Von Gabriele Lüke, 11/2025
Darf eine Wurst, die nicht aus Fleisch, sondern aus Pflanzen besteht, wirklich als Wurst bezeichnet werden? Auch wenn sie so aussieht, so schmeckt und für alle Fälle „Veggie“ davorsteht? Das Europäische Parlament meint nein und will Begriffe wie Wurst und Schnitzel für Fleischersatzprodukte verbieten. Nur noch Produkte tierischen Ursprungs sollen diese Bezeichnungen tragen dürfen.
„Die Diskussion, wie etwas bezeichnet werden darf, ist nicht neu und für Werbung, Marketing und kommerzielle Kommunikation immer wieder sehr relevant“, sagt IHK-Rechtsexpertin Tatjana Neuwald. „Dahinter steht das Thema unlautere und damit verbotene Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise. Eine geschäftliche Handlung oder auch eine Bezeichnung darf keine unwahren oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthalten. Der Gesetzgeber und die Gerichte beschäftigen sich immer wieder mit solchen Fragen.“
Wie ganz aktuell auch das Oberlandesgericht (OLG) Köln. Im vorliegenden Fall ging es allerdings nicht um die Wurst oder Umweltaussagen, sondern um „Apfelleder".
Hundehalsband aus Apfelresten
Das war passiert: Ein Onlineunternehmen bewarb und verkaufte Hundezubehör, darunter auch ein Hundehalsband aus „Apfelleder“. Hinter Apfelleder verbirgt sich ein künstliches Material aus Apfelresten. In der Produktbeschreibung des Halsbands, die vom potenziellen Käufer aktiv angeklickt werden musste, war vermerkt, dass das Produkt vegan ist.
Ein Verband der ledererzeugenden Industrie ging gegen die Bezeichnung vor, stellte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Unternehmen sollte den Begriff Apfelleder nicht mehr verwenden dürfen. Die Begründung: Das Hundehalsband enthalte kein echtes Leder, bestehe nicht aus gegerbter Tierhaut. Die Bezeichnung sei für den Verbraucher daher irreführend.
Leder = Tierhaut
Das Landgericht Köln wies den Antrag auf einstweilige Verfügung zunächst zurück. Die nächste Instanz, das OLG Köln, aber sah ebenfalls eine Irreführung und untersagte im Juli 2025 im Eilverfahren die Werbung mit dem Begriff Apfelleder. Tatsächlich würde der Verbraucher bei dem Begriff Leder allgemein annehmen, dass das vorliegende Produkt weitestgehend aus natürlicher, gegerbter Tierhaut bestehe.
Die Richter verwiesen in ihrer Begründung auf andere Lederbezeichnungen wie Nubuk-, Lack- oder Rhabarberleder. Im deutschen Sprachgebrauch gebe der letzte Bestandteil eines zusammengesetzten Substantivs stets den bezeichneten Gegenstand wieder, während der vorangestellte Wortteil lediglich besondere Eigenschaften heraushebe. So seien Nubuk- und Lackleder spezielle Lederarten. Bei Rhabarberleder werde tierisches Leder nicht chemisch, sondern mit einer Substanz aus Rhabarber gegerbt. Auch den Begriff Kunstleder führte das Gericht an: Es sei damit unmissverständlich ausgedrückt, dass es sich um ein künstliches Produkt handle. Beim Apfelleder sei das aber nicht der Fall.
Eindeutige Kommunikation
Noch zwei weitere Argumente brachten die Richter gegen das beklagte Unternehmen vor: Es gebe ein Gerbverfahren für Tierhäute mit Apfelschalen und -trester, so dass Apfelleder zudem auch mehrdeutig sei. Des Weiteren sei der Hinweis „vegan“ in der Produktbeschreibung des Halsbands zu versteckt, um die Produkteigenschaft aufzuklären. Der durchschnittlich aufmerksame Verbraucher könne den Hinweis leicht übersehen.
Frage der Fairness
Das OLG hat diesem speziellen Apfelleder damit eine klare Absage erteilt. Neuwald ordnet ein: „Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen. Wenn Unternehmen einem Produkt Eigenschaften zuordnen, müssen diese Tatsachen abbilden. Aufklärende Hinweise dürfen nicht versteckt sein, sondern müssen deutlich kommuniziert werden.“ Sie betont: „Sich daran zu halten, ist auch fair gegenüber den Wettbewerbern.“
Oberlandesgericht (OLG) Köln (Az. 6 U 51/25)