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Automatisiert – Roboter von Agile-Robots arbeiten in der Fertigung großer Konzerne

Automatisiert – Roboter von Agile-Robots arbeiten in der Fertigung großer Konzerne

© Agile Robots

Wir sind die Roboter

Agile Robots zählt zu den international führenden Robotikunternehmen. Seine KI-gestützten Automatisierungslösungen sind weltweit im Einsatz. Und das soll erst der Anfang sein.

Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 11-12/2025

Als die Agile Robots SE im Juni ihre neue Unternehmenszentrale in München-Sendling eröffnete, war sogar der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu Gast. Schon dieser Besuch zeigt, welche Relevanz das 2018 gegründete Unternehmen besitzt. Denn Agile Robots treibt Robotik und künstliche Intelligenz (KI) voran – und Bayern, so Söder, investiere „so viel wie kein anderes Bundesland“ in diese Schlüsseltechnologien.

Das Unternehmen, das von renommierten Robotikforschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ausgegründet wurde, hat eine beeindruckende Erfolgsgeschichte: Bereits 2021 wurde Agile Robots mit mehr als 1 Milliarde US-Dollar bewertet und gehört damit zur elitären Gruppe der „Einhörner“ unter den Start-ups. Mittlerweile beschäftigen die Oberbayern weltweit rund 2.300 Mitarbeiter und setzten im vergangenen Jahr 200 Millionen Euro um.

Agile Robots ist ein führender Anbieter von Automatisierungslösungen der nächsten Generation. Das Unternehmen kombiniert Robotik und künstliche Intelligenz, wodurch Industrieprozesse intelligenter, flexibler und effizienter werden.

KI next Level: Physical AI

Rory Sexton (58), lange für Apple im Silicon Valley und in Asien tätig und seit Anfang 2023 im Management von Agile Robots, erklärt, warum das Münchner Unternehmen die Branche revolutioniert: Wegen der KI sind seine Roboter kollaborativ (Cobots, kurz für Collaborative Robots). Sie können direkt und sicher mit Menschen zusammenarbeiten, übernehmen monotone oder körperlich schwere Aufgaben.

Aber die Roboter können mehr als Befehle ausführen oder Informationen verarbeiten. Sie treffen eigene Entscheidungen und handeln autonom. Physical AI (physische KI) heißt dieses nächste Level, ermöglicht durch Systeme, die ihre Umgebung mit Sensoren wahrnehmen und daraufhin präzise Aktionen ausführen. „Somit werden Prozesse, die früher nur zu rund 50 bis 70 Prozent automatisiert waren, in Gänze automatisiert“, sagt Sexton. In Zeiten des Fachkräftemangels und der Notwendigkeit zur Transformation, um auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig zu sein, seien solche Lösungen wertvoll.

Schnell, kundenorientiert, global

Es sind nicht nur die „klugen“ Roboter, die Agile Robots jährliche Wachstumsraten von „50 bis 70 Prozent“ einbringen. Das Unternehmen verkauft in der Regel Komplettlösungen, die auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten sind. „Wir haben die Datensätze aus der Produktion, die gezielt für das KI-Training genutzt werden. Das macht den großen Unterschied“, sagt Sexton.

„Und wir sind schnell.“ Innerhalb von 9 Monaten könne Agile Robots eine Fabrik aufbauen. Industrieunternehmen auf der ganzen Welt, von Apple über BMW bis Foxconn und weiteren Unternehmen, vor allem aus der Unterhaltungselektronik und der Automobilindustrie, arbeiten daher mit den Oberbayern zusammen. Außerdem stattet das Scale-up den Großteil aller renommierten Forschungsinstitute weltweit mit seinen Robotern aus.

Humanoide Hand erster Meilenstein

Dass Agile Robots nach 7 Jahren so weit gekommen ist, liegt an einer Folge richtiger Entscheidungen. Am Anfang war es der Forschergeist des gebürtigen Chinesen Zhaopeng Chen. Er promovierte am DLR und entwickelte dort eine neuartige humanoide Hand, die in der weltweiten Robotikforschung als Meilenstein gilt. Daraufhin gründete er mit Peter Meusel, ebenfalls langjähriger Robotikspezialist beim DLR, Agile Robots.

Schnell lernte das Start-up, wo die Probleme in den Produktionshallen lagen – und lieferte, so Sexton, „nicht nur hübsche PowerPoint-Präsentationen, sondern echte Lösungen“. Das wiederum rief erste Investoren auf den Plan. Der japanische Risikokapitalgeber Softbank investierte als Erster, weitere Investoren zogen nach.

1.000 Entwickler, 5.000 Quadratmeter Forschungslabor

Mit den vorhandenen Mitteln konnte Agile Robots ein großes, internationales Team für Forschung und Entwicklung aufbauen. Mittlerweile arbeiten etwa 1.000 der rund 2.300 Mitarbeiter in diesem Bereich. Aktuell entsteht im Münchner M-Park ein neues Forschungslabor auf knapp 5.000 Quadratmetern. Ein weiterer F&E-Standort befindet sich in Peking.

Eine ebenfalls wichtige Entscheidung war, selbst zu produzieren. Ob Hard- oder Software: An 7 Produktionsstandorten in Deutschland, China und Indien entstehen Roboterarme, mobile Plattformen oder die Software „AgileCore“. Das deutsche Werk befindet sich in Kaufbeuren. Im Allgäu wird unter anderem der Leichtbauroboter „Franka Research 3“ von Franka Robotics produziert; Agile Robots hatte den Robotikspezialisten Ende 2023 erworben.

Neue Heimat für kluge Köpfe

Strategische Zukäufe gehören ebenfalls zur Firmenpolitik: Bereits im Herbst 2023 übernahm das Unternehmen die Mehrheit am Familienunternehmen BÄR Automation GmbH, im Frühjahr 2025 den Spezialisten auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz für Sprachanwendungen und Mensch-Maschine-Interaktion audEERING GmbH, im September die restlichen Anteile am BMW-Group-Spin-off IDEALworks GmbH. Eine Zusammenarbeit bestand bereits seit gut 2 Jahren. IDEALworks bringt eine Automatisierungsplattform, eine Simulationssoftware, einen autonomen mobilen Roboter sowie eine wachsende Kundenbasis mit.

Weitere Zukäufe sind nicht ausgeschlossen, Expansion gilt als gesetzt. In 4 bis 5 Jahren, so Sexton, will der Robotikspezialist die Umsatzmilliarde erreichen. Auch technisch soll noch einiges kommen. Schließlich, sagt Sexton, „sind wir noch am Anfang der Welle“. Folgen werden universelle Roboter, die sowohl in der Industrie als auch etwa in der Pflege eingesetzt werden können. Um dies zu ermöglichen, müssen die Maschinen noch viele menschliche Tätigkeiten lernen, etwa eine Tasse Tee zuzubereiten oder ein Kissen aufzuschütteln.

Teures München? Alles relativ

Die Arbeiten dazu erfolgen vor allem in Oberbayern. Denn nicht nur der Ministerpräsident ist begeistert von Agile Robots. Auch die Firmenchefs sind voll des Lobes über den Standort Bayern. Sie preisen die Netzwerke, die Kultur, die Lebensqualität. Sie finden sogar das Mietniveau passabel. Kein Wunder: Agile Robots zieht Talente von überallher an. Und im Vergleich zum Silicon Valley oder zu Shenzhen in China ist München in der Tat relativ günstig.

IHK-Serie: Scale-ups aus Oberbayern

Scale-ups sind aufstrebende Unternehmen, die den anfänglichen Firmenaufbau erfolgreich hinter sich gebracht haben. Sie haben das Potenzial, die Großunternehmen und wichtigen Arbeitgeber von morgen zu werden. Die IHK für München und Oberbayern unterstützt mit dem Scale-up Council zusammen mit Partnern aus dem Munich Innovation Ecosystem junge, innovative und schnell wachsende Firmen auf ihrem Weg zum Großunternehmen. Das Ziel: die Hidden Champions von morgen zu halten und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu sichern

Das IHK-Magazin stellt einige oberbayerische Scale-ups in einer lockeren Serie vor.