Exponat Juli 2022

„Segensreiches Wirken“: Anfänge der Gewerbeaufsicht im Königreich Bayern

Industrieproduktion ist seit Anbeginn mit Gefahren verbunden. Bereits 1879 setzte das Königreich Bayern "Inspectoren" ein, um die Arbeitssicherheit zu prüfen. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv stellt die Anfänge der Gewerbeaufsicht vor.

Mit der Zunahme der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Produktion größer und gefährlicher. Im Gefolge der Gewerbefreiheit entstanden viele kleinere Betriebe, die auch Kinder und Frauen beschäftigten. Zur Kontrolle der Verhältnisse vor Ort setzte das Königreich Bayern 1879 eigene „Fabriken-Inspectoren“ ein.

Ausgerüstet mit einem handlichen Taschenbuch „zu sofortigster Aufzeichnung der nöthigsten Angaben“ und Verzeichnissen von Fabriken und gewerblichen Anlagen machten sich die Beamten auf den Weg. Sie überprüften, ob Arbeitsbücher und -Karten geführt wurden, ob jugendliche Arbeiter nach den gesetzlichen Vorgaben eingesetzt waren und vor allem wie es um die Arbeitssicherheit bestellt war.

Jährlich legten die Fabrikinspektoren einen umfangreichen und detaillierten Bericht über die Zustände in ihrem Bezirk vor. Die größten Probleme gab es zunächst bei den größeren Ziegelwerken. Dort arbeiteten jugendliche Arbeitskräfte 14 bis 17 Stunden täglich, nach Abzug einer einstündigen Mittagspause. Sie kamen meist aus Italien und wurden von sog. einheimischen „Akkordanten“ angeworben. Die Fabrikinspektoren drängten darauf, niemand unter 16 Jahren mehr anzustellen.

Die Kontrolle verfestigte sich zunehmend. 1902 führte ein Zentralinspektor beim Innenministerium die Aufsicht über 24 Außendienstbeamte. Bis Mitte der 1930er Jahre stieg ihre Zahl auf 72. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden schließlich eigenständige Gewerbeaufsichtsämter.

1892 wurden in Bayern auch zwei weibliche Assistentinnen ernannt. Sie sollten die Arbeitsverhältnisse bei Heimarbeiterinnen kontrollieren. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv verwahrt die Jahresberichte der Königlichen Fabrikinspektoren, die einen Einblick in die harte Arbeitswelt von einst bieten.

Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs