22.10.2015 - Garmisch-Partenkirchen
„Es gibt keinen Quadratmeter nutzbarer Gewerbeflächen“
Wie können Wirtschaft, Politik und Verwaltung gemeinsam den Landkreis Garmisch-Partenkirchen für die Zukunft fit machen und damit dafür sorgen, dass die Region den Anschluss an die dynamische Entwicklung Oberbayerns nicht verpasst? Diese Frage diskutierte das IHK-Gremium Garmisch-Partenkirchen mit Kommunalpolitikern und Verwaltungsfachleuten auf seiner Herbstsitzung in Seehausen. Im Mittelpunkt stand dabei die Sorge der regionalen Wirtschaft, „dass weitere Firmen abwandern und wir Arbeitsplätze verlieren“, brachte es Gerhard Lutz, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des IHK-Gremiums Garmisch-Partenkirchen, auf den Punkt.
Sorge um Entwicklungspotentiale für Unternehmen
Auslöser für die Diskussion mit Landrat Anton Speer, Kreisbaumeister Alkmar Zenger sowie den Bürgermeistern der Gemeinde Seehausen und Oberau, Markus Hörmann und Peter Imminger, waren die Ergebnisse der im Sommer veröffentlichten IHK-Standortumfrage bei den Werdenfelser Unternehmen. Darin zeigten sich die Firmen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen nur bedingt zufrieden mit ihrem Wirtschaftsstandort. Insgesamt erhielt der Landkreis die Gesamtnote 2,6 und liegt damit deutlich unter dem Wert von 2,1 für ganz Oberbayern. Am schlechtesten bewertet wurden die Hochschul-Versorgung der Region, das hohe Preisniveau von Gewerbeflächen sowie das Angebot an Fachkräften. Ganz oben auf der Wunschliste der Betriebe steht zudem eine bürokratieärmere Verwaltung.
Standortfaktor
„Wir sind schon jetzt in nahezu allen Bereichen das Schlusslicht in Oberbayern und das einzige Fördergebiet im Regierungsbezirk“, warnte Lutz eindringlich. Allzu oft würden Projekte im Werdenfelser Land mit dem Argument des Naturschutzes ausgebremst. „Wir werden blockiert ohne Ende“, kritisierte Lutz. Dabei gehe es der Wirtschaft im Landkreis nicht darum, neue Industrie anzusiedeln und großflächig Böden zu versiegeln. „Es muss aber möglich sein, Arbeitsplätze zu sichern, indem sich bestehende Unternehmen vor Ort weiterentwickeln können und junges, kreatives Gewerbe entstehen kann“, appellierte der IHK-Gremiumsvorsitzende. Derzeit gebe es in der Region „keinen einzigen Quadratmeter nutzbarer freier Gewerbefläche“. Dies sei aber ein entscheidender Standortfaktor.
Dass dabei auch die Kommunen häufig an ihre Grenzen stoßen, berichteten Markus Hörmann und Peter Imminger. Derzeit versuche seine Gemeinde ein rund 5,5 Hektar großes Gewerbegebiet in Seehausen zu entwickeln, um der Abwanderung von bestehenden Unternehmen entgegenzuwirken, sagte Hörmann. Aufgrund der exponierten Lage am Staffelsee sei die Gemeinde dabei „sehr eingeschränkt, überhaupt echte Gewerbeflächen für einen guten Branchenmix und für qualifizierte Arbeitsplätze ausweisen zu können“, kritisierte der Bürgermeister. Die zeitintensiven und oftmals auch widersprüchlichen Genehmigungsverfahren im Landkreis verschärften das Problem. „Da wandert uns der ein oder andere Betrieb schon ab, bevor wir die neuen Flächen an den Längenwiesen überhaupt entwickeln können“. Er forderte, wie zuvor schon die Unternehmer, mehr Dienstleistungsgedanken bei den zuständigen Stellen im Landratsamt und eine bessere Unterstützung der Kommunen bei der Entwicklung von Gewerbeflächen.
Dienstleistungsgedanke
Erste Anstrengungen in Sachen bessere Dienstleistung seien bereits gemacht, betonte Kreisbaumeister Alkmar Zenger, der sein Amt zum 1. Juli 2015 angetreten hat. Dazu zähle unter anderem ein verstärkter Beratungsservice für Bauherren. Zudem soll das Internetangebot sukzessive optimiert werden und dort unter anderem alle notwendigen Antragsformulare für Genehmigungsverfahren abrufbar sein, stellte der Kreisbaumeister in Aussicht. Mit vollständigen und guten Unterlagen könnten auch die Antragsverfahren deutlich beschleunigt werden, unterstrich Zenger. Generell käme aber auch das Landratsamt bei seinen Genehmigungsverfahren nicht an den Auflagen des Landesentwicklungs-programms und der Regionalplanung vorbei.
Mehr Dienstleistung für die Wirtschaft und noch engere Zusammenarbeit versprach auch Landrat Anton Speer. In Kürze werde dazu die Stelle eines Wirtschaftsförderers im Landratsamt neu besetzt. „In einer Region, in der mehr als 60 Prozent der Flächen Naturschutzflächen sind, bleibt die Entwicklung von Gewerbegebieten jedoch immer eine Herausforderung“, betonte Speer.