BIHK -Podiumsdiskussion am 05.12.2019

"Die neue ePrivacy VO- Öffnet die Datenschutzreform den Weg in ein digitales Europa?"

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Öffnet die Datenschutzreform den Weg in ein digitales Europa? Welche Rolle spielt dabei die vorerst gescheiterte ePrivacy-Verordnung? Das diskutierten die bayerischen Industrie- und Handelskammern (BIHK) mit der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in Brüssel mit Mitgliedern der EU-Kommission, des EU-Rats und Vertretern der Wirtschaft. Veranstaltungsort war die Vertretung des Freistaats Bayern bei der Europäischen Union.

ePrivacy-Verordnung (ePVO) - Europa benötigt eine Lösung, um digitale Entwicklungen rechtssicher voranbringen zu können.

Europa benötigt eine Lösung, um digitale Entwicklungen rechtssicher voranbringen zu können. In diesem Kontext sei die ePVO zu wichtig, um ein Scheitern von Verhandlungen im EU-Rat zu akzeptieren, so Barbara Schretter, Leiterin der Vertretung des Freistaats Bayern bei der Europäischen Union. Deshalb werde Innenkommissar Thierry Breton mit sämlichen Mitgliedsstaaten Gespräche dazu führen.

Ingo Schwarz, Vorsitzender des DIHK-Mittelstandsausschusses, hob in seinem Impulsvortrag hervor:

  • "Wir müssen europäisch denken, weil kleinkariertes Denken uns nicht weiterbringen wird. Ferner müssen wir uns damit auseinander setzen, dass wir keinen europäischen, sondern einen globalen Markt haben. Mit diesen internationalen Zusammenhängen müssen wir zurechtkommen. "
  • "Zu stringente Vorgaben im Datenschutz und insbesondere bei einer ePVO werden dazu führen, dass Mächte außerhalb von Europa uns überholen werden."
  • "Europa darf dabei die Wirtschaft nicht behindern. Regelungen, welche die Unternehmen nicht verstehen, können diese nicht umsetzen. Der Mittelstand bekommt immer mehr neue und komplexere Vorgaben. Diese erfahren in Deutschland auch noch ein Goldplatin."

Seine offen ausgesprochene Kritik meine er auch so. Gerade KMUs, so Schwarz, werden viele der in den Entwürfen zur ePVO enthaltenen Regelungen nicht mehr schultern können. Insofern müssen rechtlich Brücken gebaut und nicht eingerissen werden.

Europa benötigt einen Rechtsrahmen für digitale Entwicklungen

Hierin waren sich der Vertreter der EU-Kommission, des EU-Rates, der Datenschutzaufsichtsbehörde und der Wirtschaft einig.

Jakub Boratynski, Leiter des Referats Cybersecurity und Digital Privacy, DG CNECT, Europäische Kommission, stellte einleitend klar: " We have to work with the Member States and have to make a progress. You cannot leave this uncompleted."

Dies bestätigte auch Robert Dehm, Attaché, Information Society and Telecommunications, Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU, Brüssel: "Es sieht so aus, dass ePrivacy unter der kroatischen Präsidentschaft weiterverhandelt wird. Mit der ePVO ist es ebenso wie beim Brexit schwierig mit Prognosen. Die ePVO hat es im Rat bis zu den Botschaftern geschafft und ist dort mit Pauken und Trompeten, d. h. mit absoluter Mehrheit, durchgefallen. Das Meinungsspektrum im Rat ist hierzu extrem breit."

Kristin Benedikt, Bereichsleiterin Internet, Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht, betonte, es sei sehr problematisch, dass die ePVO nicht zeitgleich am 25. Mai 2018 mit der DSGVO wirksam geworden ist. Bei der ePVO gehe es um die gesamte elektronische Kommunikation. Ein Fehlen einer ePVO kann die DSGVO nur bedingt auffangen. Erschwerend komme hinzu, dass Deutschland aus Sicht der Datenschutzaufsichtsbehörden im Telemediengesetz nicht alle Vorgaben der ePrivacy-Richtlinie umgesetzt habe. Daher können Datenschutzaufsichtsbehörden Unternehmen in diesen Kontexten nur bedingt beraten, nicht aber Rechtslücken schließen, die der Gesetzgeber offengelassen hat.

Dr. Stefan Hanloser, Vizepräsident Data Protection Law, ProSiebenSat 1 Media SE, stellte klar:
"Wichtig ist, dass es mit ePrivacy vorangeht. Dies ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wir bewegen uns mit der Digitalisierung in einem sehr dynamischen Umfeld. Im Online-Massengeschäft ist die Einwilligung keine belastbare rechtliche Grundlage. Wir sind von Amerika überholt worden. Auch technisch hat eine Überholung stattgefunden, da Third Party Cookies rausgekickt worden sind."

Ingo Schwarz forderte, dass der Mittelstand einbezogen werden müsse. Unternehmen möchten Datenschutzfragen vorab regeln und mit der Datenschutzaufsicht abstimmen, um Sanktionen im Nachgang zu vermeiden.

Moderatorin Ursula Illibauer, Bundessparte Information und Consulting, Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), dankte allen Podiumsteilnehmern für die offene Diskussion.

Impressionen von der Veranstaltung