Ukrainischer Vize-Premier Kubiw wirbt überzeugend für mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit ‎

Kommen, um zu bleiben

Wirtschaftsforum - Ukraine - Bayern - 2018 am 24.01.2018 in der IHK Akademie Muenchen. Foto: Sebastian Widmann
© Sebastian Widmann von links: Stepan Kubiw (Erster Vize-Ministerpräsident der Ukraine), Ilse Aigner (stv. Ministerpräsidentin) , Dr. Eberhard Sasse (Präsident IHK für München und Oberbayern), Andrij Melnyk (Botschafter der Ukraine in Deutschland)

Stepan Kubiw, Erster Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister der Ukraine, war am 24. Januar in die IHK für München und Oberbayern gekommen, um Bayerns Unternehmen und Investoren von seinem Land zu überzeugen. Und Kubiw nutzte seine Chance: Er warb mit Leidenschaft und Pathos für den eigenen Standort und präsentierte ein schlüssiges Konzept der eigenen Wirtschaftspolitik – mit Vision. Er lud Bayerns Unternehmen dazu ein, mitzuwirken an dem Kurs des Friedens und der Freiheit, den die Ukraine eingeschlagen habe. Mit Blick auf die Themen, mit denen sich die Wirtschaftselite derzeit in Davos beschäftigt, sagte Kubiw: „Populismus ist das Problem der Welt.“

Beeindruckende Reformfortschritte

Im Zeitraffer ließ er die Erfolge der Reformpolitik seiner Regierung Revue passieren: den drohenden Staatsbankrott abgewendet, Inflation und Staatsverschuldung erfolgreich bekämpft, in den jüngsten drei Jahren 144 Reformgesetze verabschiedet, mehr als das Vorgänger-Regime in 26 Jahren; mit einem Anti-Korruptionsgesetz dem größten Übel des Landes den Kampf angesagt, mit Privatisierungen und Verwaltungsreformen für mehr Tempo gesorgt.

Oksana Markarowa, Regierungsbevollmächtigte für Investitionen, erklärte, wie sehr bayerische Unternehmen davon profitieren könnten. Die vor einem Jahr gestartete Initiative InvestUkraine habe zum Ziel, Firmen den Markteinstieg so leicht wie möglich zu machen. „Die Unternehmen können sich auf das konzentrieren, was sie tun sollen: Geschäfte machen. Wir kümmern uns um den Rest“, sagte Markarowa. Das klingt verlockend – und wird von positiven Einschätzungen von Weltbank, IWF und Bloomberg bestätigt. Die Wachstumsprognosen sagen für 2018 und das folgende Jahr 3 bis 3,5 Prozent. Kubiw betonte, die Wachstums- und Geschäftspotenziale seines Landes seien noch bei weitem nicht ausgereizt. Auch technisch würden die Weichen Richtung Kooperation mit dem Westen gestellt: Europäische Normen und Standards werden von der Ukraine unverändert übernommen.

Das Silicon Valley Europas

Aussagen wie „Europas neues Zentrum der Kreativwirtschaft“ oder „Europas Silicon Valley“ machen Schluss mit dem Klischee, die Ukraine stehe nur für Tierfutter und Biogas. Bemerkenswert ist ferner, dass Andreas Lier, CEO von BASF und Präsident der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer (AHK Ukraine), die Aussagen Kubwis noch für Understatement hält. Lier sagte auf dem Podium, Wachstumsraten von vier oder fünf Prozent seien möglich. Man müsse selbst in die Ukraine reisen, um zu begreifen, mit welchem Tempo sich die dortige Wirtschaft entwickle. „Das Land steht kurz vor dem Abheben“, sagte Lier. Bayerns Mittelständler hätten beste Chancen, dort einzusteigen. Lier und Bayerns stv. Ministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU) betonten übereinstimmend, dass für die Ukraine Bayerns Firmen die idealen Partner seien. Lohnend sei die Kooperation in den Branchen Luft- und Raumfahrt, Automotive, Chemie, IT, Medizintechnik, Maschinenbau, Lebensmittel, Textilien, Energie und Umwelttechnik.

„Geht dahin und macht es“

Thorsten Schubert, CFO/CIO der Knauf Gruppe, betonte geostrategische Zusammenhänge. Die Zusammenarbeit mit ukrainischen Partnern könne sich auch deshalb lohnen, weil sie mit wachsendem Erfolg nach Afrika, Asien und Europa exportierten. Vor allem aber sollte niemand Zeit verlieren. China wolle sich mit Milliarden-Investitionen das Vorrecht auf die Ukraine sichern. „Nur an der Seitenlinie stehen und zuschauen, bringt uns nichts. Also geht dahin und macht es“, riet Schubert. Die Chancen sind da.

Kubiw schwärmte, dass sich mit ukrainisch-bayerischem Teamwork die Märkte der Türkei, Kasachstans, Georgiens und sogar Asiens erobern ließen. Aigner nahm diese Offerte an. Sie sagte, auch Bayern suche die langfristige Zusammenarbeit. „Wir kommen, um zu bleiben.“