Starke Signale auf Sitzung am Weltfrauentag am 8. März: Der Ausschuss will in Oberbayern für mehr Unternehmerinnen und Gründerinnen sorgen
Schon der Termin war eine klare Ansage: Der IHK-Ausschuss Unternehmerinnen tagte am 8. März in der Bayerischen BlumenZentrale. 8. März – ein großes Datum, der Weltfrauentag. Und der Ausschuss nutzte diesen Anlass, um starke Akzente zu setzen.
Die Ausschuss-Vorsitzende und IHK-Vizepräsidentin Ingrid Obermeier-Osl informierte kurz vor der Sitzung die Öffentlichkeit über eine Pressemeldung, was ganz oben auf der Agenda der Ausschussarbeit steht: „Es braucht mehr Frauen-Power in der Wirtschaft“, forderte die Unternehmerin.
Obermeier-Osl zitierte eine KfW-Umfrage. Demnach ist der ohnehin geringe Anteil mittelständischer Unternehmerinnen noch gesunkenen – von 16,8 Prozent im Jahr 2020 auf 16 Prozent im Jahr 2021. Die Statistik zeigt ein weiteres Manko: Groß denken vor allem die Männer. Unternehmerinnen haben meist kleine Betriebe von im Schnitt sechs Mitarbeitern. Und mit einem Anteil von 89 Prozent fixieren sie sich stark auf die Dienstleistungsbranche.
Der Ausschuss will das ändern. Das Beispiel erfolgreicher oberbayerischer Unternehmerinnen soll Frauen Mut machen und sie dazu motivieren, zu gründen oder ein Unternehmen zu übernehmen. Insofern war schon der Ort der Sitzung eine glückliche Wahl. Sonja Ziegltrum-Teubner, Gastgeberin und Geschäftsführerin der Bayerischen Blumen Zentrale, ist ein perfektes Beispiel dafür, wie eine Unternehmerin im harten Wettbewerb „ihren Mann steht“.
Auch Journalisten kommen gerne in die Blumenzentrale, weil Ziegltrum-Teubner Probleme so anschaulich erklären kann. Blumen – das klingt zunächst nach einfachem Produkt und typisch weiblich. Doch die Führung durch die Blumenzentrale änderte schnell das Bild. Dieses Geschäft ist unfassbar komplex. So ganz nebenbei machte die Firmenchefin anhand von Beispielen aus ihrem Tagesgeschäft deutlich, was schiefläuft in unserer Wirtschaftspolitik: Die Palette reicht von Bürokratie, Überregulierung über unsinnige Corona-Auflagen bis hin zur bayerischen Abschiebepraxis. Aktuell bedrohen die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs einige Lieferketten der Blumenzentrale.
Seit knapp zwei Jahren herrscht in der Wirtschaft faktisch permanenter Krisenmodus. Ziegltrum-Teubner sagte, bislang habe ihr Unternehmen das gut überstanden. Sie habe aber auch das Glück gehabt, in kritischen Phasen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dagmar Schuller, IHK-Vizepräsidentin, Geschäftsführerin und Gründerin der audEEERING GmbH, verdeutlichte in ihrem Vortrag „Chancen und Einsatzmöglichkeiten von KI“ die Dringlichkeit mehr Gründerinnen zu gewinnen: Nur 12 Prozent der deutschen Gründer in der Branche Künstliche Intelligenz sind Frauen.
Schuller ist mit der Lage gut vertraut. Von den fünf Gründern ihres Unternehmens ist sie die einzige Frau. Auf Einladung des damaligen Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) durfte sie in Berlin ihr Unternehmen und ihre Entwicklungsarbeit vorstellen. Auch da war sie allein unter Männern. Spitzentechnologie den Männern überlassen? Für die Unternehmerinnen ist das keine Option. Folglich will der Ausschuss in den kommenden Monaten in die Offensive gehen. Alle Medienkanäle der IHK sollen genutzt werden, um erfolgreiche Unternehmerinnen und die Ausschussarbeit „sichtbar“ zu machen. Dafür soll auch ein Sonderheft des IHK-Magazins Wirtschaft erscheinen.
Gute Nachrichten lieferte IHK-Referentin Elfriede Kerschl. Sie sagte, die Resonanz auf den Girl`s Day am 28. April 2022 sei hervorragend. Man habe bereits 56 oberbayerische Unternehmerinnen für den Aktionstag gewonnen und jeden Tag kommen mehr dazu. Einige Chefinnen seien bereits ausgebucht, weil sich bereits über 200 Schülerinnen für die Aktion angemeldet haben. Das biete große Chancen, Schülerinnen für die Idee des Unternehmertums zu gewinnen.
Zweites großes Thema war der Fachkräftemangel. Das Problem beschäftigt die Blumen Zentrale ebenso wie das KI-Unternehmen von Dagmar Schuller. Thomas Kürn, IHK-Bereichsleiter Berufsbildung, wollte da nichts beschönigen. Der Trend auf dem Ausbildungsmarkt zeigt mit einem aktuellen Minus von knapp drei Prozent weiter abwärts.
Laut Kürn ist das ein kaum lösbares Problem. In den Jahren nach 2015 hat man mit der beruflichen Integration Geflüchteter die Folgen des demografischen Wandels noch lindern können. Aber inzwischen schlägt der Einbruch bei der Zahl der Schulabgänger voll durch auf die Ausbildungsstatistik. Nur 78,5 Prozent der Lehrstellen sind besetzt.
Kürn betonte, Verlierer dieser Entwicklung sei der Mittelstand. Branchen-Größen wie Audi, BMW oder MAN könnten ihre Stellen noch besetzen. Als Konsequenz werde die IHK ihre Ausbildungsmesse JobFit in Ingolstadt und Rosenheim wieder starten. Kürn klagte, viele Jugendliche hätten das Thema Ausbildung überhaupt nicht auf dem Schirm.
Derzeit arbeite die IHK daran, neue Ausbildungsberufe wie den „Data Analyst“ zu entwickeln. Zudem wolle man gemeinsam mit Jugendlichen Konzepte entwickeln, mit denen man auf den Social-Media-Kanälen effektiv für Ausbildung werben kann. Auch da ging es um das „Sichtbar-Machen“, dem Leitmotiv der Sitzung am Weltfrauentag.