel
- Vertrag für Handelsvertreter
- Aufgaben und Befugnisse des Handelsverteters
- Pflichten des Unternehmers
- Wettbewerbsverbote während und nach der Vertragszeit
- Provision
- Vertragsdauer und Kündigung
- Ausgleichsanspruch
- Verjährung und Rechtsstreitigkeiten
- Weitere Tipps für Handelsvertreterverträge
- Alternative und Außergerichtliche Konfliktlösung
Wer ist Handelsvertreter?
Selbständige die als Handelsvertreter tätig sind und Unternehmer, die für Ihren Betrieb Handelsvertreter einsetzen, sollten sich über die Rechte und Pflichten eines Handelsvertreters informieren. Der Handelsvertreter ist abzugrenzen insbesondere vom Vertragshändler, aber auch vom angestellten Reisenden, freien Mitarbeiter, Handelsmakler und Franchisenehmer.
Handelsvertreter ist, wer:
- in ständiger Vertragsbeziehung zu einem Unternehmen steht,
- Geschäfte im Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmens vermittelt oder abschließt,
- ein eigenes Gewerbe betreibt,
- eigenes Unternehmer- und Kostenrisiko trägt,
- seine Tätigkeit frei gestaltet und die Arbeitszeit frei bestimmt,
- die Provision ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben ausbezahlt bekommt.
Handelsvertreter gibt es in allen Branchen und Unternehmensbereichen. Die IHK unterstützt Sie bei Fragen zur Rechtsform der Handelsvertretung und bei der Abgrenzung zum angestellten Handelsvertreter bzw. zur sogenannten Scheinselbstständigkeit.
Gewerbeanmeldung und Eintragung ins Handelsregister
Vor Aufnahme seiner Tätigkeit muss der Handelsvertreter das Gewerbe beim zuständigen Gewerbeamt anmelden.
Einen vorgeschriebenen Berufsweg gibt es für den Handelsvertreterberuf nicht. Wer sich als Handelsvertreter selbstständig macht, sollte eine kaufmännische oder eine technische Ausbildung absolviert haben, sowie Kenntnisse in der jeweiligen Branche vorweisen können.
Auch Personen, die nicht die Bezeichnung „Handelsvertreter“ verwenden, sind als Handelsvertreter anzusehen, wenn die Merkmale erfüllt sind. Entscheidend ist immer die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit und nicht wie die Parteien einen Vertrag bezeichnen.
Eine Eintragung ins Handelsregister ist erst dann notwendig, wenn der Geschäftsbereich eine gewisse Größe erreicht hat oder eine Eintragsverpflichtung sich bereits aus der gewählten Rechtsform (z. B. GmbH) ergibt. Aber auch ansonsten hat der Handelsvertreter als Kaufmann im Sinne des HGB, jederzeit die gesetzliche Möglichkeit zu einer freiwilligen Eintragung ins Handelsregister.
Handelsvertreter im Nebenberuf
Wird die Handelsvertretertätigkeit im Nebenberuf ausgeübt, bestehen einige gesetzliche Besonderheiten. So gelten kürzere Kündigungsfristen, der Anspruch auf Vorschusszahlung kann vertraglich ausgeschlossen werden und dem Handelsvertreter im Nebenberuf steht kein Ausgleichsanspruch zu.
Der Unternehmer kann sich auf diese Besonderheiten allerdings nur dann berufen, wenn er den Handelsvertreter ausdrücklich als solchen im Nebenberuf beauftragt hat.
Abgrenzung zu Vertragshändler, Handelsmakler, Franchisenehmer, Kommissionär
Der Handelsvertreter unterscheidet sich von anderen im Vertriebsbereich eingesetzten Personen wie folgt:
- Angestellter Handelsreisender: Der Handelsreisende kann im Gegensatz zum Handelsvertreter seine Arbeitszeiten sowie seine Tätigkeit nicht selbst frei bestimmen. Er ist ein Angestellter, der Weisungen u.a. hinsichtlich Arbeitszeit, Reiseroute und Kundenbesuche erhält. Er vermittelt oder schließt als Angestellter Geschäfte im Namen seines Arbeitgebers ab. Als Vergütung erhält er ein Gehalt. Die IHK unterstützt bei Fragen zur Abgrenzung. Lesen Sie mehr!
- Handelsmakler: Wer gewerbsmäßig Geschäfte im fremden Namen abschließt ist Handelsmakler. Anders als der Handelsvertreter steht der Handelsmakler in keinem dauerhaften Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber und ist daher auch nicht zur ständigen Kundenbetreuung und Geschäftsvermittlung verpflichtet.
- Kommissionär: Wer Waren im eigenen Namen aber für fremde Rechnung verkauft (Beispiel: Zeitschriftenhändler) ist Kommissionär.
- Franchisenehmer: Handelsvertreter arbeiten als selbstständige Gewerbetreibende im Namen von Unternehmen und auf deren Rechnung. Franchisepartner hingegen werden von den Unternehmen eingesetzt, um deren Ziele zur Umsatzsteigerung und zur Standorterweiterung umzusetzen. Dabei arbeitet der Franchisenehmer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Vom Mutterunternehmen erwirbt der Franchisepartner gegen Entgelt die Erlaubnis dazu, das Geschäftskonzept in einer bestimmten Region oder an einem bestimmten Ort zu nutzen. Dazu zählt z.B. auch die Warenzeichen-Nutzung (Corporate Identity), für die der Franchisenehmer eine Gebühr zahlen muss.
- Vertragshändler: Wer aufgrund eines dauernden Vertrages mit einem Hersteller Waren einkauft, die er in eigenem Namen und auf eigene Rechnung weiterverkauft ist Vertragshändler. Der Vertragshändler wird teilweise auch als Eigenhändler bezeichnet. Typischerweise ist der Vertragshändler in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingegliedert. Damit unterscheidet sich der Vertragshändler vom Handelsvertreter, der Geschäfte im Namen des Unternehmers, also im fremden Namen, abschließt. Anders als der Kommissionär verkauft der Vertragshändler für eigene Rechnung. Grundsätzlich sind Vertragshändler nicht an die Verwendung einheitlicher Geschäftsbezeichnungen und Vertriebsmethoden gebunden. Das unterscheidet den Vertragshändler insoweit vom Franchisenehmer. Anders als der Franchisenehmer zahlt der Vertragshändler auch keine Einstiegsgebühr für die Eingliederung im Vertrieb.
Einfirmen- und Bezirksvertreter, Gebietsschutz und Internethandel
Der Einfirmenvertreter darf nur für dieses eine Unternehmen tätig werden. In der Regel verfügt dieses Unternehmen über ein so vielfältiges Sortiment, dass er damit voll aus-gelastet ist.
Dem Bezirksvertreter wird ein bestimmter räumlicher Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis vom Unternehmer fest zugewiesen. Der Handelsvertreter kann Provision verlangen für alle in seinem Bezirk oder Kundenkreis abgeschlossenen Geschäfte des Unternehmers. Er hat auch dann Anspruch auf Provision, wenn ohne seine Mitwirkung in seinem Bezirk Verträge abgeschlossen werden.
Ein Alleinvertreter ist ein Bezirksvertreter, dem sein Unternehmen zusätzlich einen er-höhten Kundenschutz einräumt. Nur er allein ist berechtigt, in dem ihm zugewiesenen Bezirk Geschäfte für das vertretene Unternehmen zu vermitteln und abzuschließen. Der Begriff des Alleinvertreters geht in seinen Auswirkungen über den Begriff der Bezirksvertretung hinaus. Die Alleinvertreterstellung muss sich eindeutig aus dem Vertrag mit dem Unternehmen ergeben. Allein die Bezeichnung „Generalvertreter“ genügt nicht ohne weiteres.
Grundsätzlich steht es dem Unternehmer frei, seine Vertriebswege- und -strukturen zu ändern, wobei er allerdings ein etwa vereinbartes echtes Alleinvertriebsrecht seines Handelsvertreters berücksichtigen muss. Wenn der Unternehmer den Internethandel aufnimmt, über eigene oder fremde Internetplattformen, so schmälert das die eigenen Vertriebschancen des Vermittlers dramatisch.
Tipp:
Das Thema des Online-Handels sollte zur Vermeidung böser Überraschungen unbedingt in neue Verträge mit aufgenommen und eigenständig geregelt werden, laufende Verträge sollten im Ver-handlungsweg an die Situation angepasst werden.
- Für den Handelsvertreter:
Er sollte sich für die durch (jetzige oder künftige) Direktverkäufe eintretenden Einbußen eine angemessene Entschädigung (je nach Fallkonstellation einmalig/laufend) einräumen lassen. - Für den Unternehmer:
Ein echtes Alleinvertriebsrecht/Exklusivität des Handelsvertreters kann zu einem Direktlieferungsverbot des Herstellers führen, von dem auch der Parallelvertrieb per Internet erfasst wird. Insofern sollte der Unternehmer sich im Vertrag die Inanspruchnahme des Internetvertriebsweges vorbehalten, gegebenenfalls gegen angemessene Kompensation für den Handelsvertreter.
Vertrag für Handelsvertreter
Verträge mit Handelsvertretern müssen nicht schriftlich abgeschlossen werden. Ein Vertrag kann auch mündlich oder stillschweigend geschlossen werden. Ein Vertrag wird stillschweigend geschlossen, wenn der Handelsvertreter mit Wissen des Unternehmens seine Tätigkeit aufnimmt. Ein schriftlicher Vertrag ist dennoch zu empfehlen. Er bringt Klarheit über den Vertragsinhalt und hilft getroffene Absprachen zu beweisen. Die IHK unterstützt Sie mit einem Mustervertrag!
Aufgaben und Befugnisse des Handelsvertreters
Der Handelsvertreter muss sich ständig um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften bemühen. Er muss neue Kunden werben und den Umsatz mit bereits vorhandenen Kunden erhalten bzw. steigern. Der Handelsvertreter hat stets die Interessen des Unternehmens wahrzunehmen. So hat er zum Beispiel Kunden nach Vertragsschluss weiter zu betreuen oder die Liquidität von Kunden zu überprüfen.
Es gehört zu den Pflichten des Handelsvertreters, dass er den Unternehmer über jede Geschäftsvermittlung und über jede sonstige wichtige Gegebenheiten informiert. Auch darf der Handelsvertreter während seiner Tätigkeit für das Unternehmen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens verwerten oder an Dritte weitergeben.
Pflichten des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter
Grundsätzlich steht es dem Unternehmer frei, ob er ein vom Handelsvertreter vermitteltes Geschäft abschließt oder nicht.
Kommt es zum Vertragsschluss erhält der Handelsvertreter eine Provision. Die Provisionen sind in der Regel monatlich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats abzurechnen. Längstens auf drei Monate kann der Abrechnungszeitraum ausgedehnt werden, wenn Handelsvertreter und Unternehmer das vertraglich vereinbaren.
Es gehört zu den Pflichten des Unternehmers den Handelsvertreter ausreichend zu informieren und alle für die Vermittlung erforderlichen Unterlagen zu übergeben. Er muss den Handelsvertreter informieren über Lieferbedingungen und Preise, Änderungen der Produktpalette oder einzelner Produkte und über die Annahme bzw. Ablehnung eines Geschäfts, sowie über die Stornierung bereits abgeschlossener Geschäfte. An den Handelsvertreter sind zu übergeben: Preislisten, Muster, Zeichnungen, Werbematerial etc..
Wettbewerbsverbote während und nach der Vertragszeit
Grundsätzlich kann der Handelsvertreter beliebig viele Unternehmen gleichzeitig vertreten. Meist greifen jedoch vertraglich vereinbarte Beschränkungen ein.
Nie darf der Handelsvertreter – auch ohne ausdrückliches Wettbewerbsverbot im Vertrag – miteinander konkurrierende Unternehmen vertreten. . Dies gilt auch für den Mehrfirmenvertreter. Produkte von anderen Firmen darf er nur vermitteln, wenn diese Firmen nicht im Wettbewerb mit Produkten der bereits von ihm vertretenen Firma stehen. Ausnahmen sind nur im beiderseitigen Einvernehmen und mit einer ausdrücklichen Regelung im Handelsvertretervertrag zulässig.
Nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ist der Handelsvertreter jedoch nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden. Oftmals finden sich in den Verträgen Wettbewerbsverbote, die sich über den Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages hinausziehen. Solche nachvertraglichen Wettbewerbsverbote sind nur eingeschränkt zulässig. Voraussetzung ist, dass das Verbot nicht länger als zwei Jahre gilt und dass der Handelsvertreter für die Zeit der Wettbewerbsbeschränkung eine angemessene Entschädigung bekommt.
Unzulässig ist unlauterer Wettbewerb zu Lasten des ehemaligen Vertragspartners nach Beendigung der Vertragsbeziehung. So gab es schon Abmahnungen und Prozesse aufgrund von Rundschreiben oder in anderer Weise getätigten negativen Äußerungen des Handelsvertreters über seinen ehemaligen Prinzipal bzw. dessen Produkte einerseits, umgekehrt des ehemaligen Prinzipals über die Person des Handelsvertreter andererseits.
Provision und Auslagen
Die übliche Vergütung des Handelsvertreters ist die Provision. Die Provisionshöhe hängt von der vertraglichen Vereinbarung ab und variiert in den einzelnen Branchen stark.
Der Handelsvertreter bekommt grundsätzlich nur dann eine Provision, wenn das Geschäft auf seine Aktivität zurückzuführen ist. Eine Ausnahme hiervon gilt beim Bezirksvertreter, der auch ohne sein aktives Zutun für Geschäftsabschlüsse in seinem Bezirk eine Provision bekommt. Auch für Nachbestellungen des Kunden, die der Handelsvertreter für das Unternehmen geworben hat, erhält er eine Provision.
Der Provisionsanspruch entsteht bereits mit der Lieferung der Ware. Wird im Vertrag die Provision von der Bezahlung der Rechnung durch den Kunden abhängig gemacht, hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss, sobald die Ware vom Unternehmer ausgeliefert wird. Dieser Vorschussanspruch darf vertraglich nicht ausgeschlossen werden.
Für die Berechnung gilt folgendes:
- Nachlässe bei Barzahlung/Skonto mindern nicht die Provision,
- Nebenkosten für Fracht, Porto, Verpackung, Zoll, Steuern, Versicherungskosten etc. können nur bei vertraglicher Vereinbarung abgezogen werden,
- Rabatte mindern die Provision, wenn sie dem Kunden von vorneherein zugesagt wurden. Nachträgliche Nachlässe reduzieren die Provision nicht.
- Mehrwertsteuer mindert trotz gesonderter Ausweisung auf der Rechnung nicht die Provision. Mangels besonderer Vereinbarung ist die Provision deshalb aus dem Mehrwertsteuerbetrag zu bezahlen.
Der Handelsvertreter kann vom Unternehmer Auskunft über alle wichtigen Umstände sowie einen Buchauszug fordern. Bei Zweifeln über die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs, hat der Handelsvertreter auch einen Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsbücher. Der Unternehmer kann diese Rechte im Vertrag nicht ausschließen.
Weitgehende Vertragsfreiheit besteht bei der Erstattung von Auslagen des Handelsvertreters. Hier werden sich die Vertragspartner an der Höhe des zu erwartenden Provisionsaufkommens einerseits und dem Umfang der vorhersehbaren Auslagen andererseits orientieren.
Dauer und Beendigung des Vertragsverhältnisses
Die Vertragsdauer können Handelsvertreter und Unternehmer frei vereinbaren. Legen sie keine feste Frist für die Zusammenarbeit fest, gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen. Der Vertrag endet dann mit der ordentlichen Kündigung.
Die Fristen, die für die Kündigung einzuhalten sind, können im Vertrag geregelt werden, anderenfalls richten sie sich nach dem Gesetz. Dort sind die Kündigungsfristen gestaffelt nach der Dauer der Zusammenarbeit und betragen mindestens einen Monat und maximal sechs Monate, jeweils zum Monatsende. Liegt ein wichtiger Grund für die Kündigung vor, müssen die Fristen nicht eingehalten werden.
Verträge mit Handelsvertretern können auch befristet werden. Diese Verträge enden automatisch mit ihrem Zeitablauf und müssen nicht ausdrücklich gekündigt werden, es sei denn die Befristungsabrede ist an eine Verlängerungsoption gekoppelt. Befristete Verträge können vorzeitig nur gekündigt werden, wenn ein außerordentlicher Grund für eine Kündigung besteht.
Zum Ausgleich finanzieller Nachteile dient der Ausgleichsanspruch. Lesen Sie mehr!
Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter
Der Ausgleichsanspruch ist ein zentrales Institut des deutschen Handelsvertreterrechts und kann nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Ein Ausgleichsanspruch ist grundsätzlich nicht nur beim Handelsvertreter möglich, sondern, unter Vorliegen bestimmten Voraussetzungen, auch bei anderen Vertriebsmittlern. § 89b HGB ist dementsprechend analog für den Vertragshändler wie auch den Franchisenehmer anwendbar, wenn ein Vertragshändler/Franchisenehmer einerseits wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Herstellers/Franchisegebers eingegliedert ist und zum anderen verpflichtet ist, den Kundenstamm nach Beendigung des Vertrages dem Hersteller/Franchisegeber zu überlassen. Denkbar ist ein Ausgleichsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen auch beim Kommissionagenten, nicht aber beim Handelsmakler.
Der Handelsvertreter kann nach seinem Ausscheiden in der Regel für den von ihm aufgebauten oder intensivierten Kundenstamm, den er dem Unternehmer zurücklässt, eine angemessene Ausgleichszahlung verlangen. Dieser Anspruch kann von den Vertragsparteien im Vorhinein weder wirksam ausgeschlossen noch in Abweichung vom Gesetz qualitativ beschränkt werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.
Es empfiehlt sich, alle erhaltenen Provisionsabrechnungen Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr geordnet aufzubewahren, und zwar so, dass jeder einzelne provisionsauslösende Abschluss, soweit die Provisionsabrechnung des Unternehmers nicht ohnehin eine lückenlose Auflistung enthält, einer Provisionsabrechnung zugeordnet werden kann. Dies sollte strikt für die gesamte Dauer der Zusammenarbeit eingehalten werden. Ansonsten kommt es zu Zeitverlusten von Wochen oder Monaten, bis nach dem Ausscheiden der Ausgleichsanspruch halbwegs - wenn überhaupt noch - berechnet werden kann. Es droht Anspruchsverlust, soweit Provisionszahlungen nicht mehr nachverfolgt werden können.
Eine Klärung von unklaren oder möglicherweise falschen Provisionsabrechnungen sollte zeitnah und nicht erst bei Vorleigen der Kündigung, ggf. durch Geltendmachung der Ansprüche auf Auskunft, Buchauszug und Bucheinsicht nach § 87c HGB, angestrebt werden, da beim Auseinandergehen zumindest ein Teil des für den Ausgleichsanspruch interessierenden letzten Fünfjahreszeitraums bereits verjährt sein dürfte.
Zeichnet sich die Notwendigkeit einer Eigenkündigung aus Krankheitsgründen ab, sollten nach dem Auftreten der Erkrankung ärztliche Atteste, die sich insbesondere auch auf die Zumutbarkeit der Fortführung der konkreten Handelsvertretertätigkeit beziehen, eingeholt und verwahrt werden. Werden Erkrankung und Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit nachher im Prozess bestritten, ist der Gesundheitszustand anderenfalls rückwirkend nur sehr schwer nachzuweisen.
Es empfiehlt sich, dass bei Beginn der Zusammenarbeit ein Altkundenverzeichnis mit den aktuellen Jahresumsätzen der vorhandenen Kunden erstellt und dem Vertrag beigefügt wird, um damit bereits im Vorfeld späterem Streit und Beweisschwierigkeiten bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs bestmöglich vorzubauen.
Ein Handelsvertreter, der Jahre hauptberuflich für ein Unternehmen tätig gewesen ist, sollte sich davor hüten, sich am Ende der Zusammenarbeit in ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis nach § 92b HGB abschieben zu lassen, weil sonst der Ausfall des Ausgleichsanspruchs droht!
Im Hinblick auf die steuerlich ohnehin erforderlichen und vorstehend auch aus rechtlicher Sicht beiden Parteien eines Handelsvertreterverhältnisses dringend nahegelegten Aufbewahrungs- und Aufzeichnungsobliegenheiten (Provisionsabrechnungen, Kundenlisten etc.) sind beide Seiten, die Daten über (eine Vielzahl von) Geschäftspartner, Kunden etc. erhaben und aufbewahren, gefordert, stets den Grundsätzen der DSGVO zu entsprechen, was sich auf die Aufbewahrung der persönlichen Daten sowohl in EDV-Dateien als auch in den Ausdrucken bezieht.
Näheres zum Ausgleichsanspruch sowie eine Beispielsrechnung sind zu finden im IHK-Merkblatt „Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters“.
Verjährung und Rechtsstreitigkeiten
Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis verjähren in drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Handelsvertreter von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Innerhalb bestimmter Grenzen ist eine Verkürzung oder Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfristen im Handelsvertretervertrag zulässig, sofern sie sich nicht einseitig zu Lasten des Handelsvertreters auswirken.
Nach dem Zivilprozessrecht sind für Prozesse in der Regel die Gerichte am Sitz des jeweiligen Beklagten örtlich zuständig. Anderweitige Gerichtsstandsvereinbarungen können im Handelsvertretervertrag nur getroffen werden, sofern der Handelsvertreter als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches gilt.
Die Parteien haben grundsätzlich auch die Möglichkeit, bereits im Handelsvertretervertrag eine Schiedsgerichtsvereinbarung zu treffen. Lesen Sie Mehr!
Weitere Tipps
- Für den Handelsvertreter:
Der Handelsvertreter sollte grundsätzlich alle Provisionsabrechnungen seit Beginn des Vertragsverhältnisses bis über dessen Ende hinaus bis zur Abwicklung insbesondere auch des Ausgleichsanspruchs penibel und geordnet aufbewahren. Unterlässt er das, schwächt er seine Position bei einem etwaigen Provisionsstreit (und erst recht später beim Ausgleichsanspruch), da der Unternehmer in der Regel die Daten immer präsent hat.
Regelmäßig wird bei den - häufig vorformulierten - Handelsvertreterverträgen die Verjährungsfrist auf 12 Monate reduziert. Der Handelsvertreter sollte sich dieser Frist stets bewusst sein, gilt sie doch schon beispielsweise während der Zusammenarbeit für alle laufenden Provisionsansprüche (und die damit verbundenen Auskunftsansprüche) und nach Beendigung auch für den Ausgleichsanspruch. - Für den Unternehmer:
Schon bei Einleitung der Vertragsverhandlungen sind die Regeln der DSGVO insbesondere von Unternehmerseite im Auge zu behalten und entsprechende schriftliche Vorkehrungen zu treffen, die die Vertragsverhandlungen begleiten und später in den Vertrag integriert werden.
Es empfiehlt sich, eine Software vorzuhalten, die es ermöglicht, auf alle Fragen betreffend die Provision sämtlicher beschäftigter Handelsvertreter und Vertriebsbezirke mittels Knopfdruck ohne tagelange Belegsuche im Archiv, Auskunft zu erteilen, und zwar nach Gruppen (Arten der Provisionen), Kunden (sowohl einzelne als auch nach Kategorien als auch in der Gesamtheit) und Zeiträumen (beliebig verschiebbare Monats-, Jahres- und 5-Jahres-Zeiträume). Dies ist nicht nur bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs, sondern auch im Rahmen der Erstellung u.a. eines Buchauszuges mehr als hilfreich. - Für beide Vertragspartner:
Es empfiehlt sich, dass bei Beginn der Zusammenarbeit ein Altkundenverzeichnis mit den aktuellen Jahresumsätzen der vorhandenen Kunden erstellt und dem Vertrag beigefügt wird, um damit bereits im Vorfeld späterem Streit und Beweisschwierigkeiten bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs bestmöglich vorzubauen.
Schiedsgerichtsvereinbarungen sind für Handelsvertreterverträge nur bedingt geeignet. Denn anders als im internationalen Rechtsverkehr und/oder bei Streitwerten im Millionenbereich wird dadurch der „normale Handelsvertreterprozess“ betreffend Provisionen und/oder den Ausgleichsanspruch in der Regel teurer als derselbe Prozess vor dem staatlichen Gericht. Daneben führt eine Schiedsgerichtsvereinbarung dazu, dass auch kleine Streitigkeiten zwischen den Parteien vor diesem Schiedsgericht (das oft mit drei Schiedsrichtern besetzt ist) geführt werden müssen.
Alternative außergerichtliche Konfliktlösung
Kommt es im Lauf des Vertragsverhältnisses zu Meinungsverschiedenheiten gibt es verschiedene Wege der Konfliktlösung. Neben der gerichtlichen spielt die Mediation eine zunehmende Rolle im Wirtschaftsverkehr, da hier in relativ kurzer Zeit mit geringem Kapitaleinsatz Lösungen gefunden werden können.
Die Mediation kann beim MediationsZentrum der IHK für München und Oberbayern stattfinden. Die IHK unterstützt Sie mit Mediationsklauseln sowie der Mediationsordnung des MediationsZentrums.
Schiedsgerichtsvereinbarungen sind für Handelsvertreterverträge nur bedingt geeignet. Denn anders als einerseits im internationalen Rechtsverkehr, andererseits bei Streitwerten im Millionenbereich wird dadurch der „normale Handelsvertreterprozess“ betreffend Provisionen und/oder den Ausgleichsanspruch in der Regel teurer als derselbe Prozess vor dem staatlichen Gericht. Daneben führt eine Schiedsgerichtsvereinbarung dazu, dass auch kleine Streitigkeiten zwischen den Parteien vor diesem Schiedsgericht (das oft mit drei Schiedsrichtern besetzt ist) geführt werden müssen.