Arbeitskräftemangel
Über die Hälfte der bayerischen Unternehmen hat im Herbst 2022 Probleme bei der Stellenbesetzung: 56 % können ihre Vakanzen länger als zwei Monate nicht besetzen. 61 % der Unternehmen sehen im Fachkräftemangel eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung.
Dies ist das Ergebnis einer bayernweiten Unternehmensbefragung im Rahmen der Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) unter 3.400 Unternehmen.
Inhalt
- Die Besetzung offener Stellen bleibt problematisch
- Welche Qualifikationsniveaus suchen die Unternehmen?
- Probleme bei der Besetzung offener Stellen im regionalen Vergleich
- Maßnahmen der Unternehmen gegen den Arbeitskräftemangel
- Das Risiko Fachkräftemangel in den einzelnen Branchen
- Das Risiko Fachkräftemangel in Oberbayern
Die Besetzung offener Stellen bleibt problematisch
56 % der befragten bayerischen Unternehmen gaben an, ihre vakanten Stellen länger als zwei Monate nicht besetzen zu können.
Die Branchen sind vom Arbeitskräftemangel unterschiedlich stark betroffen. Insbesondere im Tourismus (62 %) hat ein sehr großer Anteil der Betriebe Schwierigkeiten offene Stellen zu besetzen.
Auch im Baugewerbe gibt es Probleme: Obwohl der entsprechende Anteil der Unternehmen gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozentpunkte gesunken ist, bleibt die Stellenbesetzung für über die Hälfte der Bauunternehmen (59 %) im Jahr 2022 problematisch.
In den Industrieunternehmen (59 %) wird die Stellenbesetzung zunehmend schwieriger. Auch im Dienstleistungsbereich (55 %) und im Handel (49 %) klagen die Unternehmen über größere Probleme als noch vor Corona. Lediglich in der Informationswirtschaft (44 %) hat sich der Arbeitsmarkt etwas entspannt.
Welche Qualifikationsniveaus suchen die Unternehmen?
Über alle Qualifikationsniveaus hinweg werden Arbeitskräfte in Bayern im Herbst 2022 dringend gesucht. Im Schnitt gibt jedes zweite Unternehmen an, vergeblich nach einer Arbeitskraft mit Fachwirt-, Meister- oder einem anderen Weiterbildungsabschluss zu suchen (50 %).
Aber auch die Besetzung von Stellen für Auszubildende (44 %), Fachkräfte mit dualer Berufsausbildung (41 %) sowie mit (Fach-)Hochschulabschluss (40 %) erweist sich über alle Branchen hinweg als problematisch. Zudem sucht mehr als jedes vierte Unternehmen in Bayern (28 %) vergeblich nach Hilfspersonal ohne abgeschlossener Berufsausbildung.
Dabei gibt es jedoch große Unterschiede über die Branchen hinweg. Während in der Informationswirtschaft vor allem Mitarbeiter mit (Fach-)Hochschulabschluss gefragt sind (79 %), werden in der Tourismuswirtschaft auch Helfer ohne qualifizierte Berufsausbildung dringend gesucht (51 %).
Probleme bei der Besetzung offener Stellen im regionalen Vergleich
Im regionalen Vergleich sind Probleme bei der Besetzung offener Stellen größtenteils ähnlich stark ausgeprägt.
56 % der befragten Unternehmen in der Region München gaben im Herbst 2022 an, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Die entsprechenden Anteile in Südostoberbayern (55 %) und Ingolstadt (57 %) fallen ähnlich hoch aus und liegen sehr nah am oberbayerischen (55 %) und gesamtbayerischen Durchschnitt (56 %).
Lediglich im Oberland sind mit 44 % Probleme bei der Besetzung offener Stellen etwas geringer.
Maßnahmen der Unternehmen gegen den Arbeitskräftemangel
Die bayerischen Unternehmen greifen auf verschiedene Maßnahmen zurück, um Probleme bei der Stellenbesetzung zu reduzieren.
Im Schnitt wollen 66 % aller befragten Unternehmen zu diesem Zweck ihre Arbeitgeberattraktivität verbessern, 53 % setzen auf mehr Ausbildung und 48 % möchten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in ihrem Betrieb erleichtern.
Zudem stellen für bayerische Unternehmen mehr Weiterbildung (43 %), die Stärkung der Mitarbeiterkompetenz für Digitalisierung und Strukturwandel (39 %), die Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland (35 %) oder von älteren Mitarbeitern (31 %) sowie der Ersatz von Arbeitskräften durch Investitionen in technische Lösungen (30 %) weitere wichtige Maßnahmen gegen den Arbeitskräftemangel dar.
Die Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland spielt vor allem für das Baugewerbe (53 %) sowie die Tourismuswirtschaft (45 %) eine große Rolle. Technische Lösungen als Ersatz für Arbeitskräfte kommen dagegen insbesondere in der Industrie (47 %) in Frage.
Industrie (48 %), Dienstleister (43 %),Handel (40 %) sowie Baugewerbe (38 %) setzen zudem stark auf Weiterbildung.
Das Risiko Fachkräftemangel in den einzelnen Branchen
Insgesamt bleibt die Einschätzung des Fachkräftemangels als Geschäftsrisiko in den kommenden 12 Monaten über alle Branchen hinweg auf einem hohen Niveau: Wie im vorigen Jahr sehen 61 % der bayerischen Betriebe darin eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung.
Mit 72 % sieht der Tourismus im Herbst 2022 die wirtschaftliche Entwicklung am stärksten durch den Fachkräftemangel bedroht, gefolgt vom Baugewerbe mit 71 %. Auch bei den Dienstleistungsbetrieben (62 %), in der Industrie (60 %) sowie im Handel (53 %) befürchtet über die Hälfte der befragten Unternehmen eine wirtschaftliche Beeinträchtigung durch den Fachkräftemangel.
Während in der Industrie gegenüber dem Vorjahr ein weiterer Anstieg um 4 Prozentpunkte zu verzeichnen ist, ist die Einschätzung des Fachkräftemangels als Geschäftsrisiko in den meisten anderen Branchen auf hohem Niveau leicht rückläufig.
Besonders in der Informationswirtschaft (um 17 Prozentpunkte) sowie im Baugewerbe (um 13 Prozentpunkte) ist ein substanzieller Rückgang zuverzeichnen.
Das Risiko Fachkräftemangel in Oberbayern
Der Anteil der Unternehmen, der eine wirtschaftliche Beeinträchtigung durch fehlende Fachkräfte befürchtet, liegt in Oberbayern mit 61 % genau im gesamtbayerischen Durchschnitt.
Gegenüber dem Vorjahr (62 %) ist dieser Anteil stabil und bleibt weiterhin auf einem hohen Niveau. Nach wievor betrachtet mehr als jedes zweite Unternehmen in Oberbayern den Fachkräftemangel als akute Bedrohung im Herbst 2022.
Innerhalb Oberbayerns wird das Risiko durch den Fachkräftemangel relativ ähnlich eingeschätzt. Die Regionen Ingolstadt (66 %), München (62 %)und Südostoberbayern (59 %) unterscheiden sich nur wenig voneinander. Lediglich im Oberland ist die Sorge vor dem Fachkräftemangel mit 50 % im Vergleich etwas geringer ausgeprägt – wenn auch ebenfalls auf hohem Niveau.