Gründung und Finanzierung von Unternehmen
Die Unternehmensgründungen von heute sind der Mittelstand von morgen. Umso wichtiger ist es für eine weitsichtige Politik, Selbstständigkeit und „Unternehmer sein“ als erfüllende Alternative zur abhängigen Beschäftigung in den Köpfen zu verankern.
Auf einen Blick
Ein Gründungsklima, das unternehmerisches Denken fördert und das Handwerkszeug für Selbstständigkeit vermittelt, ist hierfür essentiell. Doch auch bürokratische Hürden bremsen Gründungswillige. Für innovative und technologieorientierte Start-ups ist die Finanzierung nach wie vor eine Herausforderung – vor allem in der Wachstumsphase. Wagniskapital ist in Deutschland im internationalen Vergleich Mangelware.
Folgender Handlungsbedarf besteht bei der Stärkung von Gründungsdynamik:
- Mehr innovative Gründungen und eine „Kultur der Selbstständigkeit“ initiieren
- Bürokratischen Aufwand für Gründungswillige reduzieren
- Rahmenbedingungen für privates Beteiligungskapital verbessern.
Als junges Technologieunternehmen waren die Finanzierung der Wachstumsphase vor der Markteinführung und die Vorabfinanzierung der Produktion hohe Herausforderungen. Die Suche nach Privatinvestoren war erfolgreich, aber sehr zeitintensiv. Öffentliche Fonds sind hilfreich, aber die geforderten Beiträge von Leadinvestoren sind schwierig einzuwerben. Notgedrungen reduziert sich dadurch die sinnvolle Gesamtinvestition.
In Deutschland werden immer weniger Unternehmen gegründet. Gemessen an der bestehenden Anzahl von Unternehmen liegt die Gründungsrate derzeit mit 7,4 Prozent deutlich hinter dem europäischen Spitzenreiter Großbritannien (14,7 %). Gerade einmal 1,5 % der Personen zwischen 18 und 64 Jahren gründete 2015 eine Existenz, zwei Drittel davon im Nebenerwerb. Aufgrund der demographischen Entwicklung droht die Zahl der Selbstständigen von derzeit 3,8 Millionen bis zum Jahr 2050 um fast eine Million zu sinken.
Dabei sind Gründungen für eine innovationsorientierte Volkswirtschaft wichtig – auch, um einen gesunden Wettbewerb aufrecht zu halten, neue Technologien zu verbreiten und etablierte Unternehmen bei Innovationen zu unterstützen. Eine gute Gründungsdynamik sollte deshalb ein politisches Ziel sein.
Hierfür sollte das Verständnis für unternehmerisches Handeln verbessert werden – durch einen intensiveren Dialog zwischen Unternehmen, Hochschulen, Schulen und Politik. Unternehmertum sollte in der Gesellschaft als positives Bild verankert werden. Gründungsdynamiken könnten sich durch die Sensibilisierung von Verwaltungen für die Herausforderungen des Unterneh-mertums nachhaltig stärken lassen. So würden nicht zuletzt auch kompetente Ansprechpartner für unternehmensnahe Fragen in den Behörden sichergestellt.
Auch an Universitäten sollte das Thema Unternehmensgründung stärker verankert werden – mit konkreten Strategien für Gründungen aus der Hochschule, Ansprechpartnern vor Ort und Unterstützung von universitären Ausgründungen.
Forderung
- Wertschätzung für Unternehmertum in Wirtschaftspolitik und Verwaltung verankern
- Verständnis für unternehmerisches Handeln verbessern
- Ausgründungen in das Leitbild wissenschaftlicher Einrichtungen integrieren
Der Rückgang der Gründerquote lässt sich auch auf die guten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zurückführen. Die IHK-Gründerreporte der letzten Jahre verdeutlichen, dass die Erwerb- losigkeit in Deutschland ein zentrales Motiv für eine Unternehmensgründung war. Viele Beratungsgespräche der IHKs mit Gründerinnen und Gründern zeigen, dass auch für Höherqualifizierte hierzulande noch immer finanziell sichere Angestelltenverhältnisse attraktiver sind als die Selbstständigkeit.
Die Gründungen aus unternehmerischem Antrieb bewegen sich auf niedrigem Niveau. Zudem nimmt die Qualität der Gründungsvorbereitung deutlich ab. Die IHKs verzeichnen vielfach unklare Produktideen, ungenaue Zielgruppen und unrealistische Umsatzzahlen bei den Gründungen.
Für eine erfolgreiche Unternehmensgründung ist ökonomisches Know-how sowie auch das Denken in Geschäftsmodellen unverzichtbar. Deshalb sollte es bestmöglich in den Lehrplänen der Bildungseinrichtungen berücksichtigt werden.
Forderungen
- Nachhaltiges Gründerklima schaffen
- Unternehmerischen Erfolg durch ökonomische Bildung unterstützen
Eine wesentliche Hürde für Gründungen ist noch immer die bürokratische Belastung. Die Genehmigungsverfahren und unterschiedlichen Anlaufstellen hierzulande sind oft kompliziert, gerade auch für ausländische Gründer. Das zu komplexe Steuer- und Sozialversicherungssystem belastet Gründer besonders. Beispiele hierfür sind die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldugen oder auch die geltenden Regelungen bei der Überschussermittlung.
Im E-Government zeigt sich, dass für Unternehmen bei der Firmenneugründung und Registrierung keine flächendeckenden, einheitlichen E-Government-Angebote zur Verfügung stehen. Allein im innereuropäischen Vergleich steht Deutschland somit weit hinter zahlreichen anderen Ländern.
Fehlende Erfahrungen mit den bürokratischen Formalitäten hindern Gründungsinteressierte auch daran, Fördermittel zu beantragen. Wie der DIHK-Innovationsreport 2016 verdeutlicht, werden 34 Prozent der Unternehmen – und insbesondere kleine und Jungunternehmen – durch die Art der Antragstellung abgehalten, obwohl überwiegend positive Erfahrungen mit den Förderprogrammen gemacht werden (92 Prozent).
Forderungen
- Kundenorientierte One-Stop-Agenturen einrichten
- Digitale Durchgängigkeit im E-Government sicherstellen
- Formlose Überschussermittlung für kleine Unternehmen ermöglichen
- Vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung für Gründer ermöglichen
Der deutsche Wagniskapitalmarkt ist vergleichsweise schwach entwickelt. In Deutschland sind nach wie vor wenig Business Angels aktiv. Das Förderprogramm der Bundesregierung ‚INVEST – Zuschuss für Wagniskapital‘ unterstützt Business Angel-Investitionen und geht in die richtige Richtung. Durch den High-Tech-Gründerfonds und Hilfen der KfW hat sich die Gründungs- und Frühphasenfinanzierung mittlerweile deutlich verbessert. Es fehlen jedoch die Venture Capital- Fonds, die die Wachstumsphase finanzieren. Ein Wagniskapitalgesetz, das einen verbindlichen und transparenten Rechtsrahmen schafft und die Benachteiligung von Investoren z. B. durch Doppelbesteuerung vermeidet, ist nach wie vor dringend erforderlich.
Förderprogramme sollen vor allem Entwicklungsvorhaben unterstützen. Hierbei sind die Regularien der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung einzuhalten. Diese erschweren in der derzeitigen Form allerdings Start-ups den Zugang zu den Förderprogrammen durch die enge Begrenzung der „Unternehmen in Schwierigkeiten“ auf drei Jahre. Gerade im technologischen Bereich wäre es hilfreich, wenn die Grenze für Start-ups von drei auf fünf Jahre erweitert und die Möglichkeit zur Heranziehung ausgleichender Kriterien wieder zugelassen würde.
Forderungen
- Rechtssicherheit für Investoren schaffen
- Mehr privates Beteiligungskapital aktivieren
- Förderprogramme für Start-ups zugänglich machen