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Mit Handtaschen und Brillenetuis erfolgreich – ANY-DI-Chefin Anne Dickhardt

Mit Handtaschen und Brillenetuis erfolgreich – ANY-DI-Chefin Anne Dickhardt

© ANY DI

Taschen statt Tennis

2015 startete Anne Dickhardt das Accessoires-Label ANY DI. Mittlerweile bietet sie ihre Produkte an rund 5.000 Verkaufsstellen in über 30 Ländern an – und hat große Pläne.

Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 11-12/2025

In internationalen Flughäfen laden bekannte, hochwertige Marken wie Hermès, Longchamp oder Aigner die Reisenden zum Stöbern und Kaufen ein. Und seit geraumer Zeit auch die (noch) nicht ganz so bekannte Marke ANY DI. Seit 2024 unterhält das junge Münchner Unternehmen einen Flagshipstore am Flughafen München, seit wenigen Wochen einen weiteren am Airport in Frankfurt am Main.

Für Anne Dickhardt (39), die ANY DI 2015 gegründet hat, sind das Meilensteine. Denn an Flughäfen erreicht ihr Label die Kernzielgruppe für ihre platzsparenden, patentierten Brillenetuis sowie Taschen und Handytaschen: Menschen, die reisen.

Profikarriere ade

Für ihr Unternehmen ist die Wahlmünchnerin häufig selbst an Flughäfen. Im Grunde hat dort auch die Firmengeschichte ihren Anfang genommen. Dickhardt war in jungen Jahren viel unterwegs: Als professionelle Tennisspielerin gehörte sie mit 12 Jahren in den weltweiten Jugendranglisten zu den Top 100. Was dem modebewussten Teenager beim Reisen immer fehlte: eine passende schicke Tasche. „Ich wollte die Vielseitigkeit meines Alltags in meiner Handtasche unterbringen“, sagt Dickhardt.

Sie erzählte ihren Freundinnen so oft von ihrer Vision der optimalen Tasche, dass diese immer öfter fragten: „Wann machst du deine Any-Di-Tasche?“ Any Di war ihr Spitzname. Dickhardt lächelte die Frage weg, sie spielte ihre ersten großen Turniere, machte nebenher Abitur. Da blieb keine Zeit. Doch dann, mit 17, verletzte sie sich so schwer an der Schulter, dass sie die Profikarriere an den Nagel hängen musste.

Raus aus dem Tief, rein ins Business

Ein Schock. Doch Dickhardt gab nicht auf. Mit der gleichen Disziplin wie im Leistungssport verfolgte die gebürtige Hessin nun Plan B: Sie ging nach München, studierte Mode- und Designmanagement, machte Praktika bei renommierten Modefirmen, schrieb ihre Diplomarbeit über „die perfekte Handtasche“ inklusive Businessplan. Anschließend arbeitete sie 4 Jahre lang bei einer japanischen Firma, vermarktete Brillenmarkenlizenzen. „Danach wusste ich, wie es geht“, sagt sie.

2015 gründete sie die ANY DI GmbH. Mit einer kleinen Kollektion an Taschen, „Suncovers“, also Brillenetuis, sowie Handytäschchen flog sie nach Asien. Nach längerer, intensiver Suche fand sie einen familiär geführten Produktionsbetrieb mit hohem Qualitätsstandard.

Monatelang Klinkenputzen

Sie investierte ihr gesamtes Erspartes, eine 5-stellige Summe. „Nur 1.500 Euro hatte ich noch übrig“, sagt sie. Dann wartete sie. „Es war mein aufregendstes Weihnachten.“ Doch tatsächlich, im Februar, kamen die Waren in München an.

Da sie noch kein Büro hatte, stapelte sie die Kartons in der eigenen Wohnung und in der ihrer Mutter, die ebenfalls nach Oberbayern gezogen war. Sie meldete Patente an, setzte sich ins Auto und fuhr monatelang durch ganz Deutschland, um ihre Produkte vorzustellen. Das Ergebnis war ernüchternd: viele Absagen, nur wenige Zusagen.

Eilauftrag der Galeries Lafayette

Der Durchbruch gelang auf der Fashion Week in Berlin, an einem kleinen Messestand für Gründer. Eine Dame war interessiert, stellte Fragen. Die Überraschung kam, als sie ihre Visitenkarte überreichte: Dort stand „Galeries Lafayette“. Die Einkäuferin der großen französischen Warenhauskette wünschte sich eine Lieferung schon in der nächsten Woche. Dickhardt lieferte. Sie arbeitete dafür Tag und Nacht, stellte einen ersten Praktikanten, dann eine Teilzeitmitarbeiterin ein.

Heute hat ANY DI mehr als 30 Beschäftigte, ihr Umsatz 2024 war siebenstellig. Nun ist ein Wachstum von 50 Prozent geplant, 2026 soll der Umsatz 8-stellig sein. Dickhardt verfolgt eine internationale Vermarktungs- und Expansionsstrategie: Travel Retail, also der Einzelhandel etwa an Flughäfen, an Bord von Fähr- und Kreuzfahrtschiffen oder im Bahnreiseverkehr, spielt dabei eine bedeutende Rolle.

Mit „Hello Kitty“ big in Taiwan

Bereits seit 2024 arbeitet ANY DI mit dem global tätigen Groß- und Einzelhändler Gebr. Heinemann SE & Co. KG, zusammen, seit Neuestem auch am prestigeträchtigen Flughafen Katar. Allein in Taiwan hat das Münchner Unternehmen mit dem dortigen Partner Everrich im letzten Jahr an nur einem Standort 4.000 Produkte verkauft. Verkaufsschlager war ein Suncover im „Hello Kitty“-Design mit einer Originallizenz.

Neben Flughäfen haben rund 20 Fluggesellschaften das Label im Sortiment. Tendenz steigend. Mehr als 5.000 Verkaufsstellen führen es, etwa exklusive Optik- und Sonnenbrillengeschäfte sowie Department Stores in mehr als 30 Ländern der DACH-Region sowie in Japan, Taiwan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien.

Teamfähiger Globetrotter

70 Prozent des Umsatzes generiert ANY DI dort, der Rest kommt über den eigenen, globalen Onlineshop. Dickhardt setzt auf Kooperationen, etwa mit Microsoft für eine eigene Tasche und mit der bekannten Brillenmarke Ray-Ban – für Dickhardt „ein bedeutender Schritt für unsere Markenpositionierung“.

Statt Tennis widmet sich die Unternehmerin nun also stilvollen und gleichzeitig lässigen Accessoires. Ob sie den Sport vermisst? Ein wenig, sagt sie. Um gegenzusteuern, lädt Dickhardt jedes Jahr ihre Angestellten zu einem Teamevent ein. Zum Beispiel zum Wasserski – oder zu einem Tennismatch.