Pressemeldung vom 04.11.2019 - Berchtesgadener-Land - Rosenheim - Traunstein
IHK-Konjunkturumfrage: Wirtschaftliche Talfahrt beschleunigt sich
Die Stimmung in der südostoberbayerischen Wirtschaft hat sich im Vergleich zum Frühjahr dieses Jahres nochmals verschlechtert. Der Konjunkturindex der IHK für München und Oberbayern liegt in der aktuellen Herbstumfrage bei 112 Punkten. Das sind elf Zähler weniger als im Frühjahr. Er erreicht damit seinen niedrigsten Wert seit neun Jahren.
Wagner: „Politik muss dringend Anreize für Investitionen setzen“
Die in den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf am Inn, Traunstein sowie in Stadt und Landkreis Rosenheim beheimateten Betriebe sind mit ihrer Geschäftslage deutlich weniger zufrieden als noch im Frühjahr. Fast die Hälfte (45 Prozent) bezeichnet ihre aktuelle Geschäftslage als gut, sieben Prozent jedoch als schlecht. Der Saldo der Lageurteile fällt damit auf 38 Punkte und liegt nur noch wenig über dem langjährigen Durchschnitt von 32 Punkten. Im Frühjahr lag das Verhältnis der Lageurteile noch bei 51 zu 5.
Auch in den kommenden Monaten rechnen die Unternehmen mit einer weiteren Eintrübung der Lage. So sind die Geschäftserwartungen per Saldo um 13 Zähler auf -10 Punkte gefallen, ein Zehnjahrestief. Die Unternehmen in der Region sind damit noch skeptischer als die bayerische Wirtschaft insgesamt (Saldo -5 Punkte). Die Polarisierung hat gegenüber dem Frühjahr noch zugenommen: Der Anteil der Pessimisten hat sich auf 25 Prozent verdoppelt, der Anteil der Optimisten ist bei 15 Prozent konstant geblieben.
Auch die Unsicherheit hinsichtlich des weiteren Konjunkturverlaufs hat zugenommen: Im Vergleich zur Frühjahrsumfrage sind die Sorgen vor einer Eintrübung der Inlandsnachfrage von 36 auf 50 Prozent stark angestiegen. Auch die Entwicklung der Auslandsnachfrage beurteilen die Betriebe kritischer. Sahen hierin im Frühjahr 19 Prozent der Betriebe ein Risiko, sind es nun 27 Prozent.
Als Folge der schwachen Aussichten kürzen die Unternehmen ihre Beschäftigungs- und Investitionspläne. Der Saldo der Investitionspläne liegt mit fünf Punkten nur noch knapp im Plus. Auch der Beschäftigungsaufbau läuft aus: Nur noch 13 Prozent der Unternehmen möchten Beschäftigung aufbauen, 17 Prozent müssen Stellen reduzieren. Der Saldo der Beschäftigungspläne fällt damit zum ersten Mal seit sechs Jahren ins Minus, auf -4 Punkte.
Die schwächeren Beschäftigungspläne schlagen sich ebenfalls in den Risiko-bewertungen nieder: Zwar wird der Fachkräftemangel weiterhin am häufigsten als Risiko genannt, er verliert jedoch weiter an Brisanz: Nur noch 56 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihn als Risiko. Zuvor waren es 61 Prozent. Stark zugenommen haben die wirtschaftspolitischen Sorgen: Mehr als die Hälfte der Unternehmen (54 Prozent nach zuvor 45 Prozent im Frühjahr) sieht in den aktuellen Rahmenbedingungen ein Risiko.
„Die Unternehmen in der Region spüren deutlich die konjunkturelle Eintrübung. Eine schnelle Rückkehr zu höherem Wachstum erwarten sie nicht“, sagt Irene Wagner, Sprecherin des IHK-Forums für die Region Südostbayern. „Die Politik muss deshalb reagieren. Unsere Wirtschaft braucht Investitionsanreize, das heißt bessere Abschreibungsregelungen, niedrigere Strompreise und auch die Digitalisierung muss mehr gefördert werden.“ Als Sofortmaßnahme dafür empfiehlt Wagner wesentlich kürzere Abschreibungszeiträume für die Anschaffung von Hard- und Software. Um die Standortbedingungen insgesamt zu verbessern, mahnt Wagner außerdem eine niedrigere Besteuerung der Unternehmen an. Deutschland sei ein Höchststeuerland, so die Marktschellenberger Unternehmerin. Der Steuersatz für einbehaltene Gewinne müsse daher dringend von derzeit über 30 Prozent auf das international übliche Niveau von 25 Prozent gesenkt werden.