Von Daniel Boss, IHK-Magazin 11-12/2025
Was essen wir heute? Diese hunderttausendfach gestellte Frage im Büro oder in der Produktionshalle will jeden Tag aufs Neue beantwortet werden. Spätestens seit der Zuspitzung des Fachkräftemangels wird Betriebsverpflegung nicht mehr als „Nice-to-have“ angesehen, sondern als essenzieller Bestandteil einer modernen Arbeitswelt. Kümmert sich ein Unternehmen um ein leckeres und abwechslungsreiches Essensangebot, steigert das die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung – und die Attraktivität als Arbeitgeber.
Wo die eigene Kantine nicht umsetzbar ist, fährt Franziska Weidner vor. Oder besser gesagt, einer ihrer 150 Foodtrucks. „Wir kommen überall dorthin, wo viele Leute arbeiten und es wenig zum Essen gibt“, bringt sie ihr Geschäftsmodell auf den Punkt: Gemeint sind vor allem Büroviertel und Gewerbegebiete, in denen sowohl betriebseigene Kantinen als auch Restaurants, Bistros und Bäckereien „um die Ecke“ eher spärlich gesät sind. Weidner ist Geschäftsführerin von Die Weidners Gastronomie GmbH mit Sitz in Starnberg, zu der auch die Marke Foodtrucks United gehört.
Mobile Mitarbeiterverpflegung
Das Konzept: eine mobile Gastronomie in mehreren deutschen Städten mit mehr als 150 unabhängigen Foodtrucks. „Der Bedarf ist sehr hoch, denn Mitarbeiterverpflegung ist unabhängig von der Größe der Belegschaft ein wichtiges Thema. Wir sind mit den mobilen Kantinen bei kleinen und großen Firmen gleichermaßen vertreten“, so Weidner.
„Viele Leute aus der näheren Umgebung holen sich ihr Mittagessen bei uns.“ Im Wechsel sind immer andere Wagen vor Ort. „So können wir eine tolle Auswahl an Speisen bieten, auch direkt auf die Wünsche einzelner Firmen zugeschnitten“, sagt Weidner.
Rollende „Kantine“ garantiert Abwechslung
Die Bandbreite reicht von Pizza und Gnocchi über Burger und Pommes bis hin zu tibetischen Spezialitäten. Ein veganes Gericht auf der Karte ist dabei ein Muss. „Wir haben bis jetzt nur gute Erfahrungen mit unserem rollenden Kantinenersatz gemacht“, freut sich Weidner. „Die Gäste schätzen die Abwechslung und die Business-Parks die Flexibilität unseres Angebots.“ Solche Trucks sind eine Möglichkeit, Essensangebote in der Nähe des Arbeitsplatzes zu schaffen.
Lange unterschätzt, ist ein attraktiver „Mittagstisch“ für Unternehmen heute wichtiger denn je. Der naheliegende Grundgedanke: Leckeres, abwechslungsreiches und ausgewogenes Essen wirkt sich positiv auf Mitarbeiterbindung, Produktivität und Gesundheit aus.
Breites Angebot für jeden Geschmack
„Die Nachfrage nach frischen, gesunden und individuell anpassbaren Mahlzeiten wächst stetig, auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen“, stellt Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des DEHOGA-Bundesverbands, fest. Catering-Firmen könnten diesen Bedarf mit flexiblen, modularen Angeboten bedienen, etwa durch digitale Vorbestellsysteme, Lieferung an wechselnde Standorte oder „Click & Collect“-Lösungen, so Hartges. „Gefragt sind auch Angebote mit vegetarischen, veganen und nachhaltigen Optionen, die sich an die unterschiedlichen Ernährungsbedürfnisse anpassen lassen.“
Gleichzeitig steht die Branche unter enormem Druck: Hartges nennt unter anderem „massiv steigende Kosten bei wachsenden Erwartungen der Auftraggeber sowie der Mitarbeiter“. Zudem bringe die neue Arbeitswelt Herausforderungen mit sich: „Schwankende Büroanwesenheiten erschweren die Planung, digitale Prozesse müssen nahtlos funktionieren und der Fachkräftemangel trifft auch Caterer.“
Großer Druck – und neue Geschäftsmodelle
Erfolgreich seien Anbieter, die Flexibilität mit Qualität, Effizienz und einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis verbinden. „Denn die Verpflegung ist längst mehr als nur ein Service. Sie ist Teil der Unternehmenskultur.“
Inzwischen entstehen auch neue Geschäftsmodelle, wie das Beispiel brotzeitdienst.de der Agentur rb media in Schongau zeigt. „Es ist eine digitale Schnittstelle, man könnte auch Marktplatz sagen, zwischen Unternehmen und lokalen Metzgern, Bäckern oder Caterern“, erklärt rb-media-Inhaber Roman Bauer. „Firmen registrieren sich, laden ihre Wunschlieferanten ein oder schließen eine Liefervereinbarung mit bestehenden Anbietern ab. Mitarbeitende bestellen dann bequem online über PC, Tablet oder Smartphone.“ Am Monatsende werde – einfach und transparent für beide Seiten – abgerechnet.
Digitale Schnittstelle statt Zettelwirtschaft
Das Angebot entstand aus konkretem Kundenbedarf: „Wir wurden gefragt, ob wir eine Lösung für das Chaos aus Zettel- und Faxbestellungen, fehleranfälliger Abrechnung und fehlender Kassenstimmigkeit entwickeln können“, berichtet Entwickler Thomas Bothe. „Gemeinsam mit einem ausgewählten Metzgerbetrieb haben wir das System programmiert, im ersten echten Kunden-Lieferanten-Verhältnis getestet und Anfangsschwierigkeiten ausgemerzt.“
Die Nutzer der Schnittstelle sind überwiegend mittelständische Unternehmen aus Industrie, Handel und Handwerk. „Sie berichten von spürbar weniger Organisationsaufwand, glücklicheren Mitarbeitenden und einer reibungslosen Abwicklung“, so Bauer. „Auch die Lieferanten schätzen die gebündelten Bestellungen, die klare Planung und die fehlerfreien Packlisten.“
Automaten im Kommen
Andere Anbieter setzen auf Automatisierung. So stellt zum Beispiel die Münchner Foodji GmbH, die 2019 kurz vor der Coronapandemie startete, „Frischeautomaten“ in Unternehmen auf. Diese Automaten enthalten Gerichte wie Pilzravioli mit Trüffelbutter, Cevapcici mit Tomatenreis, Rindergulasch mit Schupfnudeln und Brokkoli oder Salatbowl mit Tomate-Mozzarella.
„Mit Foodji haben wir eine intelligente Verpflegungsstation entwickelt, die 24/7 frische Mahlzeiten direkt am Arbeitsplatz bereitstellt. Für kleinere Unternehmen ist das eine Alternative zur Kantine, für größere eine Ergänzung“, sagt Gründer Felix Munte. Mitarbeitende können Speisen direkt am Automaten oder per App auswählen und bezahlen. „Unsere Technologie ermöglicht eine bedarfsgerechte Sortiments- und Mengenplanung, die Lebensmittelverschwendung aufs Minimum reduziert.“ Und Arbeitgeber könnten die Mahlzeiten steuerfrei bezuschussen – „ein praktischer Benefit“.
Pluspunkt im War for Talents
Munte sieht ein gewaltiges Potenzial: „In Deutschland gibt es über 100.000 Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden – aber nur rund 8.500 Kantinen.“ Für kleine und mittlere Unternehmen sei der Betrieb einer klassischen, personenbetriebenen Kantine wirtschaftlich oft nicht umsetzbar. „Gleichzeitig steigen die Anforderungen der jüngeren Arbeitnehmenden an ihren Arbeitsplatz massiv.“ Er ist überzeugt: „Zusatzleistungen und vor allem eine gesunde Verpflegung am Arbeitsplatz sind notwendig, um im War for Talents zu bestehen.“