Von Sebastian Schulke, IHK-Magazin 10/2025
Man könnte meinen, man betritt ein Hamam. In dem alten Gewölbe stehen riesige, weiße Badewannen, ein massiver Pfeiler in der Mitte gliedert den Raum. Weiße Wände, angenehmes Licht, edle Handtücher und Blumen in Vasen sorgen direkt für ein wohliges Gefühl. Wasser jedoch fehlt, es laufen auch keine Menschen in Bademänteln oder Tüchern herum. Denn: Statt um orientalische Badekultur handelt es sich hier um ein altehrwürdiges oberbayerisches Unternehmen – den Familienbetrieb Obermaier Bäder München GmbH, dessen Geschichte vor mehr als 130 Jahren begonnen hat.
„Unser Geschäft befindet sich im denkmalgeschützten Minucci-Palais direkt hinter der Theatinerkirche“, erklärt Mika Obermaier, der im Januar 2025 in die Geschäftsführung eingetreten ist. „Die Gewölbe hier unten erstrecken sich bis zum Kloster. Früher sind hier die Mönche und Priester des Theatinerklosters herumgelaufen.“
Breites Spektrum von Boutique bis Yoga
Heute läuft man weniger, sondern liegt zur Probe. Nur die Schuhe muss man ausziehen, um zu erfahren, wie komfortabel die Badewannen auch ohne Wasser sind. Sie können auch individuell angepasst werden mit Beleuchtung, Whirlpool- und Massagedüsen. Obermaier Bäder arbeitet dazu mit einem Physiotherapeuten für die ergonomische Passform zusammen. „Doch wir können nicht nur Badewannen“, versichert Mika Obermaier, der die 5. Generation des Familienunternehmens verkörpert. „Unsere Tradition und Geschichte sind uns sehr wichtig – aber wir gehen mit der Zeit.“
So gibt es neben dem Bad-Studio eine Lifestyle-Boutique. Außerdem sollen die großzügigen Räume nach Geschäftsschluss für Yogakurse und Workshops sowie exquisite Präsentationen neuer Kollektionen genutzt werden. „Die Leute gehen seit Corona nicht mehr so häufig in die Fußgängerzone zum Shoppen“, sagt Obermaier. Da brauche es neue Anreize, um die Kundschaft ins Geschäft zu holen.
Nacktbaden am Maximiliansplatz
1895 war das noch ganz anders. Da ließ der Steinmetzmeister Sebastian Obermaier seine Natursteinmanufaktur in die Handwerksrolle der Stadt Landshut eintragen. Der Bildhauer gestaltete und baute neben Grabsteinen und sakralen Werken auch Brunnen und Denkmäler.
Sein Enkel Josef Obermaier, ebenfalls Steinmetz, begann nach 1945 damit, Marmor aus Italien zu importieren und in ganz Deutschland zu vertreiben. Immer mehr waren auch steinerne Zierelemente für Badezimmer gefragt. Anfang der 1960er-Jahre entstand eine Niederlassung in München. „Die große Lagerhalle für Marmor und andere Natursteine lag am Ostbahnhof“, erzählt Mika Obermaier, „sogar mit eigenem Gleis.“
1968 sorgte Mikas Großvater mit der Eröffnung des Geschäfts am Maximiliansplatz für einigen Wirbel. Im Showroom badeten nackte Frauen und Männer, nur umhüllt von viel Schaum. Das brachte Schlagzeilen – und immer mehr Kundschaft.
Im TV bei „Kir Royal“ als „Marmor Lindlmaier“
Münchens Schickeria ging bald ein und aus. Der bekannte Designer Luigi Colani gestaltete eine Obermaier-Wanne, die Farben und Formen sehr verspielt und der Zeit entsprechend frei und bunt. In der TV-Kultserie „Kir Royal“ hatte das Geschäft als „Marmor Lindlmaier“ 1986 einen Auftritt.
Josef Obermaier, Mikas Vater, stieg 1984 in die Geschäftsleitung ein, seine Frau Marianne kam dazu. Bis heute kümmert sie sich um den Einkauf und sucht nach Herstellern erlesener Produkte. „Wir sind in Europa mit über 80 Manufakturen in direktem Kontakt, kennen die Leute alle persönlich – ein sehr großer Vorteil“, meint Mika Obermaier. „Wir wollen schließlich nur das Beste.“
Handverlesene Produkte – und Kooperationspartner
Obermaier Bäder versteht sich als „Inbegriff für Luxus im Badezimmer“, wie es auf der Firmenwebsite heißt. Dazu gehören handverlesene Produkte. Die großen Badewannen werden aus Glasfaserkunststoff aus dem Bootsbau hergestellt und mit einem Gelcoat überzogen. Die Kulturtaschen und Etuis fertigt die Firma F. Hammann aus Offenbach, die als älteste deutsche Ledermanufaktur gilt. Die Armaturen kommen von THG in Paris.
In der Lifestyle-Boutique gibt es besondere Düfte, Seifen und Accessoires sowie Bademäntel und Nachtwäsche. „Für uns ist das Badezimmer ein Wohnzimmer, in dem man sich gern aufhält und sich wohlfühlen möchte“, erklärt Josef Obermaier. „Ein Ort, in dem man zur Ruhe kommen und Kraft tanken kann sowie seinen Körper und die Seele pflegt.“