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Gelungene Sanierung – Werkhalle 3 mit neu geschaffenem Innenhof

Gelungene Sanierung – Werkhalle 3 mit neu geschaffenem Innenhof

© Fischer + Steiger

Zweites Leben für ein altes Gemäuer

Mit der Sanierung im Bestand lässt sich der Flächenverbrauch für neues Gewerbe reduzieren und hochattraktive Standorte schaffen, wie das Beispiel Werkhalle 3 zeigt.

Von Stefan Bottler, IHK-Magazin 11-12/2025

Der frisch sanierte Backsteinbau dominiert strahlend das Areal. In den Außenbereichen gruppieren sich weitere historische Gewerbegebäude sowie ein halbes Dutzend Neubauten mit unterschiedlicher Architektur. Auf den angrenzenden Flächen sprießt ein Biotop.

Das Gewerbegebiet Triebwerk, das der Immobilienentwickler Aurelis Real Estate auf dem 140.000 Quadratmeter großen Gelände des früheren Eisenbahnausbesserungswerks Neuaubing geschaffen hat, fällt aus dem Rahmen. Hier haben Unternehmen aus sehr unterschiedlichen Branchen Standorte gegründet.

Moderner Mix in historischer Halle

Das Spektrum reicht vom DHL-Logistikzentrum und Tesla Service Center über eine Digitaldruckerei und einen Rohrleitungsbauer bis hin zu Showrooms für Onlinemöbelhändler, einem Boulderzentrum und weiteren kleinen und mittleren Unternehmen. „Triebwerk ist allein wegen seiner Entstehung ein besonderer Business Campus“, findet Benno Zanker, Leiter Development für Süddeutschland der Aurelis Real Estate GmbH. „Wir standen bei der Entwicklung des Areals vor der Herausforderung, denkmalgeschützte Gebäude mit über 100-jähriger Geschichte für moderne Gewerbenutzungen zu reaktivieren.“

Im Fokus dieser Anstrengungen stand die Werkhalle 3. Das 1906 fertiggestellte Gebäude mit 5 Hallenschiffen und rund 10.000 Quadratmetern Gesamtfläche war das Herzstück des langjährigen Ausbesserungswerks. Hier reparierten Schlosser, Mechaniker, Elektriker und andere Fachkräfte bis Anfang 2000 Eisenbahnwaggons aller Art.

Denkmalschutz redet mit

Das Gebäude mit den typischen Sichtziegelfassaden, die viele Gewerbebauten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts prägen, kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Während des Zweiten Weltkriegs wurde es durch Bomben teilzerstört; die Tarnfarben, die damals aufgetragen wurden, waren bis zum Sanierungsbeginn 2018 zu sehen. In den Nachkriegsjahren wurden die Fassaden umgestaltet und Einbauten hinzugefügt. Seit 2008 steht die Halle unter Denkmalschutz.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege formulierte strenge Sanierungsauflagen. So mussten Dachtragwerke und Sichtziegelfassaden erhalten werden. Außerdem durfte in den Innenhöfen kein Grün wachsen. „Die historische Identität des Gebäudes sollte so weit wie möglich gewahrt werden“, fasst Lydia Goseberg, Partnerin von Fischer + Steiger und Partner Architekten mbB, die Anforderungen zusammen.

Historische Werkhalle 3 mit Eisenbahnwaggons vor dem Umbau auf dem Gelände des ehemaligen Ausbesserungswerks Neuaubing

Bewegte Vergangenheit – die Halle war früher ein Ausbesserungswerk für Waggons

Unterteilt und doch eine Einheit

Trotzdem musste das Münchner Architekturbüro, das sich als Sanierungsspezialist für denkmalgeschützte Gebäude einen Namen gemacht hat, gravierende Änderungen vornehmen. Aus Gründen des Brandschutzes teilten Goseberg und ihr Team die Halle in 4 kleinere Einheiten auf. Die Werkhalle 3 hat jetzt eine Nord-, Süd-, Ost- und Westhalle sowie 3 Innenhöfe. Außerdem ließen die Architekten das stählerne Dachtragwerk zurückbauen und die verbliebenen Bauteile mit Stützkonstruktionen ertüchtigen.

Das alte Dach selbst wurde durch ein neues mit Dämmung, Holzkonstruktionen und Trapezblechdeckung ersetzt. „Das Gebäude wirkt trotz der neuen Unterteilungen weiterhin wie eine Gesamthalle“, erläutert Goseberg das Konzept.

Nachhaltig durch Fernwärme

Mit diesem Zuschnitt war auch die Vermietung einzelner Hallen möglich. Jede konnte entsprechend den Wünschen künftiger Mieter mit Büros, Produktionsarbeitsplätzen oder „Lab Offices“ ausgestattet werden.

Am Ende akquirierte Aurelis mit dem Laserkommunikationsspezialisten Mynaric AG einen Mieter, der das gesamte Gebäude mit allen 4 Hallen übernahm. „Der Mieter war vom besonderen Industriecharme des Gebäudes begeistert“, erinnert sich Zanker. Zumal der Bau in energetischer Hinsicht keine Wünsche offen lässt. Der CO2-Fußabdruck der Halle, die mit Fernwärme versorgt wird, ist klein.

Werkhalle 3 während der Sanierung als Stahltragwerk ohne Dach und mit freiem Blick auf den Innenhof

Zeitweise nur ein Skelett – Werkhalle 3 nach Abbruch mit Stahltragwerk

Alte Gleise wiederverwendet

Die Dämmung musste wegen des Denkmalschutzes an den Innenseiten der Außenwände verbaut werden; die Innenfenster wurden hinter den historischen Stahlfenstern montiert. Am Ende war die Werkhalle 3 ein KfW-Effizienzhaus 70. Im Vergleich zu Referenzobjekten für energieeffizientes Bauen und Sanieren (KfW-Effizienzhaus 100) verbraucht sie 30 Prozent weniger Energie und hatte deshalb Anspruch auf Fördergelder.

Nachhaltigkeit und Wiederverwendbarkeit waren ebenfalls Faktoren, auf die Goseberg und ihr Team bei der Sanierung achteten. So wurden die alten Gleise für auszubessernde Eisenbahnwaggons der Werkhalle 3, die nach der Sanierung keine Funktion mehr hatten, ausgebaut und für die Begrenzung von Parkplätzen verwendet. „Wir wollten einen hochmodernen Gewerbebau realisieren, der auch sehr anspruchsvollen Anforderungen an Gebäudetechnik und Innenausbauten genügt“, so Goseberg.

Vorbild für Sanierung im Bestand

Genau das macht Werkhalle 3 zum Vorbild für die Erhaltung und Sanierung von Bestandsbauten. „Der Erhalt und die Neukonzeption dieses Gebäudes sind ein einzigartiges Beispiel für eine flächensparende Gewerbenutzung, die auch technisch mit erheblichen Brandschutzvorgaben auf den neuesten Stand gebracht wurde“, sagt Annette Hilpert, Referatsleiterin Stadt- und Regionalentwicklung bei der IHK für München und Oberbayern.

Langfristige Mieter gesucht

Mit rund 30 Millionen Euro waren die Baukosten allerdings außerordentlich hoch. Eine derart aufwendige Sanierung rechnet sich nicht für jedes Bestandsgebäude. „Jeder Einzelfall muss geprüft werden“, sagt Aurelis-Manager Zanker. Auch wegen der aktuellen Finanzierungskonditionen sei die Akquisition eines langfristigen Mieters eine wichtige Voraussetzung für solche Projekte. Je früher dieser einsteige, desto stärker könne er Einfluss auf die konzeptionellen Planungen für die künftige Nutzung nehmen.

Loftbüros ersetzen Kessel

Auch die anderen Altgebäude auf dem Triebwerk-Areal müssen diesen Prozess durchlaufen. Bereits saniert ist das historische Kesselhaus, das früher das Ausbesserungswerk mit Wärme versorgt hat. Heute ersetzen moderne Loftbüros die alten Kessel. Der 115 Jahre alte Ziegelbau, der mit Rundbogenfenstern und Stahlfachwerk beeindruckt, ist an den Onlineshop-Entwickler foobar Agency GmbH sowie den Fahrradhändler RABE vermietet.

Jetzt Werkhalle 1 im Fokus

Das größte Gebäude wartet hingegen noch auf eine Sanierung. Die 24.000 Quadratmeter große Werkhalle 1 wurde vor 100 Jahren als 8-schiffige Halle mit Eisenfachwerk und Sichtziegelfassaden errichtet. „Wenn wir einen Ankermieter gefunden haben, werden wir auch dieses Gebäude aus seinem Dornröschenschlaf erwecken“, sagt Zanker.