Interessierte Anwender finden sich vor allem in der kritischen Infrastruktur, von Wasser- und Stromwerken über medizinische Einrichtungen bis hin zu Behörden und der Verteidigung. Aber auch Telekommunikationsanbieter kommen für den Service der Oberbayern infrage. „Noch sind wir in der Frühentwicklung“, sagt Weier. Andererseits gibt es sehr wohl schon Aufträge, nicht nur von der Europäischen Weltraumorganisation ESA, sondern auch aus der Privatwirtschaft.
Neu: Plattform mit Use Cases
Es geht also voran mit der Vernetzung von Spitzenforschung und Wirtschaft. Allerdings sind bislang noch mehrheitlich Konzerne involviert. „Der Mittelstand ist interessiert, hat aber oft nicht die Ressourcen“, sagt Aqarios-Chef Lachner.
Das soll sich ändern. Das Quantum Computing User Network, kurz QuCUN, hilft Unternehmen, sich auf das Zeitalter des Quantencomputing vorzubereiten. Es stellt dazu eine Plattform mit Use Cases, also praktischen Anwendungsbeispielen, sowie Lernmaterialien bereit. Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt fördert das Projekt.
Computer noch fehleranfällig
Jeanette Lorenz, Abteilungsleiterin Quantencomputing am Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS, forscht seit fast 5 Jahren mit einem kleinen Team zum Quantencomputing. Ihr Fokus liegt auf der Frage, wo die „möglicherweise disruptive Technologie“ nützlich sein kann. Das sind die schon erwähnten Felder wie Logistik oder Finanzwirtschaft. Allerdings seien die Computer noch zu anfällig für Fehler, sagt Lorenz. „Erst 2029 werden fehlerkorrigierte Quantencomputer mit 200 Qbits auf dem Markt sein.“ Frühestens dann werde die Wirtschaft relevant damit arbeiten.
Forschung und Industrie vernetzen
Das Ziel, in 4 oder 5 Jahren tatsächlich erste industrierelevante Prozesse optimieren zu können, verfolgt auch das Munich Quantum Valley (MQV). Das Projekt wird von der Bayerischen Staatsregierung mit Mitteln der Hightech Agenda Bayern gefördert und ist seit Ende 2021 dabei, ein weltweit führendes Ökosystem für die Industrialisierung von Quantentechnologien zu schaffen. Es bündelt die Forschungskapazitäten und den Technologietransfer von 3 großen Universitäten und wichtiger Forschungseinrichtungen in Bayern zu einer intensiven Zusammenarbeit.
Jetzt in die Anwendung kommen
Das MQV vernetzt die Akteure, entwickelt aber auch selbst wettbewerbsfähige Quantencomputer. „Das war die ursprüngliche Idee“, sagt Sascha Mehlhase, Leiter der MQV-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die großen US-Konzerne wie IBM und Google hätten viel vorangetrieben. „Wir wollten das in Bayern ebenfalls tun, nämlich nicht nur sehr gute Grundlagenforschung betreiben, sondern in die industriellen Anwendungen hineinkommen.“ Namhafte Firmen wie SAP, Airbus, BMW, Zurich Instruments oder Infineon kooperieren mit den Münchnern. Die Experten sind auf einem guten Weg.