Vollendung des EU-Binnenmarktes
Der EU-Binnenmarkt ist das Herzstück der Europäischen Union. Hierzu gehört der freie Waren-
verkehr, die Personenfreizügigkeit, die Dienstleistungsfreiheit sowie der freie Kapital- und Zahlungsverkehr. Allerdings ist der Europäische Binnenmarkt noch nicht vollendet.
Auf einen Blick
Dies hat auch die Europäische Kommission erkannt und im Herbst 2015 eine neue Binnenmarktstrategie vorgestellt. Für eine erfolgreiche Umsetzung sind auch die nationalen Regierungen verantwortlich.
Ziel bei der Vollendung des EU-Binnenmarkts muss es sein, insbesondere den Waren- und
Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Union weiter zu vereinfachen, denn die export-
orientierte bayerische Wirtschaft profitiert erheblich von einem funktionierenden Binnenmarkt.
Wichtig sind hierbei:
- Vorteile eines einheitlichen Binnenmarkts stärker kommunizieren
- Warenverkehrsfreiheit vollständig umsetzen
- Dienstleistungsfreiheit vorantreiben
Das Dienstleistungsgewerbe erwirtschaftet heute gut 70 % der Bruttowertschöpfung in Deutschland. Bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung bestehen jedoch noch viele Hürden. Diese müssen abgebaut werden. Der Binnenmarkt muss auch für Dienstleistungen vollendet werden.
Der Europäische Binnenmarkt – wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns
Bayern ist wirtschaftlich hervorragend in die EU integriert. Hierzu hat der Europäische Binnenmarkt wesentlich beigetragen. Der Binnenmarkt und die damit einhergehende wirtschaftliche Verflechtung unterstützen und stabilisieren die Beschäftigung im Freistaat, vor allem im
Industriesektor. Die Absenkung der Handelskosten durch den Europäischen Binnenmarkt hat das reale Pro-Kopf-Einkommen in Bayern nachhaltig um 1,5 % erhöht. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist der Anteil der Exporteure bayerischer Firmen kontinuierlich gestiegen und liegt nun über dem Bundesdurchschnitt. Dies ist auch auf die hohe Exportbeteiligung mittelständischer Firmen zurückzuführen. Mit 55,3 % ging auch 2015 wieder der Großteil der Exporte in EU-Mitgliedstaaten. Dies zeigt, dass dem EU-Binnenmarkt trotz der gestiegenen Wirtschaftskraft anderer Weltregionen besondere Bedeutung zukommt.
Der Binnenmarkt stärkt zudem die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft. Ein Großteil der Vorleistungsimporte kommt aus den Nachbarländern Mittel- und Osteuropas. Diese
Produkte verbessern die Konkurrenzfähigkeit von bayerischen Premiumerzeugnissen auf den
Weltmärkten. Diese enge Verschränkung der Wertschöpfungskette wäre ohne den Binnenmarkt
kaum vorstellbar. Zu groß wären die rechtlichen Risiken und zu hoch die Transaktionskosten.
Daher muss die Vollendung des EU-Binnenmarkts weiter mit Nachdruck verfolgt werden. Dies
kann nur gelingen, wenn die gesamte Bevölkerung die Vorteile eines gemeinsamen Binnenmarkts kennt. Die Politik sollte die Vorteile der EU wesentlich stärker kommunizieren und Vorurteilen gegenübertreten.
Forderungen
- Vollendung des Binnenmarkts sicherstellen
- Vorteile der EU stärker kommunizieren
Wettbewerbsverzerrung durch nationale Vorschriften
Zwar nehmen die Hindernisse für den freien Warenverkehr innerhalb der EU weiter ab, wichtiges
Thema bei der Vollendung des EU-Binnenmarkts bleibt aber der weitere Abbau diskriminierender
nationaler Normen, technischer Standards und sonstiger Barrieren. Diese Hindernisse stellen
nach wie vor eine spürbare Belastung für bayerische Unternehmen beim grenzüberschreitenden
Warenverkehr dar. Das Ziel, diese nationalen Hemmnisse abzubauen, wird von den nationalen
Regierungen, Behörden und Gerichten ebenso wie die Umsetzung von EU-Regelungen uneinheitlich ausgelegt und gehandhabt. Auch die Verbesserung der gegenseitigen Anerkennung und die effektivere Umsetzung bestehender EU-Vorschriften sind weitere wichtige Punkte. Hier setzt die EU-Kommission zu Recht einen ihrer Schwerpunkte bei der neuen EU-Binnenmarktstrategie. Um dabei Verbesserungen zu erzielen, stehen aber auch die Mitgliedstaaten in der Pflicht: Nationale Hindernisse, wie beispielsweise umständliche Sprachregelungen, die grenzüberschreitenden Warenverkehr willkürlich behindern, müssen beseitigt und es muss Vorsorge getroffen werden, dass keine neuen entstehen. Hierzu gehört eine frühzeitige Kommunikation darüber, was konkret geplant wird. Nur dann können die Interessen der Wirtschaft angemessen berücksichtigt werden.
Wettbewerbsverzerrung durch Unterschiede bei Umsetzung von EU-Recht
Viele Vorschriften werden durch die EU in Form von Richtlinien erlassen. Diese müssen von den
nationalen Regierungen umgesetzt werden. Die Umsetzung erfolgt häufig uneinheitlich und nicht
immer zeitgerecht. Dies führt zu zusätzlichem Rechercheaufwand und Unsicherheiten bei den
Unternehmen. Ein Hauptaugenmerk der Mitgliedstaaten, insbesondere auch Deutschlands, muss
daher auf der zügigen Umsetzung von EU-Richtlinien liegen. Vor allem darf die Umsetzung nicht
dazu verwendet werden, nationale Zusatz- und Sonderregelungen einzuführen. Dies erschwert
den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr und bringt für die bayerischen Unternehmen einen
doppelten Wettbewerbsnachteil: Einerseits fällt die Belastung durch die strengere nationale
Auslegung höher aus, andererseits führen unterschiedliche Umsetzungen zu einem höheren
Rechercheaufwand bei den Unternehmen. Ziel sollte sein, EU-Richtlinien möglichst einheitlich
umzusetzen und anzuwenden.
Angemessener Interessenausgleich
Die Umsetzung der Warenverkehrsfreiheit steht im Spannungsverhältnis unterschiedlicher
Interessensgruppen. Bei der weiteren Umsetzung gilt es, den angemessenen Ausgleich zwischen
diesen Gruppen zu suchen. Insbesondere muss sichergestellt werden, dass kleine und mittlere
Unternehmen nicht zu den Leidtragenden gehören und über Gebühr belastet werden. Auch darf
die unternehmerische Freiheit nicht beschränkt werden. Die innergemeinschaftliche, grenzüberschreitende Lieferung ist eine Chance, keine Pflicht.
Forderungen
- Einheitliche Rechtsanwendung in der EU gewährleisten
- Nationale Hindernisse abbauen, Entstehung neuer Hindernisse vorbeugen
- EU-Vorschriften ohne nationale Zusätze oder Sonderregelungen umsetzen
Vereinfachung der Anzeige-, Melde-, und Nachweispflichten
Der grenzüberschreitende Dienstleistungsverkehr ist mehr noch als der Warenverkehr durch eine
Vielzahl von Anzeige-, Melde- und Nachweispflichten geprägt. Auch um den Anteil der noch
deutlich ausbaufähigen bayerischen Dienstleistungsexporte zu steigern, müssen diese vereinfacht
werden. Der geplante Dienstleistungskompass muss zu einer deutlichen Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung führen.
Anpassung der Vorschriften an neuste Entwicklungen
Durch die zunehmende internationale Vernetzung ändert sich auch der grenzüberschreitende
Einsatz von Mitarbeitern. Dies gilt insbesondere auch bei der Erbringung von produktbezogenen
Dienstleistungen wie zum Beispiel Montage, Wartung und sonstigen Serviceleistungen. In diesen
Fällen sind häufig schnell aufeinanderfolgende, ad-hoc durchzuführende, grenzüberschreitende
Einsätze von Mitarbeitern erforderlich. Dies betrifft vor allem auch KMU, die mit einer kleinen
Zahl von Mitarbeitern die Einsätze stemmen müssen, was die mittelständisch geprägte bayerische
Wirtschaft besonders belastet. Die im Rahmen der Arbeitnehmerentsendung anwendbaren
Vorschriften müssen die hierfür notwendige Flexibilität aufweisen.
Einfache Informationsgewinnung
Die verlässliche Informationsgewinnung zu den Anzeige-, Melde-, und Nachweispflichten bei der
Dienstleistungserbringung gestaltet sich oft sehr schwierig. Dies bedeutet für die Unternehmen
zusätzliche unnötige Belastungen. Eine einfache und umfassende Informationsgewinnung ist für
die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit durch die Unternehmen elementar. Dies gilt insbesondere
auch für die rechtlichen und steuerlichen Aspekte, die auch zum Beispiel in englischer Sprache
verfügbar sein sollten.
Forderungen
- Anzeige-, Melde- und Nachweispflichten für Dienstleister vereinfachen
- Bestehende Vorschriften an neue Gegebenheiten anpassen
- Informationsgewinnung vereinfachen