Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sagt, die IHK sei die ideale Plattform, um über den Weg zur klimaneutralen Wirtschaft zu diskutieren. Was halten Sie von dem Vorschlag?
Die IHK ist immer eine gute Plattform. Erstens ist es wichtig, die Unternehmen über das zu informieren, was auf sie zukommt. Zweitens machen wir Politikberatung. In den Regionalausschüssen, in der Vollversammlung und im Präsidium sitzen die Leute, die das, was die Politik vorgibt, in der Praxis umsetzen müssen. Aus der Diskussion heraus müssen wir klare Botschaften formulieren, die wir dann nach Brüssel und Berlin transportieren.
Was erwarten Sie sich von der neuen Bundesregierung?
Mein größter Wunsch ist der Bürokratieabbau. Einfach mal Vorschriften ausmisten und aussortieren – das wäre ein guter Anfang. Wenn ich mir anschaue, was manche Unternehmen heute für Meldepflichten zu erfüllen haben. Unzumutbar. Wir brauchen einfach weniger Regulatorik. Digitalisierung ist auch ein Riesen-Thema. Und bitte jetzt keine Verbote und Steuererhöhungen!
Müsste die neue Regierung nicht auch für mehr Fachkräfte sorgen?
Das Problem ist in der Tat alarmierend. Wenn man sich die bayernweite Entwicklung bis zum Jahr 2030 anschaut, haben wir eine Lücke von 1,3 Millionen Erwerbstätigen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist dramatisch, auch für unsere Alterssicherung. Hinzu kommt hier übrigens der anhaltende Niedrigzins, der die Finanzierung der Rente weiter erschwert.
Ist auch Ihre Sparkasse vom Fachkräftemangel betroffen?
Es wird schwieriger, gute Azubis zu finden. Da müssen wir heute mehr tun als früher. Gleiches gilt, wenn wir qualifizierte Spezialisten suchen.
Wird es in Bayern auch in Zukunft eine flächendeckende Versorgung des Mittelstands geben?
Ja, davon gehe ich aus. Natürlich macht uns der Niedrigzins das Leben schwer. Die Regulatorik hat wenig Vorteilhaftes und das nur dort, wo sie tatsächlich für die Stabilität der Finanzmärkte sorgt. Wir müssen daher die Kosten senken, unsere Geschäftsmodelle weiterentwickeln und die Unternehmen krisenfest aufstellen. Das alles macht unsere Arbeit heute noch anspruchsvoller als vor 20 Jahren.
Sie klingen aber ziemlich zuversichtlich.
Ich bin generell ein optimistischer Mensch. Es hilft ja nichts, über Probleme nur zu jammern. Ich blicke sehr positiv auf die Digitalisierung, die uns große Chancen eröffnet. Wir können Prozesse schlanker und sehr viel schneller machen. Dazu kommt mit der demografischen Entwicklung die Generation Z (Jahrgänge 1997 bis 2010, die Red.). Die jungen Menschen werden jetzt Mitarbeiter, Chefs und Kunden. Das bringt uns ganz neue Impulse - auch in Richtung Nachhaltigkeit. All das und noch viel mehr sehe ich als große Chancen, die wir alle positiv nutzen müssen.