Fakten über CETA
Die Verhandlungen zwischen der EU und Kanada über das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) sind abgeschlossen. Am 15. Februar 2017 hat das Europäische Parlament CETA zugestimmt. Der kanadische Senat hat am 10. Mai 2017 das Gesetz zur Umsetzung des EU-Kanada Abkommens angenommen. Seit dem 21. September 2017 sind weite Teile des Abkommens vorläufig in Kraft getreten. Dennoch ist der Weg der Ratifizierung zur endgültigen Anwendung lang und beherrscht nicht nur die handelspolitische Debatte in Europa, sondern bewegt auch Unternehmer und Öffentlichkeit.
Bayern und Kanada verbinden langjährige, sehr erfolgreiche Wirtschaftsbeziehungen. Nicht nur für bayerische Großkonzerne ist Kanada ein wichtiger Markt, sondern auch für viele bayerische kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Vor allem für diese ist der kanadische Markt aber nach wie vor mit hohen Hürden für den Zugang und die Bearbeitung verbunden – beim Warenhandel, bei Investitionen, beim Dienstleistungsverkehr und bei technischen Standards und Normen. Vor diesem Hintergrund hat das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) einen hohen Stellenwert für die mittelständische Wirtschaft.
Die Abkürzung „CETA“ steht für umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (comprehensive Economic and Trade Agreement). Das Ziel von CETA ist es, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Wirtschaftsräumen zu intensivieren. Zentraler Punkt ist dabei ein verbesserter Marktzugang für Industriegüter, Agrarprodukte und Dienstleistungen sowie im Bereich des öffentlichen Auftragswesen und Investitionen.
Die drei wesentlichen Vorteile des gemeinsamen Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada:
- deutlich besserer Zugang zum kanadischen Markt für europäische Unternehmen
- weniger Kosten für den Mittelstand durch gemeinsame Regeln
- Abschaffung fast aller Zölle für Industriegüter.
Erstmals in einem Freihandelsabkommen enthalten sind ein modernes Nachhaltigkeitskapitel sowie ein Investitionsschutz nach deutschem Standard.
Neben dem Freihandelsabkommen mit Kanada gibt es derzeit eine Reihe weiterer Freihandelsabkommen. Effekte von Freihandelsabkommen sind u.a. Verbesserung der Handelsbeziehungen zwischen den Staaten und in der Folge Zunahme von Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Ein Beispiel ist das Abkommen der EU mit Südkorea (in Kraft seit Juli 2011): Laut EU-Kommission steigen die Exporte der EU nach Südkorea seit Inkrafttreten des Abkommens bis 2014 um 35%.
Die EU und Kanada sind bedeutende Wirtschaftspartner in der Welt, sie erwirtschaften gemeinsam etwa 22 Prozent des globalen BIP. Zwischen Deutschland und Kanada herrscht eine rege wirtschaftliche Beziehung. Mit einem Handelsvolumen von 13,5 Mrd. EUR in 2016 liegt Kanada auf Rang 32 der wichtigsten Handelspartner weltweit. Die Ausfuhren betrugen im Jahr 2016 9,4 Mrd. EUR, die Einfuhren 4,1 Mrd. EUR. Somit erwirtschaftete Deutschland einen positiven Außenhandelsüberschuss von 5,3 Mrd. EUR. Auch für Kanada ist Deutschland ein wichtiges Partnerland. Nach den USA ist die EU der zweitwichtigste Handelspartner Kanadas. Auf die EU entfallen ungefähr 10 Prozent des kanadischen Außenhandels.
Aus bayerischer Sicht wuchsen die Exporte im Jahr 2016 um 2,4 % und beliefen sich auf 1,7 Mrd. EUR. Die Importe nach Bayern blieben hingegen konstant und beliefen sich auf 0,4 Mrd. EUR. Bayerische Direktinvestitionen in Kanada gab es im Jahr 2015 i. H. v. 5,1 Mrd. EUR, umgekehrt kanadische Investitionen in Bayern i. H. v. 0,1 Mrd. EUR. Kanada ist ein wichtiger Partner für die EU und Deutschland, aber auch umgekehrt. Diese bereits bestehenden stabilen Handelsbeziehungen sollen durch das Handelsabkommen CETA weiter ausgebaut werden.
Ehrgeizige Verhandlungsziele sollen zu den drei großen Themengruppen erreicht werden: Marktzugang, regulatorische Zusammenarbeit und Handelsregeln.
Eine gemeinsame Arbeitsgruppe hochrangiger EU- und Kanada-Vertreter definierte folgende Ziele und Maßnahmen, die ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen enthalten sollte:
- Abschaffung von Zollabgaben: CETA bietet umfangreiche Zollerleichterungen und damit neue Marktchancen: Ab Inkrafttreten werden 99 % aller Industriezölle und 92 % der Agrarzölle abgebaut. Innerhalb von sieben Jahren werden die verbleibenden 17 Industriezölle etwa bei Automobilen und Schiffen abgebaut. Wichtige Ausnahmen bleiben bestehen für besonders sensible Produkte im Agrarbereich.
- Abschaffung von nicht-tarifären Handelshemmnisse: Durch das CETA-Abkommen werden bürokratische Hürden abgebaut, zum Beispiel durch die Vereinfachung der Zollverfahren, oder die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsprüfungen. Dies kommt insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute, die hierdurch künftig Kostenvorteile von bis zu 20% erzielen können. Gleichzeitig werden Marktzugangshürden für europäische Dienstleister abgebaut.
- Mobilität von Fachkräften: Der temporäre Aufenthalt zur Dienstleistungserbringung und Geschäftszwecken wird erleichtert. Mit Vereinfachungen für die Entsendung von Mitarbeitern in Tochterunternehmen haben Monteure und Techniker nun z. B. die Möglichkeit, im Rahmen von vertraglicher Gewährleistung und Serviceverträgen gelieferte Maschinen und Anlagen leichter zu installieren oder zu warten.
- Beidseitiger Zugang zu öffentlichen Aufträgen: Der kanadische Marktzugang zu öffentlichen Ausschreibungen wird erstmals auf allen staatlichen Ebenen geöffnet. Das Marktöffnungsniveau entspricht damit erstmals dem bereits sehr offenen Niveau der EU. Kanada wird zudem eine zentrale elektronische Datenbank einrichten, über die sich Unternehmen über jede Ausschreibung aller Verwaltungsebenen informieren können. Dies erleichtert europäischen Unternehmen, gerade KMUs, die schwer an solche Informationen kommen, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen.
- Investitionsschutz und Förderung: Im Bereich des Investitionsschutzes sieht das Abkommen eine Abkehr vom bisherigen System der privaten Schiedsgerichte mit einem grundlegend renovierten, modernen Streitschlichtungsverfahren vor, das das staatliche Recht zur Regulierung ausdrücklich festschreibt. Es wird einen neuen Investitionsgerichtshof (ICS) mit unabhängigen Richtern, eine Berufungsinstanz, ein transparentes Verfahren mit Erleichterungen für KMU und restriktive Zulassungshürden für Klagen geben.
- Ursprungsregeln: Der Aufbau der allgemeinen Ursprungsregeln, also der Nachweis des Produktionsortes, erinnert stark an die Gestaltung US-amerikanischer Abkommen und des NAFTA-Abkommens.
- Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen: Dienstleistungsanbieter erhalten wie im Post- und Telekommunikationsbereich, sowie auf Teilstrecken der Seeschifffahrt ab Inkrafttreten einen vereinfachten Marktzugang.
- Förderung von Wachstum und Beschäftigung
- Verstärkte Zusammenarbeit bei der Regulierung (auf freiwilliger Basis)
- Schutz von Demokratie, Verbrauchern und Umwelt
Die technischen Verhandlungen zu CETA sind bereits seit August 2014 beendet. Auch die Rechtsförmlichkeitsprüfung ist abgeschlossen und des Abkommen in Textform veröffentlicht.
Aufgrund des öffentlichen Drucks kam dann der Vorschlag auf, das CETA Abkommen als ein so genanntes „gemischtes Abkommen“ abzuschließen. Dies bedeutet, dass Teile des Abkommens in den Zuständigkeitsbereich der EU-Mitgliedsstaaten fallen. Daraus folgt, dass auch die nationalen Parlamente dem Abkommen seine Zustimmung geben müssen. Somit gelten alle Mitgliedsstaaten als Vertragsparteien. Die Unterzeichnung zur vorläufigen Anwendung des Abkommens erfolgte am 30. Oktober 2016 im Rahmen des EU-Kanada-Gipfels.
Die vorläufige Anwendung ist im EU-Recht geregelt. Diese trifft aber nur auf Teile des Abkommens zu, die ausschließlich bei der Europäischen Union und nicht bei den Mitgliedsstaaten liegen. Hierzu musste das Europäische Parlament allerdings zunächst seine Zustimmung geben. Als Beginn der vorläufigen Anwendung haben sich beide Seiten auf den 21. September 2017 geeinigt. Seit diesem Tag sind weite Teile des Abkommens vorläufig anwendbar.
Das Zustandekommen eines Freihandelsabkommens:
Mandat: Die EU-Kommission erhält ein Mandat der Regierungen der Mitgliedstaaten. Die EU ist nicht nur für Handelspolitik zuständig, sondern seit 2009 mit dem Vertrag von Lissabon auch für Investitionsschutz.
Verhandlungen durch die EU-Kommission auf Grundlage des Verhandlungsmandats der Mitgliedstaaten unter laufender Einbeziehung des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten im Rahmen des handelspolitischen Ausschusses (in Deutschland auch in Abstimmung mit den Bundesländern):
- Konsultation der EU-Kommission
- Treffen der EU-Kommission mit Vertretern der verschiedenen Interessensgruppen und der Zivilgesellschaft bei jeder Verhandlungsrunde
- Veröffentlichungen zu Zielen, Verhandlungsangeboten der EU und Verhandlungsergebnissen
Unterzeichnung und Paragraphierung des Abkommens, anschließend umfassende Rechtsprüfung des Verhandlungsergebnisses und Übersetzung in alle Amtssprachen der EU.
Ratifizierung: Entscheidung über das Verhandlungsergebnis durch die Abgeordneten des EU-Parlaments und die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten im Rat. Bei gemischten Abkommen, bei denen Themen mitverhandelt werden, die auch weiterhin in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegen, erfolgt zudem eine Abstimmung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Bei CETA handelt es sich um ein gemischtes Abkommen, d.h. es gibt eine doppelte demokratische Absicherung (in Deutschland durch Bundestag und voraussichtlich auch Bundesrat).
Nachdem das Freihandelsabkommen bereits seit dem August 2014 fertig verhandelt ist und mittlerweile auch die rechtliche Prüfung des Vertrages abgeschlossen ist, läuft nun der Ratifizierungsprozess.
Der Verfassungsgerichtshof billigte das Abkommen unter drei Bedingungen. Demnach musste die Bundesregierung sicherstellen,
- dass ein Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung nur die Bereiche von CETA umfasst, die unstrittig in der Zuständigkeit der Europäischen Union liegen (bereits geschehen),
- dass bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache eine hinreichende demokratische Rückbindung der im Gemischten CETA-Ausschuss gefassten Beschlüsse gewährleistet wird, und
- dass die Auslegung des Art. 30.7 Abs. 3 Buchstabe c CETA eine einseitige Beendigung der vorläufigen Anwendung durch Deutschland ermöglicht.
Nachdem der erste Termin des EU-Kanada-Gipfels am 27. Oktober 2016 in Brüssel aufgrund von Widerständen aus den regionalen Parlamenten der Wallonie sowie Brüssel (Belgien) abgesagt werden musste, konnte das Abkommen schließlich doch noch, nach tagelangen Verhandlungen und Kompromissen, am 30. Oktober 2016 unterzeichnet werden.
Am 15. Februar 2017 hat das Europäische Parlament CETA zugestimmt. Nun geht CETA in die nationalen Parlamente. Dort bedarf es die Zustimmung jedes Vertragspartners, bevor das Abkommen endgültig und in allen Bereichen angewendet werden darf. In Deutschland bedeutet das, dass sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat CETA ratifizieren muss.