Konjunktur Frühjahr 2017

Boom mit Turbolader

Die bayerische Wirtschaft startet rekordverdächtig ins Sommerhalbjahr. Der Stimmungsindikator
der bayerischen Wirtschaft – der BIHK-Konjunkturindex - springt um 5 Zähler auf 135 Punkte. Der bisherige Stimmungsrekord der Konjunktur vom Frühjahr 2011 (136 Punkte) ist damit in greifbarer Nähe. Dies ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage.

Die aktuelle Geschäftslage der bayerischen Wirtschaft bringt Bestnoten. Ihre Lage mit der Höchstnote „gut“ bewerten 56 % der Betriebe, nur 5 % sind unzufrieden. Per Saldo sind die Bewertungen gegenüber Jahresbeginn um 5 Zähler auf 51 Punkte weiter angestiegen. Dies ist ein neuer Rekord in den seit 1993 laufenden BIHK-Konjunkturumfragen.

Voller Zuversicht blicken die Unternehmen auch auf die kommenden 12 Monate: 28 % der bayerischen Unternehmen rechnen mit einer (weiteren) Belebung und nur 8 % mit einer Eintrübung. Der Konjunkturboom läuft ungebremst weiter. Fast alle Teile der bayerischen Wirtschaft befinden sich im Boom. In gleich drei Branchen werden neue Rekorde bei den Lagebewertungen aufgestellt: Günstige Finanzierung, sichere Arbeitsplätze sowie der Run auf Immobilien als Anlageform sorgen für beste Stimmung im Baugewerbe. Auf Hochtouren läuft auch die Industrie, der traditionelle Konjunkturmotor der bayerischen Wirtschaft. In den drei wichtigsten Exportmärkten – Nordamerika, China und der Eurozone konnten ebenso zusätzliche Aufträge gewonnen werden, wie auch im Inland. Einen neuen Zufriedenheitsrekord stellen auch die bayerischen Dienstleister auf.

Ausblick

Diese Ergebnisse sind angesichts der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheitsfaktoren bemerkenswert. Sei es der Brexit, der Kurs der neuen US-Regierung oder geopolitische Krisenherde - alle Risiken scheinen von der Wirtschaft abzuperlen. Dies bestärkt die Unternehmen in ihrem Vertrauen in die Stabilität des Aufschwungs. Bayerische Produkte sind wettbewerbsfähig und erfreuen sich weltweit einer großen Nachfrage.

Die Unternehmen drücken dies auch in ihren mittel- bis langfristig wirkenden Entscheidungen aus. In den kommenden zwölf Monaten wollen sie mehr investieren und zusätzliches Personal einstellen. Rund jedes fünfte bayerische Unternehmen rechnet damit Personal aufstocken zu können und nur knapp jedes zehnte will Stellen streichen. Die Personal-Wunschliste dürfte noch länger sein, doch ihrer Realisierung steht der Fachkräftemangel entgegen, denn im Vergleich zum Jahresbeginn hat sich dieses Risiko nochmals verschärft.

Branchen

Die bayerische Industrie ist auf Rekordjagd. Der traditionelle Motor der bayerischen Wirtschaft hat Fahrt aufgenommen und läuft zur Bestform auf. Die Bestellungen aus dem Inland sind spürbar angestiegen und auch aus den drei wichtigsten ausländischen Absatzmärkten - der Eurozone, Nordamerika und China – vermelden mehr Unternehmen ein Auftragsplus. Dementsprechend zufrieden sind die Betriebe mir ihrer Geschäftslage. Mit 53 Punkten erreicht der Lagesaldo den höchsten Wert seit Beginn der BIHK-Konjunkturumfrage im Jahr 1993. Fast 60 % der Unternehmen sind zufrieden und nur 5 % unzufrieden.

Auch auf mittlere Frist sind die Unternehmen zuversichtlich. Sie wollen ihre Investitionen im
Inland ausweiten. Zuletzt 2011 war die Investitionsbereitschaft so hoch wie derzeit. Ebenfalls auf den höchsten Stand seit 6 Jahren gestiegen sind die Beschäftigungspläne: 22 % der Betriebe möchten Personal einstellen und rechnen daher mit einer steigenden Belegschaft, nur 10 % erwarten einen Personalabbau.

Die aktuellen Protektionismus-Debatten und der Kurs der neuen US-Regierung stellen für mehr als jedes zweite Unternehmen ein Risiko dar. Hierzulande ist der Fachkräftemangel für die Industrieunternehmen das größte Problem: 50 % sehen in ihm ein Geschäftsrisiko.

Das bayerische Baugewerbe läuft mit sehr hoher Drehzahl. Die Unternehmen sind mit ihrer aktuellen Lage so zufrieden wie noch nie seit Beginn der IHK-Konjunkturumfrage im Jahr 1993: 70 % melden eine gute Geschäftslage und fast kein Unternehmen eine schlechte. In keiner anderen Branche wurden jemals höhere Werte gemessen.

Angesichts der bereits außerordentlich hohen Auslastung, wollen die Unternehmen ihre Kapazitäten erweitern. Auch beim Personal wollen sie aufstocken: 15 % der Unternehmen rechnen damit, dass sie in den kommenden 12 Monaten ihre Belegschaft ausweiten können und nur 5 % müssen Stellen streichen. Dass die Beschäftigungsplanungen nicht höher sind, dürfte am Fachkräftemangel liegen: 83 % sehen in ihm ein Geschäftsrisiko.

Der bayerische Handel brummt. Ausgehend von bereits jetzt gut laufenden Geschäften erwarten die Händler in den kommenden 12 Monaten eine kräftige Belebung. Daher möchten sie zusätzliches Personal einstellen: 15 % gehen von einer steigenden Beschäftigtenzahl in ihrem Unternehmen ausund nur 9 % davon, dass sie Stellen streichen müssen.

Insgesamt sind 44 % der bayerischen Einzelhändler mit ihrer aktuellen Lage zufrieden und nur 11 % unzufrieden. Für die kommenden 12 Monate rechnet der Einzelhandel mit weiter anziehenden Geschäften. Allerdings profitieren nicht alle Einzelhändler gleichermaßen: Während die Umsätze im stationären Einzelhandel unter Druck sind, zieht das Onlinegeschäft an.

Hervorragende Geschäfte macht auch das bayerische Dienstleistungsgewerbe: 57 % der Dienstleister sind mit ihrer aktuellen Lage zufrieden und nur 4 % unzufrieden. Gemessen am Saldo ist dies ein neuer Rekord, der nun bei 53 Punkten liegt. Fast alle Dienstleistungsbereiche haben ihre Einschätzungen gegenüber Jahresbeginn nochmals erhöht.

Für die kommenden zwölf Monate rechnet die Branche mit einer anhaltend positiven Entwicklung. Rund jeder vierte bayerische Dienstleister erwartet sogar eine weitere Belebung und weniger als jeder zehnte eine Eintrübung.

Innerhalb der Dienstleistungsbranche gibt es jedoch nach wie vor Gewinner und insbesondere einen Verlierer: Während die Architektur- und Ingenieurbüros mit einem Lage-Saldo von 81 Punkten die Zufriedenheitsskala anführen, ist beim Kreditgewerbe die Stimmung bescheiden. Der Saldo liegt mit 9 Punkten nur knapp im Plus.

Risiken der Konjunktur in Bayern im Frühjahr 2017

  • Die größte Wachstumsbremse bleibt der Fachkräftemangel, den 55 % der bayerischen Unternehmen als Geschäftsrisiko ansehen.
  • Ebenfalls zurück auf dem Dashboard der Risiken sind die Energie- und Rohstoffpreise. Seit einem Jahr sind die Bewertungen hierzu kontinuierlich angestiegen. Aktuell benennen 30 % der Unternehmen diese als Risiko.
  • Weniger Unternehmen als bisher sehen hingegen in der aktuellen politischen Gemengelage ein
  • Risiko. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden von 44 % der Unternehmen als
  • Gefahr für das eigene Geschäft angesehen. Zu Jahresbeginn lag der Anteil noch bei 49 %.

Wirtschaftspolitische Forderungen

  • Ganz oben auf die politische Agenda müssen Maßnahmen, die den Fachkräftemangel lindern. Der politische Instrumentenkasten reicht von der Förderung unserer zukünftigen Fachkräfte bis hin zu Maßnahmen, die die Beschäftigung von Älteren auch nach Renteneintritt fördern. Die Unternehmen brauchen jedoch auch im Boom Flexibilität: Werden beispielsweise Befristungsmöglichkeiten eingeschränkt, dürfte die Einstellungsbereitschaft sinken.
  • Ein wesentlicher Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg Bayerns ist die internationale Arbeitsteilung sowie der Freihandel. In der aktuellen Debatte über zu hohe Handelsbilanzüberschüsse wird unterstellt, dass die gegenwärtige Stärke zu Lasten anderer Länder geht.Häufig wird jedoch übersehen, dass auch Bayern beispielsweise gegenüber Tschechien ein Handelsbilanzdefizit in Höhe von 6,7 Mrd. Euro aufweist.

Methodik der bayerischen Konjunkturumfrage

Für den bayerischen Konjunkturbericht wurden insgesamt 4.000 Unternehmen von den bayerischen IHKs schriftlich befragt. Die Konjunkturumfrage wird drei Mal im Jahr durchgeführt.