Die MZM will autonomes ÖPNV-Fahren in den kommenden 20 Jahren zum festen Bestandteil des Verkehrsalltags machen. 2035 sollen in München und Umland 500 Linienbusse und 2.000 Shuttle-Fahrzeuge fahrerlos unterwegs sein, bis 2045 soll sich ihre Zahl verzehnfachen.
Entlastet Verkehr und Kassen
Das Ziel ist ein flächendeckendes Angebot, das die Landeshauptstadt und ihr Umland gleich mehrfach entlastet. Autonomes ÖPNV-Fahren senke nicht nur die zuletzt überproportional gestiegenen Betriebsausgaben, sondern verringere auch das Verkehrsaufkommen auf den überlasteten Straßennetzen der Landeshauptstadt, lautet das Argument.
„Gerade in einer wachsenden Stadt wie München bietet das autonome Fahren zukunftsfähige Lösungen an: für eine Mobilität für alle, für neue Arbeitsplätze und wirtschaftliche Chancen, für die bessere Anbindung ländlicher Regionen, für eine Entlastung der Straßen und mehr Klimaschutz“, sagt Georg Dunkel, Mobilitätsreferent der Stadt München.
Finanzierung langfristig sichern
Allerdings sind die Hürden für MZM-Ziele hoch und können nur überwunden werden, wenn der Übergang in den industriellen Regelbetrieb rechtzeitig gelingt. Daran erinnert die Unternehmensberatung P3 group GmbH. „Wir benötigen bis 2030 messbare Fortschritte bei der Zulassung von Level-4-Flotten, der Standardisierung von Betriebszonen und Leitstellenarchitekturen sowie einen verbindlichen Governance- und Finanzierungsrahmen, der Kommunen und Industrie langfristige Planungssicherheit gibt“, fasst Marius Müller, Senior Consultant von P3 in München, zusammen.
Einen wichtigen Beitrag kann die Deutsche Bahn leisten, die Mitglied des MZM ist. Der Konzern fährt auch Busse und bietet zahlreiche Linienverkehre im Münchner Verkehrsverbund (MVV) an, dem ab 2026 insgesamt 18 Stadt- und Landkreise angehören. Seit 2017 hat das Tochterunternehmen DB Regio in mehreren Regionen Erfahrungen mit autonomen Bus- und On-Demand-Verkehren gesammelt. Im südostbayerischen Bad Birnbach beispielsweise fand bis Ende 2024 bedingt automatisiertes Fahren auf Level 3 statt: Die Kleinbusse fuhren weitgehend autonom, ein Fahrer war allerdings immer an Bord.
Ländlicher Raum profitiert
Von diesen Projekten dürfte auch München profitieren. „Vor allem in ländlichen und kleinstädtischen Räumen können Fahrzeuge ohne Fahrer ein wichtiger Teil des ÖPNV-Angebots werden“, fasst ein Bahn-Sprecher die bisherigen Erkenntnisse zusammen. In der Großstadt stehen solche Erfahrungen aus.
Die MVG betritt mit MINGA Neuland. Mit den 3 Kleinbussen von Gern will das Unternehmen die Grundlagen für ein sogenanntes Ridepooling-System legen: Fahrzeuge, die auf Abruf Fahrgästen zur Verfügung stehen, steuern öffentliche ÖPNV-Haltestellen an und verdichten so das vorhandene Nahverkehrsnetz.
Mit oder ohne Fahrer
Außerdem plant die MVG im Rahmen des MINGA-Projekts Linienverkehre mit automatisierten Solobussen und Bus-Platoons. Bei den Solobussen handelt es sich um umgebaute Elektrobusse von MAN, die mit einer Self-Driving-Technologie im Linienverkehr fahren können. Bei den Bus-Platoons bewegen sich 2 Busse unmittelbar hintereinander. Das zweite Fahrzeug wird vom ersten über eine „virtuelle Deichsel“ gesteuert und kann deshalb autonom ohne Fahrer durch die Stadt kurven.
Bald mit ersten Fahrgästen
Bei allen MINGA-Vorhaben arbeitet die MVG mit IT-Unternehmen wie der IAV GmbH in München und Berlin zusammen. Die Ingenieurgesellschaft hat die sensorikgestützte Fahrtechnologie für die Busse von Gern entwickelt. Wenn die Testfahrten einwandfrei verlaufen, sollen die Busse bald auch Fahrgäste mitnehmen. Das dürfte laut MVG noch vor Abschluss von MINGA der Fall sein. In der Anfangsphase sind sie noch mit MVG-Mitarbeitern an Bord unterwegs, später soll auf diese verzichtet werden. Dann ist autonomes Fahren auf Level 5 ohne Fahrer Realität, die Fahrzeuge werden lediglich von einer Leitstelle überwacht.
Sicherheit stärkt Akzeptanz
Die technischen Aspekte sind allerdings nur ein Teil des Vorhabens. „Eine solche Lösung setzt umfassende gesellschaftliche Akzeptanz voraus“, betont Marc Augusto, Geschäftsführer der Datenplattform Mobility Data Space. „ÖPNV-Nutzer werden autonome Fahrzeuge nur nutzen, wenn sie von deren Sicherheit rundum überzeugt sind.“ Es kommt also auch auf kluge Öffentlichkeitsarbeit an, die genau dieses Thema in den Mittelpunkt stellt.