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Viel schneller als ein ICE – Passagierkabine im Hyperloop-Demonstrator

Viel schneller als ein ICE – Passagierkabine im Hyperloop-Demonstrator

© TUM Hyperloop/Technische Universität München

Flexibel und effizient

Viele Unternehmen in und um München arbeiten an innovativen Lösungen zur Mobilität. Welche unterschiedlichen Konzepte sie dabei verfolgen, zeigen beispielhaft 2 Start-ups.

Von Josef Stelzer, IHK-Magazin 11-12/2025

Ballungszentren wie München, Berlin oder Frankfurt am Main wachsen rasant. Staus auf den Straßen, überlastete öffentliche Verkehrsmittel und Verspätungen gehören zum Alltag. Innovative Lösungen können dazu beitragen, die Herausforderungen auf lange Sicht zu meistern. Im Großraum München entwickelt eine Vielzahl von Unternehmen Ideen für eine effizientere, schnellere und flexiblere Mobilität.

Hyperloop und Mini-Shuttles

Das IHK-Magazin stellt 2 Firmen mit sehr unterschiedlichen Konzepten vor: die Neoways Technologies GmbH, die auf Höchstgeschwindigkeit setzt, und die INYO Mobility GmbH mit autonom fahrenden Cabs für den Nahverkehr.

Neoways Technologies: Kabinen im Vakuum

Gabriele Semino, Mitgründer und Geschäftsführer der Neoways Technologies GmbH in München, will dem Personenverkehr gänzlich neue Wege ebnen. Herzstück seines Entwicklungsprojekts ist das Hyperloop-System. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Magnetschwebebahn, die den Passagiertransport in einer Betonröhre mit Geschwindigkeiten von bis zu 600 Kilometern pro Stunde und mehr ermöglichen soll.

Der Clou dabei: Vakuumpumpen ziehen Luft aus den Röhrensegmenten. Damit entsteht ein nahezu luftleerer Raum, der extrem hohe Geschwindigkeiten bei einem verhältnismäßig niedrigen Energieverbrauch zulässt. Während der Fahrt berühren die Fahrgastkabinen, die sogenannten Pods, weder die Schienen noch die Röhrensegmente. „Das gänzlich kontaktlose Magnetschwebe- und Antriebssystem sorgt für einen äußerst energieeffizienten Betrieb und verursacht im Vergleich zur klassischen Eisenbahn weitaus geringere Wartungsaufwendungen. Denn unsere Kabinen, die wir für 30 Passagiere konzipiert haben, rollen nicht auf Bahnschienen, sondern schweben im Vakuum“, erklärt Semino.

Schwebend durch die Röhre

Ein an der Unterseite der Kabine montiertes Technikmodul integriert die Schwebe-, Führ-, Antriebs- und Elektroniksysteme, die es dem Pod ermöglichen, ohne physischen Kontakt zu schweben und sich präzise im Fahrweg zu bewegen. Erst am Ende der Fahrt setzt die Kabine wieder auf der Schiene auf. Die Bordelektronik führt laufend die Berechnungen zur Steuerung der Kapselbewegungen durch und sorgt für den Datenaustausch mit der Betriebsleitstelle.

Höchst energieeffizient

Der Stromverbrauch bei einer Geschwindigkeit von 600 Kilometern pro Stunde sei um etwa 50 Prozent niedriger je Personenkilometer als bei einem nur halb so schnellen ICE, so Semino. Bei einem Stromausfall können Batterien, die in die Pods eingebaut werden, die Weiterfahrt ermöglichen. Auch Erweiterungen sind eingeplant. So erlaubt die Kabinenplattform eine einfache Skalierung für mehr Passagiere oder eine Neukonfiguration für den Gütertransport.

Praxistest bestanden

Die ersten Bewährungsproben hat die Hyperloop-Technologie schon vor der Neoways-Gründung bestanden. Die Technische Universität München startete im Sommer 2023 in Ottobrunn ein Pilotprojekt mit einer 24 Meter langen Betonröhre, durch die eine Kabine für 5 Passagiere mit immerhin 20 Kilometern pro Stunde schweben kann.

Komfortabel für Reisende

„Seither haben umfangreiche Tests bewiesen, dass der Hyperloop, der immer noch genutzt wird, in der Praxis funktioniert“, sagt Semino, der am TUM-Versuch als Projektleiter beteiligt gewesen war. Die Zertifizierung für den Personenbetrieb hatte der TÜV Süd durchgeführt. Derzeit plant Neoways eine weitere, etwa 3 Kilometer lange Hyperloop-Referenzstrecke, die 2028 fertiggestellt sein soll und sich auch für hohe Geschwindigkeiten eignet.

Ein in Zukunft regulärer Hyperloop-Betrieb könnte für Reisende einen spürbaren Komfortgewinn mit sich bringen, nicht nur wegen der hohen Fahrgeschwindigkeit. Denkbar ist, dass Gruppen von Passagierkapseln zu einem bestimmten Zielort starten, wobei die einzelnen Kabinen unterschiedliche Haltestellen ansteuern. Semino: „Die Passagiere werden viel Zeit sparen, wenn sie ihre Reisekapsel so auswählen, dass sie ihre Reiseziele mit wenigen oder überhaupt keinen Zwischenstopps erreichen.“

INYO Mobility: Flexible Minibusse

„Mit unseren autonom fahrenden INYO Cabs wollen wir den öffentlichen Personennahverkehr dort ergänzen und verbessern, wo Buslinien aufgrund der fehlenden Auslastung nicht wirtschaftlich betrieben werden können“, sagt Rauno Andreas Fuchs, Mitglied der Geschäftsführung der INYO Mobility GmbH in Grafing bei München.

Bei den Cabs handelt es sich um Elektrofahrzeuge, 3,30 Meter lang, 1,80 Meter hoch. Sie sind für 4 Fahrgäste konzipiert und derzeit in Augsburg und Karlsruhe im Testbetrieb unterwegs. Weitere Pilotprojekte sind für Grafing, München sowie Paderborn geplant. Entwickelt und zusammengebaut werden die Fahrzeuge am Grafinger Firmenstandort.

Autonom fahrendes INYO Cab für vier Passagiere im Innenraum mit Infografik zum urbanen Mobilitätskonzept

Ohne Fahrer unterwegs – INYO Cab mit Platz für vier Personen

Für die erste und letzte Meile

„Die kleinen INYO Cabs wurden speziell für die erste und letzte Meile als On-Demand-Shuttles im ÖPNV entwickelt und sind in der Anschaffung sowie im Betrieb deutlich günstiger als Linienbusse“, betont Fuchs.

Außerdem hat er den Einsatz in kleineren Ortschaften, ländlichen Regionen oder in Stadtvierteln im Fokus, die nur unzureichend oder überhaupt nicht ans ÖPNV-Netz angebunden sind. Unternehmen können die Cabs ebenfalls betreiben, etwa auf dem Werksgelände oder als Shuttle-Dienst für Hotelgäste.

Anforderung per App

Das Konzept für den Fahrbetrieb ist einfach: Die Fahrgäste bestellen die kleinen Gefährten per Smartphone-App. Sie legen die Startpunkte, Routen und Fahrziele innerhalb bestimmter Grenzen selbst fest, das Cab befördert sie fahrerlos zu ihrem Wunschort. Öffentliche Haltestellen müssen dabei nicht eingebunden sein.

Auch geplant: Lieferroboter

Die Fahrzeugplattform der INYO Cabs ermöglicht unterschiedliche Funktionsaufbauten. Denkbar sind auch Varianten mit mehr Stauraum und weniger Sitzplätzen sowie autonome Lieferroboter. Vorgesehen ist, die autonom fahrenden Cabs zentral zu überwachen.

Zu sehen waren die Fahrzeuge auch auf der IAA Mobility 2025 in München. Dort kamen sie bei den Besuchern gut an. „Wir hatten einen extrem guten Zuspruch“, freut sich Fuchs.