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Bundesurlaubsgesetz: Wie viel Urlaub steht Mitarbeitern zu?

Alles über den Urlaubsanspruch.
© Maridav

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Einleitung

Wer arbeitet, benötigt Zeit, um sich zu erholen. Die meisten Angestellten erbringen ihre Arbeitsleistung an 5 Tagen pro Woche, danach folgt das Wochenende mit 2 Tagen zur Erholung. Zusätzlich sieht der Gesetzgeber 4 Wochen Erholungsurlaub für abhängig beschäftigte Mitarbeiter vor. Grundsätzlich steht jedem Mitarbeiter mindestens die im Bundesurlaubsgesetz vorgegebene Anzahl an Urlaubstagen zu. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können im Arbeitsvertrag einen höheren Urlaubsanspruch vereinbaren, und auch aus den Regelungen eines anwendbaren Tarifvertrages können sich mehr Urlaubstage ergeben. Unterschreiten darf der Arbeitgeber die Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes dagegen nicht. Die auf den ersten Blick einfachen Regeln werfen in der Praxis viele Fragen auf. Denn z. B. Urlaub in der Probezeit oder eine Erkrankung während der Urlaubszeit sind keine seltenen Einzelfälle.

Mindesturlaub laut Bundesurlaubsgesetz

Im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt der Gesetzgeber den Mindestanspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, der jedem Arbeitnehmer pro Jahr zusteht. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1963. Da in Deutschland bis heute der Samstag als Werktag gilt, sieht das Gesetz mindestens 24 Werktage pro Jahr als bezahlten Urlaubsanspruch vor, sodass generell gilt: Ein Mitarbeiter hat das Recht auf mindestens 4 Wochen bezahlten Urlaub.

Der tatsächliche Mindesturlaubsanspruch richtet sich nach der Länge der Arbeitswoche:

  • Sechstagewoche: mindestens 24 Urlaubstage
  • Fünftagewoche: mindestens 20 Urlaubstage

Der volle Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub entsteht erstmals nach einer sechsmonatigen Zugehörigkeit zum Unternehmen. Das Bundesurlaubsgesetz regelt weiterhin, unter welchen Voraussetzungen nicht in Anspruch genommene Urlaubstage in das Folgejahr übertragen werden oder wie Urlaubsansprüche beim Ausscheiden aus dem Betrieb zu behandeln sind.

Wo sind Regeln für den Urlaubsanspruch festgehalten?

Das Bundesurlaubsgesetz regelt lediglich den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanspruch für Arbeitnehmer. Zusätzliche Regelungen können den Urlaubsanspruch erweitern und auch Vorgaben für den im Bundesurlaubsgesetz nicht geregelten Sonderurlaub (z. B. bei eigener Hochzeit, Tod eines nahen Angehörigen usw.) enthalten. Solche Regelungen können sich ergeben aus:

  • Arbeitsvertrag
  • Tarifvertrag
  • Betriebsvereinbarung
  • Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
  • Sozialgesetzbuch (SGB IX)

Wie hoch ist der gesetzliche Urlaubsanspruch bei Teilzeitarbeit oder geringfügiger Beschäftigung?

Bei einer Teilzeitbeschäftigung stehen Arbeitgeber regelmäßig vor der Frage, ob die reduzierte Arbeitszeit auch den Urlaubsanspruch vermindert. Wie viele Urlaubstage einem in Teilzeit arbeitenden Mitarbeiter oder Minijobber zustehen, hängt maßgeblich von der Verteilung der Arbeitszeit ab. Grundsätzlich haben auch Mitarbeiter, die weniger Stunden leisten, einen gesetzlichen Anspruch auf 4 Wochen bezahlten Mindesturlaub. Gewährt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern mehr Erholungsurlaub, stehen den Kollegen mit geringerer Wochenarbeitszeit ebenso viele Tage zu.

  • Leistet ein Mitarbeiter in Betrieben mit üblicherweise 6 Arbeitstagen pro Woche seine reduzierten Arbeitsstunden ebenfalls an 6 Tagen pro Woche ab, stehen ihm ebenso viele Urlaubstage zu wie den Vollzeitmitarbeitern.
  • Entsprechend gilt dies in Betrieben mit einer Fünftagewoche, wenn die Teilzeitarbeit ebenfalls auf 5 Tage verteilt ist.

Denn trotz Teilzeitarbeit oder Minijob benötigt der Mitarbeiter ebenso wie seine voll beschäftigten Kollegen 6 oder 5 Tage, um eine ganze Woche Urlaub zu nehmen.

Anders sieht es aus, wenn der Beschäftigte seine Arbeitsstunden z. B. an nur 3 Tagen pro Woche ableistet. In diesem Fall genügen auch 3 Urlaubstage für eine ganze Urlaubswoche. Der gesetzlich vorgegebene Mindesturlaubsanspruch reduziert sich dann auf 12 Tage, die zusammen einen Jahresurlaub von 4 Wochen ergeben.

Die Urlaubstage von Teilzeitmitarbeitern und geringfügig Beschäftigten berechnen sich nach folgender Formel:

(Urlaubsanspruch Vollzeit x Arbeitstage des Teilzeitmitarbeiters pro Woche) / übliche Arbeitstage pro Woche in Vollzeit

Zur Verdeutlichung: Ein Vollzeitmitarbeiter erhält 30 Tage bezahlten Urlaub. Der Teilzeitmitarbeiter arbeitet an 4 Tagen pro Woche, im Unternehmen gilt die Fünftagewoche. Es ergibt sich folgende Rechnung: (30 x 4) / 5 = 24 Urlaubstage für den Teilzeitbeschäftigten.

Welche Pflichten haben Arbeitgeber bei der Urlaubsplanung?

In § 7 des Bundesurlaubsgesetzes sind die Pflichten des Arbeitgebers zur Gewährung von Urlaub genau geregelt:

  • Grundsätzlich sind Urlaubswünsche eines Arbeitnehmers zu berücksichtigen, sofern keine dringenden betrieblichen Belange oder die Wünsche anderer Mitarbeiter, die aufgrund sozialer Gesichtspunkte Vorrang haben, dem entgegenstehen.
  • Im Anschluss an eine medizinische Vorsorgemaßnahme oder Rehabilitation beantragter Urlaub ist zu gewähren.
  • Urlaub ist möglichst zusammenhängend zu gewähren; bei einem Urlaubsanspruch von mehr als 12 Urlaubstagen pro Jahr müssen mindestens 12 Werktage zusammenhängender Urlaub gewährt werden.
  • Grundsätzlich verfällt der Urlaubsanspruch am Ende des Kalenderjahres. Konnte der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (z. B. Krankheit) nicht vollständig in Anspruch genommen werden, wird er in das nächste Jahr übertragen und ist innerhalb der ersten 3 Monate zu verbrauchen. Längere Übertragungszeiträume können einzelvertraglich oder durch Tarifvertrag vereinbart werden. Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer darauf hinweisen, wenn sein Urlaub zu verfallen droht.

Weitere Einschränkungen für Arbeitgeber ergeben sich aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 203/88/EG vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Diese Richtlinie verpflichtet jeden Arbeitgeber in der EU sicherzustellen, dass jeder Arbeitnehmer seinen Mindestanspruch auf 4 Wochen Erholungsurlaub erhält. Daraus können sich ähnliche Fürsorgepflichten für den Arbeitgeber ergeben wie bei der Arbeitszeit. Manches Landesarbeitsgericht hat bereits entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, Mitarbeiter, die ihren Urlaub nicht beantragen, zwangsweise in die Erholungspause zu schicken.

Welche Regelung gilt bei Schichtarbeit?

Bei vollkontinuierlicher Schichtarbeit zählen auch die Sonn- und Feiertage als Werktage. In Schichten beschäftigte Arbeitnehmer müssen für einen freien Tag an Sonn- oder Feiertagen ebenso einen Urlaubstag einsetzen wie an einem normalen Wochentag. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.07.2015 bringt Klarheit in der Frage, wie Arbeitstage mit Nachtschicht zu bewerten sind, deren Arbeitszeit sich über 2 Kalendertage erstreckt. Das Gericht stellt klar, dass sich Urlaubstage immer auf Kalendertage beziehen. Beginnt eine Schicht an einem Tag und endet erst am Folgetag, sind 2 Urlaubstage anzusetzen. Da Arbeitnehmer, die an mehr als 5 Tagen pro Woche arbeiten und im Schichtdienst tätig sind, mehr Urlaubstage einsetzen müssen als Arbeitnehmer mit einer regulären Fünftagewoche, müssen sie einen höheren Urlaubsanspruch erhalten. Nur so kommen sie auf den nötigen gesetzlichen oder einen dem der regulär Beschäftigten gleichwertigen Urlaubsanspruch. Als Berechnungsgrundlage ist eine Fünftagewoche anzusetzen; die Berechnungsformel lautet:

Urlaubstage x Arbeitstage mit abweichender Verteilung pro Jahr / Arbeitstage pro Jahr mit einer Fünftagewoche

Gelten Heiligabend und Silvester als halbe Urlaubstage?

Das Bundesurlaubsgesetz kennt nur ganze Urlaubstage, zudem gelten Heiligabend und Silvester rein rechtlich als normale Werktage. Arbeitnehmer, die an diesem Tag freihaben möchten, müssen einen ganzen Tag Urlaub investieren. Andere Regeln gelten nur, wenn vertraglich andere Vereinbarungen getroffen wurden. Abweichende Regelungen können sich aus folgenden Gründen ergeben:

  • Arbeitsvertrag
  • Tarifvertrag
  • Betriebsvereinbarung
  • Betriebliche Übung

Geben Arbeitgeber ihren Mitarbeitern in 3 aufeinanderfolgenden Jahren an Heiligabend und/oder Silvester ganz oder teilweise frei, ohne einen Vorbehalt zu erklären, dürfen die Angestellten von einer sogenannten „betrieblichen Übung“ ausgehen. Dann müssen diese freien Tage grundsätzlich weiterhin gewährt werden.

Urlaubstage bei halben freien Tagen und Urlaub zwischen den Feiertagen

Gewähren Unternehmen den Mitarbeitern an Heiligabend oder Silvester einen halben freien Tag, dürfen Arbeitnehmer, die für diesen Tag Urlaub einreichen, nicht benachteiligt werden. In diesem Fall fällt nur ein halber Urlaubstag an.

Soll ein Betrieb zwischen den Feiertagen geschlossen bleiben und die Belegschaft in den Betriebsurlaub geschickt werden, sollten Arbeitgeber unbedingt die Regelungen zum Betriebsurlaub beachten.

Was ist bei Krankheit im Urlaub zu beachten?

Niemand kann eine Erkrankung voraussehen. Entsprechend erkranken Mitarbeiter nicht nur während der Arbeitszeit, auch im Urlaub kann es zu einem Krankheitsfall kommen. Tritt im Urlaub ein Krankheitsfall ein, werden die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheitstage nicht als Urlaubstage gezählt. Sie stehen dem Mitarbeiter dann später im Jahr als nicht verbrauchter Anspruch zu. Urlaub soll der Erholung dienen und wer krank ist, erholt sich nicht.

Das Gesetz sieht keine Meldefristen für eine Erkrankung während des Urlaubs vor. Der Arbeitnehmer kann daher das ärztliche Attest über die Erkrankung auch erst nach seiner Urlaubsrückkehr vorlegen. Alle durch ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheitstage zählen dann nicht als Urlaubstage. Der Nachweis durch ein ärztliches Attest muss aber – im Gegensatz zur Erkrankung außerhalb des Urlaubs – bereits für den ersten Krankheitstag erfolgen.

Urlaubsanspruch langfristig erkrankter Mitarbeiter

Arbeitgeber sind oft unsicher, ob einem Arbeitnehmer, der das gesamte Jahr arbeitsunfähig gewesen ist, Urlaub zusteht. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Rechtsprechung in diesem Bereich langfristig verändert hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine Auffassung zu diesem Thema immer wieder geändert:

  • 1969 befand das Bundesarbeitsgericht, dass der Urlaubsanspruch eines ganzjährig erkrankten Arbeitnehmers ohne die Begrenzung durch die Dreimonatsfrist aus dem Bundesurlaubsgesetz auf das folgende Jahr übertragen wird. (BAG, 13.11.1969, 5 AZR 82/69, Leitsatz 3)
  • 1982 kam das Gericht zu der Auffassung, dass das Bundesurlaubsgesetz diesen Fall in § 7 Abs. 3 mitregelt und der Urlaub zwar auf das folgende Jahr übertragen wird, aber am Ende des ersten Quartals verfällt. (BAG, 13.05.1982, 6 AZR 360/80)
  • 2009 fiel das sogenannte Schultz-Hoff-Urteil des EuGH. Hier vertreten die Richter die Auffassung, dass krankheitsbedingt nicht genommene Urlaubstage nicht verfallen können, solange der Arbeitnehmer wegen seiner Erkrankung gehindert ist, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Die bisherige Rechtsprechung des BAG verstoße gegen die EU-Richtlinien. (EuGH, 20.01.2009, C-350/06)
  • 2011 ändert der EuGH seine Auffassung. Nun urteilen die Richter, dass ein Verfallen von Urlaubsansprüchen, die aufgrund einer Erkrankung nicht in Anspruch genommen wurden, nicht generell gegen europäische Richtlinien verstößt. Regeln Tarifverträge den Verfall von Ansprüchen 15 Monate nach deren Entstehung, ist das angemessen. (EuGH, 22.11.2011, C-214/10)

Die aktuelle Rechtslage bei Urlaubsansprüchen langfristig erkrankter Arbeitnehmer

Arbeitgeber sind bei lang erkrankten Mitarbeitern von den Hauptpflichten des Arbeitsvertrags befreit. Die Lohnfortzahlung endet nach 6 Wochen und langzeiterkrankte Mitarbeiter erhalten Krankengeld oder Arbeitslosengeld. Trotzdem entstehen weiter reguläre Urlaubsansprüche. Das Bundesarbeitsgericht urteilte im Jahr 2012, dass Arbeitnehmer ihren krankheitsbedingt nicht genutzten Urlaub bis zu 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, einfordern müssen; nach der Übertragungsfrist verfällt der Anspruch (BAG, Az. 9 AZR 353/10). Konkret bedeutet das, dass ein Mitarbeiter, der das gesamte Jahr 2018 erkrankt gewesen ist, seinen Urlaubsanspruch aus 2018 bis spätestens zum 31. März 2020 verbrauchen muss. Diese Regelungen gelten für folgende Urlaubstage:

  • den im Bundesurlaubsgesetz gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch
  • den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach dem SGB IX
  • Urlaubstage, die aufgrund eines Tarifvertrags über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehen, sofern der Vertrag keine Verfallsregeln enthält
  • Urlaubstage, die aufgrund arbeitsvertraglicher oder betriebsvertraglicher Regelungen den Mindestanspruch überschreiten, sofern keine besonderen Regeln für Übertragung und Verfall vereinbart wurden

Wann gibt es Urlaub in der Probezeit?

Gemäß Bundesurlaubsgesetz steht Arbeitnehmern der volle Urlaubsanspruch erst nach einer Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten zu. Deshalb erwerben neue Mitarbeiter im ersten halben Jahr nach Arbeitsantritt nur die anteiligen Urlaubsansprüche, die sie sich „erarbeiten“. Für jeden Monat im Betrieb erhält ein neu eingestellter Arbeitnehmer 1/12 seines vertraglich vereinbarten Jahresurlaubs. So stehen einem neuen Arbeitnehmer mit Anspruch auf 24 Urlaubstage pro Jahr in den ersten 6 Monaten 2 Urlaubstage pro Monat zu. Es besteht die Möglichkeit, im Arbeitsvertrag für das erste halbe Jahr eine Urlaubssperre zu vereinbaren. Dann steht dem Arbeitnehmer in dieser Zeit gar kein Urlaub zu. Am Ende der Wartezeit darf ein Mitarbeiter seinen gesamten Jahresurlaub verbrauchen.

Den Resturlaub in das neue Jahr übertragen

Laut Bundesurlaubsgesetz dient der Urlaub der Erholung und soll die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter langfristig erhalten. Daher sollen die Urlaubstage bis zum Jahresende von den Arbeitnehmern genommen und von den Arbeitgebern gewährt werden.

Sprechen ausnahmsweise dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (z. B. Krankheit) dagegen, wird der Resturlaub in das Folgejahr übertragen. Im neuen Jahr muss der Resturlaub bis zum 31. März verbraucht sein. Ansonsten verfällt der Anspruch.

Wann verfällt der Urlaub?

Das Europarecht und das Bundesarbeitsgericht lassen Urlaub nicht mehr einfach verfallen.

  • Das Bundesarbeitsgericht hat am 19. Februar 2019 entschieden, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten nachweislich auffordern müssen, noch nicht beantragten Urlaub zu nehmen. Die Unternehmen haben die Pflicht, ihre Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass ihre Urlaubstage sonst verfallen. Noch nicht geklärt ist, ob der Urlaubsanspruch verjährt.
  • Der Europäische Gerichtshof hat bereits am 6. November 2018 entschieden, dass Urlaubsansprüche nicht ohne weiteres durch Zeitablauf verfallen können, nur weil der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag gestellt hat. Nach dem EuGH ist ein Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer rechtzeitig, ausdrücklich und unter Hinweis auf den drohenden Verfall auf bestehende Urlaubsansprüche hinzuweisen.
    Wenn dieser ausdrückliche Hinweis nachweislich erfolgt ist und der Arbeitnehmer dennoch keinen Urlaubsantrag stellt, darf der Arbeitgeber sich nach Ablauf des Kalenderjahres bzw. der Übertragungsfrist auf den Verfall der Ansprüche berufen, da der Arbeitnehmer dann bewusst und freiwillig auf den Urlaub verzichtet hat. Nur unter diesen Voraussetzungen tritt bei nicht rechtzeitiger Beantragung der Verfall ein.

IHK-Tipp:

Um sicherzustellen, dass der Urlaub entweder noch rechtzeitig in Anspruch genommen wird oder im Falle der Untätigkeit des Arbeitnehmers ein Berufen auf den Verfall möglich ist, sollten Arbeitgeber folgenden Maßnahmen treffen:

  • Spätestens zu Beginn der zweiten Jahreshälfte erfolgt eine Mitteilung an die Arbeitnehmer, dass nicht beantragte Urlaubstage am Jahresende oder gegebenenfalls am Ende der Übertragungsfrist im Folgejahr endgültig verfallen und eine Auszahlung nicht mehr möglich ist.
  • Zudem sollte die Mitteilung die Anzahl der noch nicht beantragten Urlaubstage enthalten.

Den Urlaub an den Arbeitnehmer auszahlen?

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer nicht die Wahl, sich ihren Urlaubsanspruch lieber auszahlen zu lassen. Allerdings gibt es auch für diese Regel eine Ausnahme: Endet das Arbeitsverhältnis und kann der Mitarbeiter seinen Resturlaub nicht bis zum letzten Arbeitstag verbrauchen, muss der Arbeitgeber die verbleibenden Urlaubstage vergüten. Das ist häufig der Fall, wenn ein Mitarbeiter kündigt.

Das Bundesurlaubsgesetz legt fest, wie die Höhe des sogenannten Urlaubsentgeltes zu berechnen ist. Für jeden Urlaubstag erhält der Arbeitnehmer den Betrag, den er innerhalb der letzten 13 Wochen durchschnittlich an einem Arbeitstag verdient hat.

Beispiel: Der Arbeitnehmer erhält 3.000 Euro brutto pro Monat, in den letzten 13 Wochen gab es 65 Arbeitstage. Insgesamt hat er in dieser Zeit 9.000 Euro verdient. 9.000 Euro / 65 Arbeitstage = 138,46 Euro durchschnittliches Tagesarbeitsentgelt. Für jeden Tag Resturlaub erhält der Arbeitnehmer diesen Betrag.

Sonstige Themen rund um den Urlaubsanspruch

Sabbatical – Auszeit für Arbeitnehmer

Ein Sabbatical oder Sabbatjahr ist eine längere bezahlte Auszeit eines Arbeitnehmers. Die verschiedenen Modelle sehen vor, dass der Arbeitnehmer so viel Gehalt anspart, dass der Arbeitgeber während der Auszeit weiterzahlt. Der Arbeitnehmer „arbeitet vor“, um beispielsweise ein Jahr für Reisen, Fortbildungen oder die Familie freinehmen zu können. Folgende Modelle sind möglich:

  • Zeitlich begrenzter Lohnverzicht: Der Arbeitnehmer verzichtet ein bis zehn Jahre lang auf einen Teil seines Lohns und erhält nur ein reduziertes Gehalt. Im Anschluss erfolgt eine einjährige Freistellung, während der der Mitarbeiter weiter das reduzierte Gehalt bezieht.
  • Teilzeitarbeit: Der Arbeitnehmer hat einen Teilzeitvertrag, er arbeitet aber Vollzeit. Im Gegenzug erhält er sein Teilzeitgehalt weiter, während er die vorgearbeiteten Stunden als lange Auszeit nutzt.
  • Fondsmodell: Hier fließen vertraglich vereinbarte Gehaltsanteile, Überstunden und Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld auf das Arbeitszeitkonto, um später für ein Sabbatjahr genutzt zu werden.
  • Vorgezogener Ruhestand: Auch hier spart der Arbeitnehmer vorher Zeitguthaben an. Nach seinem Sabbatjahr kehrt er dann gar nicht oder nur mit einer reduzierten Stundenzahl an den Arbeitsplatz zurück.
  • Unbezahlter Urlaub: Unbezahlt für Monate oder ein Jahr freigestellt zu werden, ist eine weitere Möglichkeit, ein Sabbatical zu realisieren. Allerdings erhält der Arbeitnehmer in dieser Zeit keinen Lohn und wird von den Sozialversicherungen abgemeldet.

In Deutschland gibt es kein Recht auf ein Sabbatjahr. Diese Möglichkeit besteht nur durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder durch Regelungen in einem Tarifvertrag.

Freistellung aus persönlichen Gründen

Unter bestimmten Umständen hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Gemäß § 616 BGB muss der Verhinderungsgrund in der Person des Arbeitnehmers liegen, die Dauer darf nicht erheblich sein und den Arbeitnehmer darf kein Verschulden treffen. Das ist z. B. in folgenden Situationen der Fall:

  • Eigene Hochzeit
  • Geburt eines Kindes
  • Notwendiger Arztbesuch
  • Ladung zum Gerichts- oder Behördentermin
  • Todesfall/Beerdigung naher Angehöriger
  • Pflege kranker Kinder oder Angehöriger

Die Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag sind hier besonders wichtig. Arbeitgeber können den § 616 wirksam ausschließen und sind dann nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet.

Ebenso besteht die Möglichkeit, vertraglich festzulegen, unter welchen Voraussetzungen und für wie viele Tage bezahlter Sonderurlaub gewährt werden soll. Neben den oben genannten Ereignissen wird auch oft Sonderurlaub bei bestimmten Dienstjubiläen vereinbart.

Welche Sonderregeln bestehen für Minderjährige und Schwerbehinderte?

Minderjährige Arbeitnehmer wie Auszubildende sieht der Gesetzgeber als besonders schutzwürdig an. Daher erhöht sich der Mindesturlaubsanspruch entsprechend der Regeln aus § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) je nach Alter folgendermaßen:

  • Minderjährige, zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt: mindestens 30 Tage
  • Minderjährige, zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt: mindestens 27 Tage
  • Minderjährige, zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt: mindestens 25 Tage

Auch hier legt der Gesetzgeber Werktage und eine Sechstagewoche als Maßstab zugrunde.

Gemäß § 208 SGB IX haben schwerbehinderte Arbeitnehmer, also Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 %, einen zusätzlichen Anspruch auf bezahlte Urlaubstage. Ihnen stehen laut Sozialgesetzbuch eine weitere Woche Urlaub zu. Damit ergibt sich je nach Anzahl der Arbeitstage folgender zusätzlicher Urlaubsanspruch:

  • Sechstagewoche: mindestens 6 Tage
  • Fünftagewoche: mindestens 5 Tage
  • Viertagewoche: mindestens 4 Tage

Was müssen Selbstständige und Kleinunternehmer beim Urlaubsrecht beachten?

Grundsätzlich erwirbt jeder Arbeitnehmer Urlaubsansprüche. Das gilt auch für Aushilfen, Saisonkräfte, geringfügig Beschäftigte (Minijobber) oder Werkstudenten. Anspruch auf den vollen Jahresurlaub haben Arbeitnehmer erst nach 6 Monaten. Vorher erwerben sie mit jedem Arbeitsmonat 1/12 des Anspruchs. Hier wird nicht in Kalendermonaten gerechnet. Tritt ein Mitarbeiter am 10.03. seine Stelle an, steht ihm der anteilige Urlaub für den ersten Monat ab dem 11.04. zu.

Mehrurlaub gewähren und Urlaubsregeln gestalten

Viele Arbeitgeber gewähren Arbeitnehmern mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Tagen bei einer Sechstagewoche oder von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Für den Arbeitgeber sind dann im Arbeitsvertrag Formulierungen vorteilhaft, die zwischen dem gesetzlichen und dem zusätzlichen Urlaub unterscheiden. Damit besteht die Möglichkeit, für den Zusatzurlaub eigene Regeln zu formulieren. So ist es denkbar, den Zusatzurlaub am Ende des Jahres verfallen zu lassen oder die Anzahl der Urlaubstage, die den gesetzlichen Mindestanspruch übersteigen, gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit zu erhöhen. Mehrurlaub für ältere Mitarbeiter ist nicht empfehlenswert, da eine Einteilung nach Alter diskriminierend sein könnte.

Sonderregeln für Schwerbehinderte und Jugendliche beachten

Auch wenn Arbeitnehmer nur in Teilzeit, als Minijobber oder als Aushilfen beschäftigt werden, haben einige Gruppen einen erhöhten Urlaubsanspruch. Mitarbeitern mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 % steht eine Woche zusätzlicher Urlaub zu. Minderjährige erhalten durch das Jugendarbeitsschutzgesetz einen höheren Mindestjahresurlaub, da sie noch nicht so belastbar sind.

Den Urlaubsanspruch richtig berechnen

Arbeitgeber beschäftigen oft Aushilfen und setzen diese Mitarbeiter nur wenige Stunden ein. Um den Urlaubsanspruch korrekt zu berechnen, ist es empfehlenswert, die Zahl der wöchentlichen Arbeitsstunden und die Anzahl der Arbeitstage vertraglich zu vereinbaren. Verändert sich bei einem Mitarbeiter die Zahl der Arbeitsstunden und/oder der Arbeitstage, wird der Urlaubsanspruch entsprechend neu berechnet.

Den Urlaub gerecht verteilen

Grundsätzlich dürfen Mitarbeiter den Urlaub zusammenhängend beantragen, denn das entspricht dem Erholungszweck. Möchten mehrere Mitarbeiter gleichzeitig in Urlaub gehen, kann der Arbeitgeber den Wunsch ablehnen, sofern dringende betriebliche Belange dagegensprechen. Welcher Arbeitnehmer den gewünschten Urlaub erhält, ist nach Sozialauswahl zu entscheiden. Für eine gute Planung ist es sinnvoll, direkt zu Jahresbeginn einen Urlaubsplan zu erstellen.

FAQ zum Urlaubsanspruch

Zusammenfassung

Das Urlaubsrecht ist ein komplexes Thema, das einem stetigen Wandel unterworfen ist. Arbeitgeber tun gut daran, den Urlaub im Arbeitsvertrag oder über eine Betriebsvereinbarung genau zu regeln, um Streitigkeiten zu vermeiden. Zudem ist es empfehlenswert, das Wissen rund um das Thema Urlaub immer auf dem aktuellen Stand zu halten.