Pressemeldung vom 06.06.2025
So viele Kommunen wie noch nie erhöhen ihre Gewerbesteuerhebesätze
Klamme Kassen sorgen für einen Negativrekord in Oberbayern: Im vergangenen Jahr haben so viele Kommunen wie noch nie ihre Gewerbesteuerhebesätzen erhöht. Während im Jahr 2024 nur drei Gemeinden ihren Hebesatz für die Gewerbesteuer senkten, drehten insgesamt 55 oberbayerische Kommunen die Hebesätze nach oben, wie eine Auswertung der IHK für München und Oberbayern ergibt. Angesichts der zunehmenden finanziellen Engpässe bei zeitgleich weiter steigenden Kosten und Ausgaben der Städte und Gemeinden hatte die IHK diese Entwicklung bereits befürchtet.
IHK-Präsident Lutz: „Haushaltslöcher nicht auf dem Rücken der Unternehmen stopfen“
IHK-Präsident Klaus Josef Lutz fordert deswegen Augenmaß bei den Gewerbesteuerhebesätzen. „Dass der Großteil der Gemeinden und Städte angesichts ihrer finanziellen Lage unter Druck steht, ist nachvollziehbar. Die Haushaltslöcher dürfen aber nicht auf dem Rücken der heimischen Unternehmen gestopft werden“, sagt Lutz.
Zwischen dem Jahr 2014 und dem Jahr 2024 stieg der Gewerbesteuerhebesatz in 203 Kommunen in Oberbayern. Die Hebesätze gesenkt haben hingegen im gleichen Zeitraum nur 15 oberbayerische Kommunen.
Im Jahr 2024 betrug der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz der oberbayerischen Gemeinden und Städte 342 Prozent, ein Plus von drei Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Oberbayerischer Spitzenreiter beim Gewerbesteuerhebesatz blieb 2024 die Landeshauptstadt München mit 490 Prozent. Es folgen die Gemeinden Berglern und Wartenberg im Landkreis Erding sowie Hebertshausen im Landkreis Dachau mit jeweils 450 Prozent. Den niedrigsten oberbayerischen Hebesatz von 240 Prozent riefen wie in den Vorjahren die Gemeinden Grünwald (Landkreis München), Pöcking (Landkreis Starnberg), Stammham (Landkreis Altötting) sowie Bad Wiessee (Landkreis Miesbach) auf. Gesetzlich ist den Gemeinden bundesweit ein Mindesthebesatz von 200 Prozent vorgeschrieben, den die neue Bundesregierung laut ihrem Koalitionsvertrag auf 280 Prozent erhöhen will.
"Ihre Liquidität brauchen die Unternehmen für Zukunftsinvestitionen und Innovationen"
„Jegliche Steuererhöhung kommt zur absoluten Unzeit“, sagt IHK-Präsident Lutz. „Unsere
Wirtschaft steckt noch immer in der Dauerstagnation fest, die Investitionsbereitschaft liegt nahe dem Nullpunkt. Steuer-, Energie- und Arbeitskosten sind im internationalen Vergleich an der oberen Grenze, die Flut an Bürokratie schlichtweg erdrückend. Wenn Kommunen in dieser für alle Seiten herausfordernden Zeit ihre Gewerbesteuerhebesätze nach oben schrauben, verschärft das die wirtschaftliche Lage. Ihre Liquidität brauchen die Unternehmen für Zukunftsinvestitionen und Innovationen, was die neue Bundesregierung erkannt hat und deshalb Entlastungen auf den Weg bringen will.“ Lutz betont, dass gerade in Oberbayern viele Start-ups im Wachstum sind und mit ihren Innovationen inzwischen zur Weltspitze gehören. „Diese jungen Firmen, aber auch die alteingesessenen Unternehmen, brauchen Rückenwind und keinen Gegenwind durch höhere Steuern – ansonsten suchen sie sich für ihre weitere Entwicklung einen anderen Standort. Das dürfen wir nicht riskieren“, mahnt der IHK-Präsident.
Insgesamt nahmen die Kommunen in Oberbayern im vergangenen Jahr über die Gewerbesteuer etwa 6,6 Milliarden Euro ein, wegen der schlechten Wirtschaftslage rund 100 Millionen Euro weniger als im Jahr 2023. Von der angegebenen Summe müssen die Kommunen eine Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder abführen, im vergangenen Jahr waren das 646 Millionen Euro. Die Netto-Gewerbesteuereinnahmen (nach Abzug der Umlage) standen 2024 für mehr als die Hälfte der kommunalen Steuereinnahmen in Oberbayern.
In vielen Kommunen spielen bei den aktuellen Diskussionen über höhere Gewerbesteuern die steigenden Kreisumlagen eine große Rolle. Über die Kreisumlage werden die Kommunen an den Ausgaben ihrer Landkreise beteiligt, die keine eigenen Steuereinnahmen haben. Die Kreisumlagen sind in den vergangenen Jahren oftmals deutlich angestiegen, unter anderem durch höhere Kosten für Krankenhäuser, in der Kinder- und Jugendhilfe sowie für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten.
Grundlage der IHK-Auswertung sind die Daten zu den Gewerbesteuerhebesätzen und Gemeindefinanzen, die regelmäßig vom Bayerischen Landesamt für Statistik veröffentlicht werden.