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Vermeintliche Abmahnung erhalten? Ruhe bewahren und erst einmal die Betroffenheit prüfen

Vermeintliche Abmahnung erhalten? Ruhe bewahren und erst einmal die Betroffenheit prüfen

© Dan Race/Adobe Stock

Zuerst die Betroffenheit prüfen

Unseriöse Abmahner nutzen das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zum eigenen Vorteil. Kleine Unternehmen sollten sich nicht verunsichern lassen.

Von Gabriele Lüke, 12/2025

Neue Vorschriften können unseriöse Abmahnungen oder unlautere Vertriebsmethoden nach sich ziehen – IHK-Juristin Tatjana Neuwald kennt solche Fälle zur Genüge. „Davon sind gerade auch die kleineren Unternehmen oder Soloselbstständigen ohne Rechtsabteilung betroffen, die sich vermeintlich weniger wehren können“, beobachtet sie. Neuester Anlass: das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG).

„Inzwischen haben sich die ersten kleinen Unternehmen bei uns gemeldet, die Nachrichten erhalten haben, die sich auf den ersten Blick wie Abmahnungen lesen und die Empfänger sehr verunsichern“, berichtet Neuwald. „Bislang sind es noch Einzelfälle. Außerdem konnten wir feststellen, dass es sich um fingierte Abmahnungen handelte, die lediglich dazu dienten, im Nachgang Geschäfte zu generieren. Etwa indem im Ergebnis mehr drohend, als mahnend Dienstleistungen zur Umsetzung des BFGS angeboten wurden.“ Neuwalds Rat: „Die Empfänger solcher Nachrichten sollten erst einmal überprüfen, inwieweit das eigene Unternehmen vom BFSG überhaupt betroffen ist und also überhaupt umsetzungsverpflichtet ist.“

Ausnahmen für kleine Dienstleister

Das BFSG will insbesondere Menschen mit Behinderungen die digitale Teilhabe erleichtern. Dafür müssen speziell definierte digitale Produkte und Dienstleistungen inzwischen barrierefrei sein – etwa Hardware von Computern, Onlineshops oder auch Websites. Explizit von diesen Vorgaben ausgenommen sind Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen erbringen. Merkmale eines Kleinstunternehmens sind, dass es weniger als 10 Personen beschäftigt und höchstens einen Jahresumsatz von 2 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro hat. Die IHK nennt zur besseren Einordnung in ihrem Ratgeber BFSG konkrete Beispiele.

Sich nicht verunsichern lassen

Bereits seit 2020 hat außerdem das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen einen Riegel vorgeschoben. Die IHKs haben fast 10 Jahre lang dafür gekämpft und verzeichnen seither auch tatsächlich einen Rückgang von rechtsmissbräuchlichen Massenabmahnungen. Das Gesetz schreibt zum Beispiel vor, dass Abmahnungen bestimmten formalen Vorgaben genügen müssen. Der Abmahner muss etwa genaue Angaben zu seiner Identität, Berechtigung, der Rechtsverletzung und den Kosten machen.

Tatjana Neuwald fasst zusammen: „Fake-Abmahnungen oder unlautere Vertriebsmethoden sind dreist und schaden den seriösen Anbietern immens. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist nur ein Anlass von vielen, der unseriöse Trittbrettfahrer auf den Plan ruft.“ Sie betont: „Unternehmen sollten sich auf keinen Fall verunsichern lassen, sondern in Ruhe alles prüfen. Die IHK hilft mit Informationen und einer unverbindlichen Ersteinordnung.“

IHK-Info: BFSG und Abmahnungen

Hier gibt es einen Überblick zum

Barrierfreiheitsstärkungsgesetz
Thema Abmahnungen