Bayerisches Wirtschaftsarchiv

Exponate des BWA 2017

Inhalt

Aluminium vom Inn

1917 gegründet, lieferten die Aluminiumwerke in Töging am Inn zu ihren Hochzeiten 40.000 Tonnen des Leichtmetalls. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte die Hütte zu den größten Aluminiumwerken in Deutschland. 1990 ging die Produktion zu Ende, 1996 wurde das letzte Ofenhaus abgeschaltet. Die Geschichte der Aluminiumwerke in Töging zeichnet das Bayerische Wirtschaftsarchiv nach.

Im bitterkalten Hungerwinter 1916/17 wurde die Steckrübe – auf bayerisch „Dotschn“ – für breite Bevölkerungskreise zum wichtigsten Lebensmittel. Auf dem Speisezettel standen Steckrübensuppe, Steckrübenauflauf, Steckrübenkoteletts, Steckrübenmarmelade und Steckrübenbrot. Mit Fortschreiten des Ersten Weltkriegs wurde auch die Versorgung mit kriegswichtigen Metallen immer angespannter. Vor allem das dringend benötigte Kupfer konnte in Deutschland nur noch zum Teil geliefert werden. Als Ersatz kam das neue Leichtmetall Aluminium zum Einsatz, dessen Zufuhr über die Schweiz aber zunehmend gefährdet war.

1917 gründeten daher das Deutsche Reich, der Bayerische Staat, die Berliner Allgemeine Elektrizitäts-AG (AEG), die Berliner Siemens-Schuckert-Werke und die Gebrüder Giulini GmbH aus Ludwigshafen in München die Innwerk Bayerische Aluminiumwerke AG. Sie sollte in dem kleinen Bauerndorf Töging am Inn eine Aluminiumhütte und in unmittelbarer Nachbarschaft eine Wasserkraftanlage für den ungeheuren Strombedarf dieser Fabrik errichten. Ausschlaggebend für die Wahl des Standorts waren die hohe Fließgeschwindigkeit des wasserreichen Inns und die natürliche Geländestufe, die für die Energiegewinnung genutzt werden konnten. Doch erst im Frühjahr 1919 begannen die Bauarbeiten am Innkanal. 1924 lieferte die Töginger Hütte schließlich das erste bayerische Aluminium.

1925 wurde die Aluminiumhütte in Töging vom Kraftwerk getrennt, die Produktion ging auf die Vereinigten Aluminiumwerke (VAW) über. In der NS-Rüstungspolitik spielte der bayerische Betrieb eine wichtige Rolle. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs lag die Produktion bei 40.000 Tonnen Aluminium. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte die Töginger Hütte zu den größten Aluminiumwerken in Deutschland. In den 1990er Jahren endete die Herstellung dieses Leichtmetalls am Inn. 1996 wurde das letzte Ofenhaus abgeschaltet. Die wechselvolle Geschichte des Unternehmens ist im Bayerischen Wirtschaftsarchiv dauerhaft dokumentiert.“

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Das unternehmerischer Multitalent Jacob Heilmann

Ganz neue Formen der Bauübernahme entwickelte der Unternehmer Jacob Heilmann (1843 - 1927): Er bot die Umbauarbeiten ganzer Häuser zum Festpreis an. Zudem setzte er sich für eine vorausschauende Stadtentwicklung ein.

Schon als Kind hatte er „das lebhafte Bedürfnis, zu organisieren und disponieren“, erinnerte sich der Architekt und Bauunternehmer Geheimer Kommerzienrat Jacob Heilmann. Nach dem Besuch der Gewerbeschule in Aschaffenburg machte der gebürtige Unterfranke 1865 in München seine Baumeisterprüfung. Seinen „Feinschliff“ holte er sich unter anderem in Berlin bei Martin Gropius, einem Schüler des bekannten preußischen Architekten und Malers Karl Friedrich Schinkel.

Nachdem er zunächst im Eisenbahnbau tätig gewesen war, legte er ab 1877 in München seinen unternehmerischen Schwerpunkt auf den Hochbau. Frühzeitig setzte er sich für eine vorausschauende und umfassende Stadtentwicklung ein. In Nymphenburg-Gern verwirklichte Heilmann erstmals ein neues städtebauliches Wohnprojekt. Mit der Erschließung des Geländes entlang der Isar südlich von München mit den Siedlungen Harlaching und Solln entstand 1895 die Heilmannsche Immobilien-Gesellschaft, die bald zu den führenden Terraingesellschaften Süddeutschlands gehörte. In Zusammenarbeit mit dem Bankier Wilhelm von Finck gründete der vielseitige Unternehmer 1894 die Isarwerke GmbH, die das elektrische Wasserkraftwerk bei Höllriegelskreuth betrieb – eines der ersten regionalen Energieversorgungsunternehmen. Gemeinsam mit seinem Schwiegersohn, dem Architekten Max Littmann, errichtete Heilmann eine Vielzahl von Bauten, die das Münchner Stadtbild prägten. 1896 übernahm das Unternehmen den Neubau des Münchner Hofbräuhauses. Die Firma Heilmann & Littmann zeichnete auch für den Bau des Prinzregententheaters, der Schackgalerie und des Kaufhauses Oberpollinger verantwortlich. Bis zu seinem Tod war Jacob Heilmann noch unternehmerisch tätig. Vor 90 Jahren starb er am 15. Februar in München.

„Die Kraft des Guten“‎

Die Pfanni-Werke setzten mit ihren neuartigen Fertigprodukten Maßstäbe in der deutschen Lebensmittelbranche. Bis zum ersten Knödel aus der Packung war es jedoch ein weiter Weg.

1868 gründete der aus dem mittelfränkischen Emskirchen stammende Johannes Eckart in München am Salvatorplatz eine Fruchtsaftfabrik. Der Zeitpunkt war günstig. In Bayern nahm die Industrialisierung gerade Fahrt auf und kurz zuvor war die neue Gewerbefreiheit in Kraft getreten. Die Reform ermöglichte es, ohne den Nachweis einer abgelegten Befähigungsprüfung ein Gewerbe auszuüben. Nach und nach versuchte Eckart, auch andere Lebensmittel zu konservieren. Der Betrieb florierte und erhielt sogar den Titel eines Königlich Bayerischen Hoflieferanten.

Im Ersten Weltkrieg lag der Produktionsschwerpunkt in der Fleischverarbeitung. Angeblich stieg die Verarbeitungskapazität damals auf bis zu 200 Rinder und 500 Hammel. Darüber hinaus arbeitete die Firma Johannes Eckart bereits im Ersten Kriegsjahr 1914 mit einem Trocknungsverfahren für Kartoffeln. Hauptabnehmer für Trockenkartoffeln in großen Mengen war in beiden Weltkriegen die deutsche Wehrmacht. Mit der Währungsreform eröffnete sich ein neuer Markt. Werner Eckert, der Enkel des Firmengründers, hatte zwei wesentliche Voraussetzungen für den späteren Verkaufsschlager erkannt: Zum einen gehörte die Kartoffel zu den beliebtesten deutschen Beilagen, zum anderen war die Vorbereitung mit Waschen, Schälen und Reiben für die Hausfrau zeitaufwändig und mühsam. 1949 stellte Eckart den ersten Pfanni-Knödel „halb und halb“ auf der Südwestdeutschen Hotel- und Gaststätten-Ausstellung in Mannheim vor – und die Idee kam im deutschen Wirtschaftswunderland gleich an. Im Pfanni-Werk hinter dem Münchner Ostbahnhof entstand Europas größte „Knödelküche“. Anfang der 1990er Jahre schrumpften jedoch die Umsätze bei Pfanni, die Konkurrenz war zu groß und 1993 wurde das Unternehmen verkauft. 1996 gingen in der Fabrik in München endgültig die Lichter aus. Heute steht das ehemalige Werksgelände wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit, denn auf diesem Areal könnte ein neues Stadtviertel entstehen und sogar ein neuer Konzertsaal.

Die Pfanni-Werke setzten mit ihren neuartigen Fertigprodukten Maßstäbe in der deutschen Lebensmittelbranche. Die im Bayerischen Wirtschaftsarchiv verwahrte historische Überlieferung dieses Unternehmens dokumentiert den Werdegang vom Aufstieg bis zur Betriebsschließung. Dass sich der Name „Pfanni“ aus einer Verbindung einer bodenständigen Köchin namens Fanni mit der Pfanne ableitet, ist wohl eher eine gut erfundene, nette Geschichte.“

Harald Müller M.A., Wiss. Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Königliche Kunden

Er war heiß begehrt und sorgte im vormaligen Königreich Bayern für allerhöchstes Renommée: der Titel eines Hoflieferanten. Für Geschäftsinhaber und Fabrikanten kam diese Ehrung fast einem Ritterschlag gleich.

Wer mit dem „Großen Königlichen Wappen“ werben durfte, hatte es ganz an die Spitze geschafft. Die Voraussetzungen für die Verleihung waren streng: Der Antragsteller musste die bayerische Staatsangehörigkeit haben und 30 Jahre alt sein. Er sollte sein Unternehmen seit rund sechs Jahren führen und über einen tadellosen Ruf verfügen, dazu „einwandfreie Vermögens-, Kredit- und Familienverhältnisse vorweisen“ und sich außerdem durch eine „königstreue Gesinnung“ auszeichnen.

Ganz wichtig: Das Geschäft musste „erstklassig“ sein und am jeweiligen Ort eine „hervorragende“ Stellung einnehmen. Die erste im bayerischen Regierungsblatt veröffentlichte Auszeichnung ging 1817 an den Hof-Silber-Arbeiter Joseph Weishaupt. Insgesamt 1700-mal wurde der Titel des königlich bayerischen Hoflieferanten verliehen, bis mit der Novemberrevolution und dem Ende der Monarchie 1918 das Ehrenzeichen seine Bedeutung verlor.

Für die Titelverleihung war der Königliche Obersthofmeisterstab verantwortlich. Die meisten Auszeichnungen konnte München verbuchen, wo die bayerischen Monarchen mit ihrem Hof residierten. Im Bayerischen Wirtschaftsarchiv hat sich die Überlieferung ehemaliger Hoflieferanten wie z.B. das Wäschehaus Rosner & Seidl, die Telefonfabrik Friedrich Reiner oder die Optischen Werke G. Rodenstock erhalten.

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

200 Jahre Fahrrad: Mobilität auf zwei Rädern

Vom Luxusartikel zum alltäglichen Verkehrsmittel: Die Geschichte des Fahrrads nahm vor 200 Jahren ihren Ausgang in Bayern. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv stellt sie vor.

Ein badischer Forstbeamter hatte 1817 die Idee, ein Fortbewegungsmittel mit menschlicher Muskelkraft zu konstruieren. Vor staunendem Publikum sauste Karl Freiherr von Drais mit seinem Laufrad von Mannheim nach Schwetzingen und zurück und war dabei schneller als die herkömmliche Postkutsche.

In der Folgezeit trieben Tüftler und Techniker die Entwicklung zum modernen Fahrrad voran. Es war ein bayerisches Unternehmen, das sich die Freilaufnabe mit Rücktrittbremse patentieren ließ: Die Schweinfurter Firma Fichtel & Sachs produzierte ab 1903 unter dem Namen „Torpedo“ die erfolgreiche Hinterradnabe. In den 1880er Jahren gründeten sich in München die ersten Fahrradvereine. „All Heil“ war damals der übliche Radfahrergruß. Ab 1883 waren Veloziped-Wettfahrten sogar fester Programmpunkt beim Oktoberfest.

Mit der industriellen Serienproduktion wandelte sich das Fahrrad zum Massenverkehrsmittel. Im Mai 1907 nahmen die „Roten Radler“ in München ihren Betrieb auf und gehörten bald zum vertrauten Anblick im Stadtbild. Ludwig Thoma hat die flotten Fahrradkuriere in seiner Erzählung „Der Münchner im Himmel“ 1911 literarisch verewigt. Erst die Motorisierung verdrängte die Zweiradboten völlig. Doch angesichts der steigenden Verkehrsdichte in den Großstädten und vor dem Hintergrund eines wachsenden ökologischen Bewusstseins erlebte diese Branche eine Renaissance. Bereits 1985 wurde in München der vermutlich erste europäische Fahrradkurierdienst moderner Prägung eröffnet.

Über Jahrzehnte hinweg war das sog. Veloziped ein Luxusartikel. Häufig begannen Nähmaschinenfabriken mit der Herstellung von Fahrrädern. Auch der Münchner Jean Strobel verlegte sich neben dem Bau von Nähmaschinen 1883 in seiner „Ersten Münchner Veloziped-Fabrik“ auf die Konstruktion von Hochrädern und sogar Drei-Personen-Tandems. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv verwahrt zahlreiche Bilder und Dokumente zur Zweiradgeschichte.

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Schiffbau weiß-blau

Der Bayerische Schiffbau hat große Tradition. Dabei wurde auch für die Schiffahrt auf dem Atlantik gebaut. Das Exponat des Monats Juni 2017 zeigt einige Fundstücke.

Als 1851 das erste Dampfschiff „Maximilian“ aus der Maschinenfabrik des Eisenbahnpioniers Joseph Anton von Maffei am Starnberger See vom Stapel lief, war der grüngestrichenen, 30 Meter langen Attraktion kein großer Erfolg beschieden. Zu einsam und entlegen war damals der See und das „aengstliche“ Publikum hatte noch kein rechtes Vertrauen in das neue Verkehrsmittel. Das sollte sich erst mit der Anbindung Starnbergs an die Eisenbahn ändern.

Frühzeitig investierte Maffei in die Dampfschifffahrt auf Donau und Inn und errichtete in Regensburg eine eigene Werft. Doch die Eisenbahn verdrängte zunehmend die Schifffahrt in Bayern. Gegen Ende der 1870er Jahre erfreute sich aber die Ausflugsschifffahrt auf den bayerischen Seen großer Beliebtheit und Maffei lieferte die großen Dampfer.

Die Chiemseeschifffahrt Ludwig Fessler setzte ab 1887 für die Fahrten von Prien zur Herreninsel mit dem Märchenschloss König Ludwigs II. den Raddampfer „Luitpold“ ein. Vor 130 Jahren fand im Juni der feierliche Stapellauf des von Maffei erbauten Schiffs statt, das bis 1969 seinen Dienst auf dem bayerischen Meer versah. Auf dem Ammersee betrieb ab 1880 Reichsrat Hugo von Maffei, ein Neffe des Firmengründers, sogar eine eigene „Aktiendampfschifffahrtsgesellschaft“. Ein nach der bayerischen Prinzessin Marie Therese benannter Flussdampfer mit dem schönen Spitznamen „Mooskuh“ brachte die Ausflugsgäste von der Bahnstation auf der Amper nach Stegen zur eigentlichen Ablegestelle am See. Nach der Auslieferung von insgesamt 44 Schiffen stellte die Unternehmensleitung von Maffei 1926 den Schiffbau endgültig ein.

Der Bayerische Schiffbau hat große Tradition. In den Beständen des Bayerischen Wirtschaftsarchivs findet sich neben der Überlieferung von Krauss-Maffei auch die Geschichte der Bayerischen Schiffbaugesellschaft vorm. Anton Schellenberger in Erlenbach am Main. Die Wurzeln reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. In den 1950er Jahren lieferte das Unternehmen die ersten in Bayern gebauten Schiffe für atlantische Fahrt.

Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

‎„Mit allem Comfort der Neuzeit“: Hotels in München‎

Zwischen 1902 und 1908 wuchs die Anzahl der Fremden in München rasant. Gleichzeitig gab es immer mehr Hotels. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv hat eine Vielzahl von historischen Zeugnissen.

Wenn dem bayerischen König Ludwig I. (1786-1868) der Sinn nach einem gepflegten Wannenbad stand, so ging er dazu in das Hotel Bayerischer Hof. Die eigene Residenz konnte diese hochmoderne Annehmlichkeit noch nicht bieten. Der Monarch hatte den Industriellen und späteren Eisenbahnpionier Joseph Anton von Maffei dazu überredet, ein Hotel für vornehme Reisende zu eröffnen.

Kein Geringerer als der königliche Lieblingsarchitekt Friedrich von Gärtner baute das ehemalige Wirtshaus am Promenadeplatz zu einer Luxusherberge um. Sie nahm 1841 den Betrieb auf. Der Fremdenverkehr entwickelte sich zu einem wichtigen Zweig des Münchner Erwerbslebens. „Die Stadt wird wegen ihrer Schönheit von jedermann bewundert“, hieß es in einem Führer von 1852.

Dem anspruchsvollen Touristen stand eine ganze Reihe von Edelhotels zur Verfügung. 1858 begrüßte das neue Hotel „Zu den vier Jahreszeiten“ in der Maximilianstraße den ersten Gast. Seit 1892 bot das Hotel Continental in der Max-Joseph-Straße 4 „wie in einem Fürstenpalais vornehme Zimmer und Salons“. 1908 eröffnete das Regina-Palast-Hotel am Maximiliansplatz, bis zu seiner Schließung 1975 eine der beliebtesten Faschingshochburgen Münchens. Ein kurzes Dasein war dem Hotel Oberpollinger in der Neuhauser Straße beschieden. 1903 musste es einem Kaufhaus weichen, das noch heute seinen Namen trägt.

Zwischen 1902 und 1908 kletterte die Zahl der gemeldeten Fremden in München von rund 331.000 auf etwa 538.000 Personen. Entsprechend nahm das Hotel- und Pensionswesen einen starken Aufschwung. Im Wirtschaftsarchiv hat sich eine Vielzahl von bildlichen Quellen kleinerer und größerer Übernachtungsbetriebe erhalten.

Harald Müller M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Die Kino-Königin Ilse Kubaschewski

Das Filmgeschäft ist hart. Ilse Kubaschewski ist eine der ganz wenigen Frauen, die sich in diesem Metier durchsetzen konnte. Sie produzierte und verlieh über 500 Filme. Am 18. August wäre sie 110 Jahre alt geworden. Das Wirtschaftsarchiv widmet ihr das Archiv des Monats August 2017.

Das Magazin „Spiegel“ widmete ihr vor 60 Jahren eine eigene Titelgeschichte, sie zierte die bundesdeutschen Klatschspalten der Fünfziger und Sechziger Jahre. Erst in den späten Achtzigern wurde es etwas ruhiger um die große Filmunternehmerin Ilse Kubaschewski. Am 18. August 1907 – vor 110 Jahren – erblickte sie in Berlin als älteste Tochter eines Postbeamten das Licht der Welt.

Mit dem Kino kam sie frühzeitig in Berührung: Ihre Mutter arbeitete zeitweise als Stummfilmpianistin und die kleine Ilse begleitete sie gelegentlich auf der Geige. Innerhalb kürzester Zeit schaffte die gelernte Filmdisponentin nach dem Zweiten Weltkrieg in München mit ihrer Gloria-Filmfirma den Sprung in die Spitze der deutschen Traumfabrikanten. Mit Heimatfilmen wie „Grün ist die Heide“ oder „Wenn die Abendglocken läuten“ stillte sie das nachkriegsbedingte Bedürfnis nach heiler Welt. Die „Kuba“, wie sie in Branchenkreisen genannt wurde, brachte aber auch anspruchsvollere Werke auf den Markt. Das 1957 von Robert Siodmak inszenierte Kriminaldrama „Nachts, wenn der Teufel kam“ wurde als erster deutscher Nachkriegsfilm für den Oscar nominiert. In den Siebziger Jahren sorgte Ilse Kubaschweski noch einmal für dicke Schlagzeilen, als sie ihre Filmfirma für neun Millionen Mark verkaufte. 2001 ist sie gestorben. Heute erinnert noch das Kino mit dem klingenden Namen Gloria Palast am Münchner Stachus an ihr Wirken.

Ilse Kubaschweski gehörte zu den ganz wenigen Erfolgsfrauen im harten Filmgeschäft. Sie produzierte und verlieh über 500 Filme, darunter auch den Klassiker „La dolce vita“ von Federico Fellini. Mit der Überlieferung der Gloria-Film verwahrt das Bayerische Wirtschaftsarchiv einen wichtigen Bestandteil deutscher Filmkultur.

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

‎„O’druckt is!‎: Das graphische Gewerbe in München

Die Lithographie nahm in München ihren Ursprung: Dort entwickelte Alois Senefelder im Jahr 1797 das neuartige Druckverfahren. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv BWA hat eine umfangreiche Sammlung von graphischen Blättern.

Der junge Schauspieler und Stückeschreiber Alois Senefelder war ordentlich verärgert, als die Druckerei sein Bühnenwerk nicht rechtzeitig lieferte und ihm sein Verleger das vereinbarte Honorar nicht auszahlte. Der verhinderte Autor beschloss darauf hin, den Satz und Druck seiner Werke selbst in die Hand zu nehmen, und das Ganze für kleines Geld.

Vor 220 Jahren brachte er 1797 in München das Lithographie-Verfahren auf den Weg, das der Drucktechnik völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnete. Senefelder trug seine Motive mit Fettkreide oder -tusche auf eine plan geschliffene Steinplatte aus den Solnhofener Kalksteinbrüchen auf, benetzte die Fläche dann mit fettabweisendem Gummiarabikum und walzte anschließend die fetthaltige Farbe darüber. 1834 machten die Steinplatten den leichteren Zinkplatten Platz, mit denen dann um 1900 der Offset-Druck kam. Die Druckindustrie entwickelte sich in der Kunststadt München zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Firmen wie Brend’amour, Simhart & Co gehörten zu den bedeutendsten graphischen Anstalten in Deutschland. Die Verlagsdruckerei von Rudolf Oldenbourg beschäftigte vor dem Ersten Weltkrieg knapp 500 Mitarbeiter.

Das Bayerische Wirtschaftsarchiv verfügt über eine umfangreiche Sammlung von graphischen Blättern zu einer Vielzahl von Themen. Illustrierte Zeitschriften wie das 1858 gegründete Wochenblatt „Über Land und Meer“ verwendeten noch keine Fotografien, sondern setzten Grafiken zur Bebilderung ihrer Beiträge ein.

Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

„Lok trifft Traktor“: Filme aus der Wirtschaftswelt‎

Das Bayerische Wirtschaftsarchiv hat viele historische Filme aus der Wirtschaftswelt im Bestand. Zu den historischen Schätzen gehört auch ein Film der Löwenbrauerei, der einen Einblick in die Sudstätte vermittelt.

Als die Bilder laufen lernten, präsentierte der französische Chemiker und Fabrikant Louis Lumiére 1895 bei einem Vortrag in einem kurzen Streifen, wie am Feierabend Arbeiter und Angestellte seine Fabrik verlassen und der Pförtner das Fabriktor absperrt. Es war wohl der erste Film der Welt.

Schon 1905 flimmerten Aufnahmen von Automobilrennen und Fischkuttern in der Nordsee über die Leinwand. 1912 gab die Deutsche Reichspost den ersten deutschen Industriefilm in Auftrag. Die großen Industrieunternehmen zogen nach. 1925 ließ die Münchner Maschinenfabrik J. A. Maffei unter dem Titel „Vom Rohstoff zur fertigen Lokomotive“ in ihrem Werk einen Film drehen, den sie zu Werbezwecken nutzte. Er zählt zu den ältesten deutschen Industriefilmen. 1838 hatte der Lokomotivbau in Bayern seinen Anfang genommen. Der Industriepionier Joseph Anton von Maffei errichtete eine Fabrik im Englischen Garten und stellte 1841 der Öffentlichkeit das Dampfross „Der Münchner“ vor.

Auch der Freisinger Traktorenhersteller Schlüter nutzte das Medium des Films, um seine landwirtschaftlichen Nutzfahrzeuge professionell zu vermarkten. Das 1899 gegründete Unternehmen hatte 1937 in seinem Freisinger Werk mit dem Schlepperbau begonnen. In den 1960er Jahren spezialisierte sich Schlüter auf den Bau von Großtraktoren. 1978 entstand der stärkste Schlepper Europas, der Profi Trac 5000 TVL mit 500 PS. Als 1993 im Schlüter-Werk die Lichter ausgingen, wurde die Produktion nach Schönebeck in Sachsen-Anhalt verlegt und später eingestellt. Die Schlüter-Traktoren mit dem Werbeslogan „bärenstark“ sind heute Kult.

Zur Langen Nacht der Münchner Museen am 14. Oktober präsentiert das Bayerische Wirtschaftsarchiv in der IHK-Akademie an der Orleansstraße seine historischen Filmschätze. Mit dabei ist auch ein Informationsfilm der Löwenbrauerei aus dem Jahr 1966, der einen zeittypischen Einblick in die traditionsreiche Sudstätte vermittelt.“

Harald Müller, M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchiv BWA

‎„Im Zeichen des Vergissmeinnicht“: Der Harbni-Orden

Eine ironisch gefärbte Schwärmerei fürs Mittelalter prägte den Harbni Orden im München vor allem Ende des 19. Jahrhunderts. Der Orden, dem Professoren, Wissenschaftler und Künstler angehörten, bestand bis zum Jahre 1981, Erfahren Sie mehr über seine Geschichte.

„Treffen sich drei Deutsche, gründen sie einen Verein“, heißt es in einem alten Witz. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2014 geht die British American Tobacco-Stiftung für Zukunftsfragen von rund 600.000 Vereinen in Deutschland aus. Das Vereinsleben hat hierzulande Tradition.

Bereits im 19. Jahrhundert blühte eine Vielzahl von Freundeskreisen, Künstlergesellschaften, Vereinen und Kränzchen. Ab 1850 nahm in Bayern die Zahl sprunghaft zu, weil bei den nichtpolitischen Zusammenschlüssen die staatliche Genehmigungspflicht wegfiel. Damals gründete sich in München der Harbni-Orden – ein Geselligkeits-Verein wider den tierischen Ernst, der spielerisch mittelalterliches Ritterleben pflegte und bis 1981 bestand. Der Name ging wohl auf eine Zeile in einem alten Volksmusiklied zurück: „s‘Deandl is harb auf mi“.

Die Mitglieder kamen aus der Oberschicht der königlich-bayerischen Residenzstadt. Es waren Professoren, Künstler, hohe Beamte und Offiziere, Kommerzienräte, Medizinalräte, die sich Ritter-Namen gaben und damit auch ansprachen. So verbarg sich hinter dem schönen Titel „Banzenburg der Fehltafinger“ kein anderer als der Brauereibesitzer August Pschorr. Zu den Höhepunkten im Vereinsjahr zählte das Ordensfest, bei dem sog. Novizen ihren Ritterschlag erhielten. Zur Anziehungskraft des Ordens trugen auch die „Lätizel“ bei, selbst verfasste Theaterstücke, die die Harbni-Mitglieder mit großer Hingabe zum Gaudium des geladenen Publikums zur Aufführung brachten.

Zu den Raritäten in unseren Beständen gehört die - leider bruchstückhafte - Überlieferung des Harbni-Ordens. Seine Mitglieder betrieben die damals weit verbreitete Schwärmerei für das Mittelalter mit einem Augenzwinkern und viel geistreichem Humor. Ein gern gesehener Gast im Harbni-Orden war der Wasserkraftpionier und Elektrotechniker Oskar von Miller.

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

‎„Verkehrswirtschaftliche Treibkraft von hoher Bedeutung“: Die Localbahn AG ‎München

‎Bis 1905 verfügte die Localbahn AG München bereits über 901 Bahnkilometer und galt damit als "verkehrswirtschaftliche Treibkraft".

1902 setzte der bayerische Schriftsteller Ludwig Thoma mit der gleichnamigen Komödie den Lokalbahnen ein literarisches Denkmal. In seinem Bühnenstück wogt in der fiktiven Gemeinde Dornstein – gemeint war Traunstein – ein Streit um Für und Wider eines neuzeitlichen Bahnanschlusses.

Zwar bestanden damals bereits die großen Verkehrsnetze der Eisenbahn. Doch es waren private Gesellschaften, die örtlich getrennte, wirtschaftlich und technisch ganz verschieden gelagerte Strecken einrichteten und den schon vorhandenen angliederten. 1887 wurde die Localbahn-Actiengesellschaft in München gegründet. Dahinter standen die Lokomotivfabrik Krauß & Co und die Lokalbahn-Bau- und Betriebsunternehmung Lechner & Krüzner. Schnell kam das Unternehmen in Schwung. Bis 1905 verfügte es bereits über 901 Bahnkilometer. Zu den ersten Bahnen gehörte die - später verkaufte - Feldabahn in Sachsen-Weimar, die Verbindung Ravensburg-Weingarten in Württemberg und die Bahn Sonthofen-Oberstdorf im bayerischen Allgäu. 1889 folgte die Walhalla-Bahn von Stadtamhof (Regensburg) nach Donaustauf. 1890 wurde der erste Spatenstich an der Strecke Fürth-Zirndorf-Cadolzburg gesetzt. Wichtig für den aufkommenden Ausflugsverkehr wurde der Bau der Isartalbahn von München nach Bichl, die 1898 fertiggestellt wurde.

Die Localbahn setzte aber auch auf andere Verkehrsmittel und eröffnete 1905 mit fünf Automobilen eine Verbindung von Kochel nach Walchensee und Mittenwald. Es war der erste öffentliche Kraftwagenbetrieb in Bayern. Die Lokalbahn AG engagierte sich frühzeitig in Österreich und auch in Ungarn, wo sie mehr als 700 Kilometer Bahnstrecke kontrollierte. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs geriet die Gesellschaft in Schieflage. Der Verlust der ungarischen Bahnen und die Weltwirtschaftskrise machten ihr sehr zu schaffen. 1938 erfolgte schließlich das endgültige Aus.

Noch vor der offiziellen Betriebseröffnung der Linie Füssen – Markt Oberdorf hatte die Localbahn eine traurige Pflicht zu erfüllen. Sie transportierte am 18. Mai 1889 den Leichnam der Königinmutter Marie von Bayern. Obwohl das Unternehmen schon vor rund 80 Jahren seine Tätigkeit einstellte, haben sich seine Spuren im Bayerischen Wirtschaftsarchiv erhalten.

Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchiv