IHK Ratgeber

Biodiversitätsmanagement für Unternehmen

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© Romolo Tavani

Biologische Vielfalt (Biodiversität) umfasst die Vielfalt an Arten und Lebensräumen. Biodiversität ist die Grundlage unserer Existenz - sie ist Lebensgrundlage und Wirtschaftsfaktor. Auf dieser Seite finden Sie Informationen zum Schutz der Biodiversität am Firmenstandort und in der Lieferkette, zu gesetzlichen Vorgaben und Berichtspflichten, Veranstaltungen, Preisen und vielem mehr.

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Definition Biodiversität

Die offizielle Definition gemäß UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity CBD) lautet: Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören. Dies umfasst:

  • die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische Vielfalt),
  • zwischen den Arten (Artenvielfalt) sowie
  • die Vielfalt der Ökosysteme (und entsprechend der Interaktionen darin).

Artenvielfalt als Wirtschaftsfaktor

Der Verlust der Biodiversität zählt neben dem Klimawandel zu den zentralen globalen Herausforderungen der Gegenwart wie der Zukunft. Dies bestätigt zum wiederholten Male der aktuelle Global Risk Report. Dabei handelt es sich um eine Befragung von 1.400 globalen Risikoexperten und führenden Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums.

Ökosystemleistungen (wie das Bestäuben von Pflanzen durch Insekten, die Zurverfügungstellung von Rohstoffen, fruchtbaren Böden, die Regulierung des Klimas, das Binden von CO2 oder das Kulturangebot für Erholung) sind die Basis gesellschaftlichen Wohlergehens und Wohlstands und somit auch Wirtschaftsgrundlage nahezu aller Unternehmen.

Die anhaltende Abnahme der biologischen Vielfalt und der Leistungsfähigkeit der Ökosysteme ist mit verschiedenen Risiken für die Wirtschaft verbunden:

  • Physisch operative Risiken (z. B. sinkende Verfügbarkeit von und damit verbunden steigende Kosten für pflanzliche und tierische Rohstoffen sowie von Betriebsmitteln wie sauberes Wasser, Einbußen beim ästhetischen Wert der Natur).
  • Regulatorische und rechtliche Risiken (etwa Auflagen zur Regulierung der Entnahme tierischer Rohstoffe [z. B. Fangquoten] oder für die Nutzung von Umweltmedien [z. B. Emissionsgrenzwerte], Umweltschadenshaftung).
  • Marktrisiken (z. B. Veränderung des Einkaufsverhaltens durch eine stärkere Berücksichtigung von Biodiversitätsaspekten durch den Verbraucher).
  • Reputationsrisiken (z. B. Stigmatisierung von Unternehmen bzw. Branchen aufgrund negativer Auswirkungen auf die Biodiversität).
  • Finanzierungsrisiken (z. B. Anpassung von Kreditbedingungen an Natur- und Biodiversitätskriterien [z. B. Höhe der Kreditzinsen]; Rückgang der finanziellen Performance).

Es gibt viele Beispiele von Unternehmen, die sich bereits seit vielen Jahren mit dem Schutz der Biodiversität auf ihrem Firmengelände und in der Lieferkette beschäftigen.

Schutz der Biodiversität in der EU und nationalen Gesetzgebung

Die Politik beschäftigt sich zunehmend mit dem Schutz der Biodiversität und richtet ihre Gesetzgebung danach aus – auf nationaler wie auf EU-Ebene. Dabei nimmt sie auch Unternehmen immer stärker in die Pflicht:

15. UN-Biodiversitätskonferenz (Montreal)
Die UN-Mitgliedsstaaten einigten sich erstmals auf global Ziele zum Schutz, zur Wiederherstellung und zur nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt, aber auch erstmalig auf Mechanismen für eine wirksame Umsetzung der Ziele, Kontrolle und eine angemessene Finanzierung. Die Ergebnisse werden sich zunehmend in der EU-wie in der nationalen Gesetzgebung wiederfinden.
Nähere Informationen finden Sie hier Ergebnisse Weltnaturkonferenz CBD COP 15 (Montreal)

Green Deal und Biodiversität
Die Biodiversitätsstrategie der EU ist Teil des europäischen Green Deals. Ziel ist es, mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket Klimawandel und Umweltzerstörung zu mildern und Europa als ersten Kontinent bis 2050 klimaneutral zu machen.

Inhalte:
* Bis 2050 sollen keine Netto-Treibhausgase mehr ausgestoßen werden.
* Entkopplung des Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung
* Schutz der biologischen Vielfalt und die Förderung einer nachhaltigen Agrarwirtschaft

Der Green Deal enthält eine umfangreiche Palette an Maßnahmenpaketen, Aktionsplänen und gesetzlichen Novellierungen, die zusammen einen tiefgreifenden wirtschaftlichen Wandel herbeiführen sollen. Von besonderer Bedeutung für eine Vielfalt unter heimischen Tier- und Pflanzenarten ist die EU-Biodiversitätsstrategie 2030. Aktuell laufen hierzu Verhandlungen mit dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten, deren nationale Umsetzungspläne den EU-Vorgaben gerecht werden müssen.
Nähere Informationen: EU Green Deal (IHK München)

  • CSRD:

Im Rahmen der neuen Nachhaltigkeitsberichtspflicht (CSRD) befasst sich der Europäische Nachhaltigkeitsberichtsstandard ESRS E4 mit Biodiversität und Ökosystemen. U.a. sind das Festlegen biodiversitätsbezogener Ziele als Teil der Unternehmensstrategie [CW1] und einerWesentlichkeitsanalyse vorgesehen.
Nähere Informationen:
Nähere Informationen zur CSRD (Umweltbundesamt),
Nähere Informationen zur CSRD (IHK München),
Informationen zur Umsetzung der CSRD (UBi)

  • Sustainability Due Diligence Directive (CSSD):

Neben umfassenden Sorgfaltspflichten zur Einhaltung von Menschenrechten wird die Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) auch Umweltschutz- und Biodiversitätsaspekte umfassen.
Nähere Informationen: Nähere Informationen zur CSSD (Umweltbundesamt)

  • Entwaldungsverordnung:

Auch die EU Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (Entwaldungsverordnung) hat einen direkten Bezug zum Schutz der Biodiversität.
Nähere Informationen: Nähere Informationen entwaldungsfreie Lieferkette (IHK)

  • EU-Taxonomie und Biodiversität:

Erhöhung der Transparenz im Finanzsektor und bei großen Firmen mit dem Ziel, Investitionen in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu fördern. Mit der Taxonomie sind 6 Umweltziele verbunden, u.a. Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.
Nähere Informationen: Schutz der Biodiversität in der EU und nationalen Gesetzgebung

Nähere Informationen: Biodiversität und EU-Taxonomie (IHK München)

  • Nationale Biodiversitätsstrategie:

Auf nationaler Ebene wird aktuell an der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt gearbeitet, um diese an globale wie europäische Vorgaben anzupassen. Der derzeit vorliegende Entwurf enthält auch spezifische Anforderungen für Unternehmen und Finanzinstitute. Bis 2030 sollen demnach die Auswirkungen auf Ökosysteme und Ökosystemleistungen in allen privaten und öffentlichen Finanzentscheidungen als Entscheidungskriterium berücksichtigt werden.
Nähere Informationen unter: Nationale Biodiversitätsstrategie (BMUV)

Unterstützung bei einem nachhaltigen Biodiversitätsmanagement

Für den Erhalt der Artenvielfalt können Unternehmen viel tun - sowohl an ihrem Firmenstandort, als auch entlang ihrer Lieferkette.

Vielfalt am Standort - Naturnahe Firmengelände

Das Portal „Vielfalt am Standort – Schritte zu einem nachhaltigen Biodiversitätsmanagement“ sowie die verlinkten Leitfäden zeigen durch vielfältige Anregungen wie Firmengelände naturnah gestaltet werden können und wie Biodiversität in Umweltmanagementsystemen oder in der Lieferkette berücksichtigt werden kann.

Mit Phantasie und Sachverstand entstehen artenreiche Blumenwiesen, Brut- und Nistplätze für Wiesenbrüter und Bienen oder der Natur nachempfundene Landschaften und Gewässerläufe. Derart attraktiv gestaltete Außenflächen nützen der Natur und laden Belegschaft und Besucher zu einem kurzen Aufenthalt ein.

Best-Practice-Beispiele aus sieben bayerischen Unternehmen geben Anregungen.

Zur Projektwebseite "Vielfalt am Standort"

Weitere Informationen zur Schaffung von naturnahen Firmengeländen

Information artenreiche Firmengelände - Lebensräume gestalten und Artenvielfalt fördern (NABU)

Biodiversität in der Lieferkette

Unternehmerisches Handeln hat weitreichende Auswirkungen auf die Biodiversität. Weltweit werden jährlich cirka 85 Milliarden Tonnen Rohstoffe verbraucht (Quelle: LfU).Nicht nur der hohe Naturverbrauch, sondern auch die die daraus resultierenden Emissionen und Abfällen haben negative Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf die Artenvielfalt.

Das Deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und EU Code of Conduct for Responsible Business and Marketing Practises nehmen Unternehmen ab 2023 in die Pflicht, Verantwortung für die Lieferketten zu übernehmen.

Nachhaltige Lieferketten bieten Untermehmen insbesondere drei Vorteile:

  • Sie werden den steigenden Anforderungen und Regularien gerecht.
  • Sie stärken die Arbeitgebermarke und reduzieren Reputationsrisiken.
  • Sie bauen solide Beziehungen zu Lieferanten auf und sorgen somit für resiliente und transparente Lieferketten.

Leitfaden zur Umsetzung einer nachhaltigen Lieferkette: Checkliste Nachhaltige Lieferkette (IZU, BIHK)

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Fördermöglichkeiten: Natürliche Klimaschutzmaßnahmen in Unternehmen (KfW-Umweltprogramm)

Das Förderangebot für Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes in Unternehmen im KfW-Umweltprogramm bietet Unternehmen die Chance, ihre Betriebsgelände und Gebäude biodiversitätsfördernd und attraktiv zu gestalten und dabei zugleich das Klima zu schützen und klimabedingten Risiken wie Starkregen, Hitze oder Dürre zu begegnen.

Natürliche Klimaschutzmaßnahmen in Unternehmen (KfW-Umweltprogramm)

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Umweltmanagementsystem (EMAS) und Biodiversität

Der Schutz der biologischen Vielfalt ist ein Schlüsselbereich im EMAS-Umweltmanagement. In den Anforderungen an die EMAS Umweltprüfung ist vorgeschrieben, dass die EMAS-Organisationen alle direkten Aspekte ihrer Betriebsabläufe u.a. auf ihre Auswirkungen auf die biologische Vielfalt prüfen müssen. EMAS-Organisationen müssen im Rahmen der Umweltprüfung folgende Nachweise erbringen können:

  • Dokumentation der Nutzung von natürlichen Ressourcen und Rohstoffen,
  • Berücksichtigung bedeutender Umweltaspekte im Zusammenhang mit Beschaffungsverfahren und wesentlicher Umweltauswirkungen, die sich aus diesen Aspekten ergeben.

Im Rahmen der Umweltprüfung sind Organisationen dazu verpflichtet:

  • Biodiversität bei der Bestimmung des Kontextes der Organisation, sowie
  • bei der Beurteilung der Bedeutung aller direkten und indirekten Umweltaspekte, zu berücksichtigen

Sollten bei der Umweltprüfung (potentielle) direkte oder indirekte negative Wirkungen auf die biologische Vielfalt entdeckt werden, sollten möglichst messbare Ziele und Maßnahmen zur Zielerreichung definiert und im Rahmen des Umweltprogramms festgelegt werden.

Bei der Erstellung der Umwelterklärung müssen EMAS-Organisationen

  • die gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf den Schutz von Natur und biologischer Vielfalt zu beachten, die ihre Tätigkeiten, Produkte oder Dienstleistungen betreffen.
  • Weiterhin müssen EMAS - Organisationen im Rahmen einer Umwelterklärung über Biodiversitätsaspekte informieren. Kernindikator ist der „Flächenverbrauch". EMAS-Organisationen müssen in diesem Zusammenhang über die Entwicklung ihrer Flächennutzung berichten.
  • Sinnvoll ist eine Erweiterung der Berichterstattung: um eine kontinuierliche Verbesserung der Perfomance nachzuweisen - sollten weitere Indikatoren und Kennzahlen zum Schutz der Biodiversität ausgewählt werden.

Nähere Informationen

Leitfaden EMAS und Biodiversität (Bodenseestiftung)

Leitfaden: Brennpunkt Biodiversität - Leitfaden für den deutschen Mittelstand (DIHK Service GmbH)

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Sonderpreis für Biodiversität: Nachhaltiges Bauen im Fokus der Sustainability Challenge

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ruft zur Teilnahme an der Sustainability Challenge 2024 auf. In den Kategorien „Innovation“, „Start-up“ und „Forschung“ sucht die DGNB wegweisende Projekte und Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit. Erstmals wird ein Sonderpreis zum Thema Biodiversität ausgelobt.

Bewerbung und Auswahlverfahren

  • Die Bewerbungsfrist ist abgelaufen.
  • Die Gewinner werden durch eine Kombination aus Online-Voting und Abstimmung vor Ort auf dem DGNB Tag der Nachhaltigkeit am 18. Juni 2024 in Stuttgart ermittelt.
  • Die Gewinner werden auf dem DGNB Tag der Nachhaltigkeit am 18. Juni 2024 in Stuttgart bekanntgegeben.
  • Nähere Informationen