Familie & Beruf

Väterfreundliche Kultur bringt Unternehmen weiter

Volker Baisch ist ein Pionier. Schon seit fast 20 Jahren engagiert er sich für mehr Väterfreundlichkeit. Mit der Väter gGmbH begleitet er Unternehmen, die auf einen väterfreundlichen Kurs umstellen wollen. Im Interview erklärt er, was Firmen von mehr Väterfreundlichkeit haben und wie sie geht.

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© Volker Baisch

Herr Baisch, wie väterfreundlich ist Deutschland denn überhaupt schon?

Die Väterfreundlichkeit hat mittlerweile eine gewisse Substanz. Vor allem gehen mehr und mehr Väter in Elternzeit. In manchen Bundesländern, auch in Bayern, bereits 50 Prozent. Andere Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind für Väter hingegen noch nicht so selbstverständlich – im Homeoffice oder in Teilzeit zu arbeiten zum Beispiel.

Das heißt, wir haben noch einiges zu tun?

Auf jeden Fall. Zumal die Männer selbst sich auch noch mehr trauen müssen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einzufordern. Bei Frauen ist es ganz normal – mehr noch, es wird sogar erwartet, dass sie länger in Elternzeit gehen oder ihr Wochenstundenvolumen für die Familie reduzieren. Bei Vätern lösen solche Wünsche immer noch Erstaunen aus. Deshalb war das Elternzeitgesetz auch so wichtig: Es holt die Väter explizit mit ins Boot und gibt ihnen einen gesetzlichen Rückhalt, wenn sie mit ihrem Wunsch auf die Personalabteilung zugehen.

Aber es haben ja nicht nur die Väter und ihre Familien, sondern auch die Unternehmen etwas von mehr Väterfreundlichkeit?

Unbedingt. Wir leben in Zeiten des Fachkräftemangels. Unternehmen, die den Wünschen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade auch der jungen Generation entgegenkommen, sind attraktiver. Denn für die Generation Y wird es immer wichtiger, dass sich Eltern die Familienarbeit partnerschaftlich teilen. Partnerschaftlichkeit ist hier das neue Schlüsselwort.

Arbeitgeberattraktivität ist aber nicht der einzige Vorteil?

Väterfreundlichkeit führt auch zu mehr Produktivität: Die Mütter kommen früher aus der Elternzeit zurück. Und selbst, wenn sie dann für die Familie in Teilzeit gehen, reduzieren sie ihre Wochenarbeitszeit nicht auf 50 Prozent, wenn sie Partner an ihrer Seite haben, die ebenfalls flexibler und vielleicht auch ein paar Stunden weniger pro Woche arbeiten können.

So, dass unterm Strich für alle mehr dabei herauskommt?

Genau. 80 Prozent plus 80 Prozent ist immer noch mehr als 100 plus 50 Prozent … oder 100 Prozent plus Minijob.

Was können Unternehmen denn praktisch tun, um väterfreundlicher zu werden?

Zunächst sollten Unternehmen eine Bestandsaufnahme machen. Wie viele Väter gibt es bei uns überhaupt? Was haben sie für Wünsche? Was ist nötig, um diese Wünsche zu erfüllen? Was die praktischen Maßnahmen angeht, muss das Rad nicht neu erfunden werden. In der Praxis helfen ähnliche Angebote wie für die Mütter: Teilzeitmöglichkeiten, eher allerdings Vollzeit-Light-Modelle – auch für Führungskräfte, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Unterstützung bei der Kinderbetreuung, Elternzeitmöglichkeiten, die auch proaktiv vom Vorgesetzten oder vom Unternehmen angeboten werden etc.

Am wichtigsten ist es aber, eine väterfreundliche Unternehmenskultur zu etablieren. Väter müssen das Signal bekommen, dass sie die gleichen Vereinbarkeitsansprüche stellen dürfen wie die Mütter, dass sie mit dem Wunsch nach einer besseren Vereinbarkeit nicht aus der Reihe tanzen, dass das Unternehmen ihren Wunsch unterstützt.

Wie entsteht eine solche Kultur?

Zunächst über das Commitment der Unternehmensspitze. Die Unternehmensleitung muss sich explizit zur Väterfreundlichkeit bekennen und das z.B. in den Mitarbeitermedien kommunizieren. Zudem spielen die Führungskräfte ein wichtige Rolle: Die meisten Führungskräfte arbeiten Vollzeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt für ihr eigenes Leben leider noch sehr häufig eine untergeordnete Rolle. Hier gilt es Vorbilder zu finden, die die Vereinbarkeit vorleben. Wenn die Führungskräfte die Vereinbarkeit leben, werden auch die Mitarbeiter ermutigt. Irgendwann ist es dann ganz selbstverständlich, dass auch Väter Vereinbarkeitsangebote nutzen.

Was hat Sie selbst zum Pionier der Väterfreundlichkeit werden lassen?

Meine Frau und ich hatten immer den Plan, uns die Familienarbeit partnerschaftlich zu teilen. Als wir dann vor 18 Jahren Eltern wurden, war dieser Wunsch für mich viel schwerer zu realisieren als für sie. Es war einfach noch nicht üblich, dass Väter – und noch dazu Führungskräfte – für ihre Kinder beruflich kürzer treten. Ich habe dies bei meinem Arbeitgeber damals für mich nicht durchsetzen können. Aber dadurch ist das Väter-Projekt entstanden und ist mittlerweile in die Unternehmensberatung der Väter gGmbH aufgegangen. Unser Ziel ist es seit zehn Jahren das Thema der Vereinbarkeit aus Väterperspektive systematisch in die Wirtschaft zu tragen.

Fünf Schritte für mehr Väterfreundlichkeit