27.04.2016

Berufsbildungsbericht: Gesellschaft muss Ausbildung wieder wertschätzen

Die bayerische Wirtschaft begrüßt die von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) in Berlin angekündigte Aufwertung der dualen Berufsausbildung durch einen stärkeren Fokus von praxisnaher Berufsorientierung an Gymnasien. „Es ist höchste Zeit, dem Akademisierungswahn in Deutschland die Stirn zu bieten. Dazu gehört auch, dass die Gesellschaft im Kopf umschaltet und erkennt, dass Ausbildung keine Sackgasse ist, sondern vielfältige Karrierechancen eröffnet“, sagt Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK), in einer Reaktion auf den heute vorgelegten nationalen Berufsbildungsbericht.

Gerade die bayerischen Unternehmen leiden besonders stark unter der ‎Bewerberlücke: Zu Beginn des aktuellen Ausbildungsjahres im Herbst 2015 blieben im Freistaat mindestens 11.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Diesen standen nur noch 874 unversorgte Bewerber gegenüber, so die Statistik der Arbeitsagentur. ‎„Vor allem kleine und mittlere Unternehmen müssen um jeden Azubi kämpfen“, so Driessen. Der jetzt vorgestellte Ansatz der Bundesregierung unterstütze den in Bayern bereits eingeschlagenen Weg, das Image und den Stellenwert der Ausbildung deutlich aufzuwerten. Dazu haben BIHK, Handwerk und Staatsregierung die Imagekampagne „Elternstolz“ gestartet. Auch mit dem neuen BIHK-Projekt „Ausbildungs Scouts“ werde zusätzlich in allen Schularten für die duale Ausbildung geworben. Dies sei mit Blick auf die rückläufigen Schulabgängerzahlen dringend notwendig, warnt Driessen: Seit Beginn der 1980er Jahre ist die Zahl der Abgänger von Haupt- und Mittelschulen in Bayern massiv geschrumpft, von rund 76.000 auf aktuell ‎‎30.680.‎ Damit stellen sie nur noch 21 Prozent der Schulabgänger.

Zugleich wehrt sich der BIHK-Chef vehement gegen den Vorwurf, dass Betriebe eine Bestenauslese betreiben und Mittelschüler deswegen keine Chance auf eine Lehre hätten. „Alleine im Zuständigkeitsbereich der IHK wird jeder dritte Ausbildungsvertrag mit einem Haupt- bzw. Mittelschüler abgeschlossen. Die Mittelschule ist damit eine wichtige und unersetzliche Säule für unsere Betriebe“, unterstreicht Driessen.

Einen immer größeren Anteil an Auszubildenden in den IHK-zugehörigen Betrieben in Bayern stellen zudem ausländische Jugendliche mit derzeit 7 Prozent (Vorjahr 6,5 Prozent). Dabei komme vor allem der raschen und ‎zielgerichteten Integration von Flüchtlingen in den ‎Arbeitsmark‎t eine Schlüsselrolle beim Lösen des Azubimangels zu. „Viele Unternehmen engagieren sich bereits und sind daran interessiert, auch hier Perspektiven zu schaffen“, so der BIHK-Hauptgeschäftsführer.