Pressemeldung vom 19.05.2022

BIHK-Konjunkturumfrage: Maximale Unsicherheit bremst Corona-Erholung aus

industrie_1

19.05.2022 - Die von der bayerischen Wirtschaft zu Jahresbeginn erhoffte Erholung nach der Corona-Pandemie fällt größtenteils aus. Stattdessen sorgen Preis-Schocks bei Energie, Rohstoffen und Vorprodukten sowie Lieferprobleme für maximale Unsicherheit. Weitere Störfaktoren sind die rigide Null-Covid-Strategie in China, Bayerns global wichtigstem Beschaffungsmarkt, sowie die konjunkturell kritische Lage in den USA, Bayerns Exportpartner Nummer eins. Der BIHK-Konjunkturindex bricht im Vergleich zum Jahresbeginn von 124 auf 112 Punkte ein. Der Index liegt damit knapp unter seinem langjährigen Durchschnitt, so das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) unter 3.500 Unternehmen.

Deutlicher Stimmungseinbruch wegen Preisexplosionen und gestörten Lieferketten

„Die Verunsicherung der Unternehmen ist massiv. Zwar sind viele Firmen mit der aktuellen Geschäftslage noch weitgehend zufrieden. Die vollen Auftragsbücher auf Rekordniveau in Industrie und Baugewerbe sind aber auch Zeichen eines Auftragsstaus – die Unternehmen wissen angesichts von Preissteigerungen sowie von Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen und Materialien oftmals nicht, wann sie die Aufträge erfüllen können und ob sich die Geschäfte am Ende noch rechnen werden“, sagt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl.

So bleibt die aktuelle Geschäftslage mit einem Saldo von 32 Punkten in der Gesamtsicht zwar stabil auf überdurchschnittlich gutem Niveau. Die Geschäftserwartungen als zweite Komponente der Indexberechnung stürzen dagegen per Saldo um 22 Punkte auf minus 6 Zähler ab. „Besonders stark brechen die Erwartungen des Baugewerbes und der Industrie ein, aber auch der Handel und die Dienstleistungsbranche blicken skeptisch auf die kommenden Monate. Lediglich der Tourismus erwartet eine gute Sommersaison“, sagt der BIHK-Hauptgeschäftsführer.

Als größtes Risiko für die kommenden zwölf Monate melden 75 Prozent der Unternehmen die Energie- und Rohstoffpreise. In der Industrie und in der Baubranche liegt dieser Wert sogar bei 94 bzw. 90 Prozent. Auch der Fachkräftemangel bleibt für 61 Prozent aller Unternehmen eine große Sorge.

Die unsichere Gemengelage sorgt für spürbare Zurückhaltung bei den Investitionen. Der Saldo der Investitionspläne – das heißt die Differenz der Anteile von Unternehmen, die ihre Investitionstätigkeit erhöhen möchten, und jenen, die ihre Investitionen kürzen wollen – sinkt im Vergleich zum Jahresbeginn von 19 auf 8 Punkte. Ihre Fachkräftesicherung wollen die Unternehmen wegen des akuten Fachkräftemangels nicht unterbrechen. Per Saldo sinken die Beschäftigungspläne im Vergleich zum Jahresbeginn nur leicht von 13 auf 10 Punkte. Der Stellenaufbau wird also weitergehen, wenn auch mit schwächerer Dynamik.

BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz sieht die Politik vor großen Herausforderungen und insbesondere bei der Energiepolitik vor einem heiklen Balance-Akt: „Die Versorgungs­sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft müssen absolute Priorität haben. Gleichzeitig ist die Abhängigkeit von Russland bei Energie und Rohstoffen zu reduzieren. Deshalb muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch beschleunigt werden. Aber: Weitere Energie-Preisschübe dürfen mit diesen Maßnahmen unter keinen Umständen ausgelöst werden, wenn wir Bayern als Industriestandort erhalten wollen.“

Lutz fordert daher zielgerichtete Entlastungen für Unternehmen, die besonders unter den hohen Energiepreisen leiden. Außerdem sollte die Politik die Unternehmen bei der Diversifizierung ihrer Beschaffungsmärkte unterstützen, indem sie neue Freihandelsabkommen abschließt, unter anderem mit Lateinamerika, Indien, Australien und Neuseeland. Eine klare Absage erteilt der BIHK-Präsident allen zusätzlichen bürokratischen Belastungen der Wirtschaft.