Bürokratie abbauen
Bürokratie belastet die bayerische Wirtschaft weiterhin stark. Im BIHK-Unternehmensbarometer
vom Juni 2016 gaben 82 % der bayerischen Unternehmen an, dass die bürokratischen
Vorschriften ein Maß erreicht hätten, welches ihr unternehmerisches Handeln stark einschränkt.
Auf einen Blick
Allein die Belastung durch Melde- und Berichtspflichten wird vom Normenkontrollrat für die
deutsche Wirtschaft auf rund 41 Mrd. Euro geschätzt. Auch der Aufwand zur Erfüllung gesetzlicher
Vorgaben ist nach wie vor sehr hoch.
Folgende Punkte sollten in der kommenden Legislaturperiode in den Fokus rücken:
- Bürokratieanstieg reduzieren und Wettbewerbsnachteile verhindern
- Vorteile von E-Government nutzen
- Steuerbürokratie reduzieren
- Berichts- und Dokumentationspflichten abbauen
Die Vielzahl von Vorschriften und umfangreichen Dokumentationspflichten führen zu einem hohen Maß an Bürokratie und schränken uns massiv in unserer Arbeit ein.
One in, One out
Seit Juli 2015 gilt in Deutschland das Prinzip, dass für neue Regelungen des Bundes, die die
Wirtschaft belasten, an anderer Stelle eine gleich hohe Entlastung geschaffen werden muss.
Dieses sogenannte „One in, one out-Prinzip“ ist ein innovatives, vielversprechendes Instrument.
Die oberbayerischen Unternehmen profitieren von dieser Regel, da hierdurch einem weiteren
Anstieg bürokratischer Belastungen entgegengewirkt wird.
Allerdings wird das Prinzip derzeit weder konsequent genug umgesetzt noch sind alle gesetzlichen Regelungen umfasst: So fallen u. a. Umsetzungen von EU-Recht nicht unter diese
Paragraphenbremse. Um die volle Wirkung zu erreichen, muss das One in, one out-Prinzip
jedoch konsequent angewendet und Schlupflöcher geschlossen werden.
EU-Richtlinien
Praktisch alle wirtschaftspolitischen Felder in Deutschland werden von EU-Regelungen beeinflusst. Hierdurch können einheitliche Wettbewerbsverhältnisse innerhalb des Binnenmarktes
geschaffen und grenzüberschreitende unternehmerische Aktivitäten erleichtert werden.
Aufgrund der hohen internationalen Verflechtung profitiert die oberbayerische Wirtschaft von
einheitlichen Regelungen innerhalb Europas in besonderer Weise. Allerdings werden EU-Richtlinien
vom deutschen Gesetzgeber teilweise verschärft. Hierdurch kann ein Wettbewerbsnachteil
für die oberbayerischen Unternehmen entstehen. Daher sollten EU-Richtlinien möglichst 1:1
umgesetzt werden.
Forderungen
- One in, One out-Prinzip konsequent anwenden
- Keine nationalen Zusatzbelastungen bei Umsetzung von EU-Recht
Ein spürbares Entlastungspotenzial eröffnet die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen. Pro
Jahr haben die oberbayerischen Unternehmen durchschnittlich 130 Behördenkontakte – etwa für Steuer-, Statistik- und Gewerbean- oder -ummeldungen. Zum Vergleich: Bei einem Bürger sind es hingegen maximal fünf.
Durch die verstärkte Nutzung von digitalen E-Government-Lösungen könnte ein Drittel der
Bürokratiekosten eingespart werden – dies zeigt zum Beispiel die Umstellung auf das elektronische Vergabesystem. Das Einsparpotenzial wird jedoch zu wenig genutzt. Gründe hierfür sind
fehlende Standardisierung, zu wenig Kommunikation gegenüber den Nutzern, unzureichende
Koordination zwischen den föderalen Ebenen sowie mangelnde Anwenderfreundlichkeit.
Uneinheitliche Insel-Lösungen verursachen zusätzliche Kosten. Eine bundesweite Standardi-
sierung und eine höhere Anwenderfreundlichkeit würden die Unternehmen entlasten.
Forderungen
- E-Government vorantreiben
- Auf bundesweite Standardisierung setzen
- Anwenderfreundlichkeit erhöhen
Das derzeitige Unternehmenssteuerrecht ist äußerst komplex. Zudem führen viele Sondervorschriften und zum Teil sehr kurzfristige Rechtsänderungen zu Unsicherheit sowie zu Zusatzkosten bei der Befolgung der Gesetze. Auch die oberbayerischen Unternehmen sind hiervon betroffen. Mehrheitlich treten sie daher für eine Vereinfachung ein: Im Rahmen eines BIHK-
Unternehmensbarometers vom Juli 2016 haben sich zwei Drittel der bayerischen Unternehmen für ein einfacheres Steuersystem ausgesprochen, auch wenn dadurch alle Ausnahmetatbestände wegfallen und ihre Steuerbelastung ansteigt.
Steuerlichen Regelungen, beispielsweise bei der Einkommenssteuer, müssen transparenter und
einfacher werden, damit es vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen möglich bleibt, ihren steuerlichen Pflichten nachzukommen. Eine Vereinfachung würde bereits die Anhebung von Kleinbetrags- und Pauschbeträgen sowie die Abschaffung von gewerbesteuerlichen
Hinzurechnungen bedeuten. Ein einfacheres und entbürokratisiertes Steuerrecht braucht zudem
moderne Regeln: So sollte die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens nicht nur der Finanzverwaltung, sondern auch den Steuerpflichtigen nützen. Die Verwaltung muss bei der Einführung neuer digitaler Wege auf technisch machbare Lösungen setzen. Um Rechtssicherheit zu schaffen, sollten steuerliche Betriebsprüfungen zeitnah und schnell durchgeführt werden. Da sich die elektronischen Zugriffsmöglichkeiten der Finanzverwaltung in den vergangenen Jahren beispielsweise durch die Pflicht zur E-Bilanz kontinuierlich verbessert haben, steht einer unverzüglichen Prüfung nichts im Weg. Damit könnten die langen Aufbewahrungsfristen für die Unternehmen entsprechend auf maximal fünf Jahre verkürzt werden, was eine spürbare Bürokratieentlastung bedeuten würde.
Forderungen
- Kleinbetrags- und Pauschbeträge anheben
- Unternehmen durch Digitalisierung von Besteuerungsverfahren entlasten
- Betriebsprüfungen zeitnah durchführen
- Regelungen transparent und einfach machen
- Abschaffung der gewerblichen Hinzurechnungen
Durch die Einführung des Mindestlohns wurden die Aufzeichnungspflichten bei der Arbeitszeit
ausgeweitet. Auch die Auftraggeberhaftung verursacht zusätzlichen Verwaltungsaufwand.
Um die Bürokratiebelastung zu reduzieren, sollten die Dokumentationspflichten reduziert und die Auftraggeberhaftung am besten gestrichen werden.
Aktuell werden das Entgeltgleichheitsgesetz sowie die Umsetzung der UN-Richtlinien zur Nachhaltigkeit politisch diskutiert. Für die oberbayerischen Unternehmen dürfte aufgrund der zu erwartenden zusätzlichen Berichtspflichten die Bürokratiebelastung zunehmen. Im Rahmen der
Gesetzgebung muss darauf geachtet werden, dass Regelungen möglichst bürokratiearm für
die Unternehmen angewendet werden können und nicht immer mehr „Sonderbeauftragte“ zur Einhaltung staatlicher Vorgaben ernannt werden müssen.
In einzelnen Branchen, wie beispielsweise in der Energiewirtschaft und der stromabnehmenden Industrie führen ständige Veränderungen der Gesetzeslage mit neuen Auflagen zu Rechts- und Planungsunsicherheit. Insbesondere der Antragsaufwand sowie die Unsicherheit über die Gewährung der besonderen Ausgleichsregel führt zu Planungsunsicherheit, was sich negativ auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen auswirkt. Ziel muss es sein, dass Unternehmen mit Blick auf die Kosten und Versorgungssicherheit wieder längerfristig planen können. Auch im Tourismus sollten die diversen Dokumentationspflichten, zum Beispiel aufgrund des Mindestlohngesetzes, von Hand auszufüllende Meldescheine sowie monatliche Auswertungen der Übernachtungszahlen reduziert werden.
Forderungen
- Bürokratie beim Mindestlohn reduzieren
- Dokumentationspflicht bei Nachhaltigkeitsberichterstattung, Entgeltgleichzeit, Mindestlohn, Energie und Umwelt reduzieren