Die Regierung muss doch auf Risiken reagieren.
Das soll sie auch, aber die Politik muss berechenbar bleiben. Wenn Sie heute ein Wirt sind, tun Sie mir leid. Sie wissen heute nicht, welche Regeln im November gelten. Geht im Dezember eine Weihnachtsfeier mit 150 Personen? Kann ich im Mai 2022 eine Hochzeit ausrichten? Kein Gastronom kann das seinen Gästen heute sicher sagen.
Auch deshalb gibt es die Forderung, Druck auf Impfgegner auszuüben. Was halten Sie davon?
Das halte ich für schwierig. Das betrifft die Freiheit des Einzelnen. Die Idee, da einzugreifen, ist ein gefährlicher Weg. Wir bewegen uns leider stark Richtung Zentralismus. In der Wirtschaft spüren wir das extrem. Es kann nicht sein, dass ein einzelner Politiker über Sein und Nichtsein von Familienbetrieben entscheidet. Trotz Pandemie müssen wir immer an unsere Zukunft denken.
Das tun Sie auch im Ehrenamt für die IHK. Sie haben bei der Wahl des neuen Präsidiums die meisten Stimmen bekommen. Freut Sie das?
Das hat mich sehr gefreut, das empfinde ich als Bestätigung. Seit vielen Jahren engagiere ich mich mit Herzblut und Leidenschaft für das Ehrenamt der IHK. Und es ist schön, dass das von anderen Unternehmern anerkannt wird: Ich rede nicht nur, sondern handele auch.
Das tun Sie auch als Vorsitzende des Regionalausschusses Altötting–Mühldorf.
Ja, der regionale Ansatz war immer der Kern meiner ehrenamtlichen Arbeit. Regionalisierung der IHK – für diese Strategie habe ich mich eingesetzt. Deswegen bin ich damals auch in das Präsidium der IHK gekommen.
Wie erfolgreich wurde die Regionalisierung der IHK umgesetzt?
Ich halte das für einen großen Erfolg. Wir haben neue Geschäftsstellen eröffnet, die Seminare der IHK Akademie auch in der Fläche angeboten. Die IHK ist dadurch deutlich sichtbarer geworden, die Akzeptanz bei unseren Mitgliedern ist spürbar gestiegen. Wir haben heute einen viel besseren Kontakt zu lokaler Politik und lokalen Medien.
Wie hat sich dieses Konzept in den Landkreisen Altötting und Mühldorf ausgewirkt?
Die Geschäftsstelle Mühldorf ist während meiner Amtszeit entstanden. Das war ein ganz wichtiger Schritt. Mit unserem Wirtschaftsempfang Altötting-Mühldorf haben wir die größte Veranstaltung dieser Art in ganz Bayern etabliert. Und wir haben den IHK-Bildungsexpress, auf den ich besonders stolz bin.
Eine Veranstaltung, die einzigartig ist in Bayern …
Stimmt genau. Die Idee ist einfach, aber super effektiv: Alle Akteure der Ausbildung in unserer Region in einem Sonderzug zusammenbringen. Chefs und Ausbilder stellen sich und die Ausbildungsberufe ihres Unternehmens vor. Schüler aus Abschlussklassen unserer regionalen Schulen und ihre Eltern erfahren aus erster Hand, was in den jeweiligen Berufen erwartet wird und welche Karriere man darauf aufbauen kann. Es ist für die Ausbildung das beste Format, das man sich denken kann.
Wie gut wird der Bildungsexpress angenommen?
Der Bildungsexpress hatte vom Start weg eine tolle Resonanz. Nur im vergangenen Jahr hat Corona das Projekt gestoppt, aber in diesem November rollt der Bildungsexpress wieder von Mühldorf nach Salzburg und zurück. Und ich bin ganz sicher wieder mit an Bord.
Sie haben sich jahrelang für die A94 eingesetzt. Hat die Autobahn den Effekt gebracht, den Sie sich gewünscht hatten?
Die Anbindung an München ist klar besser geworden. Das spüre ich selbst, wenn ich zu einer Sitzung in unser Münchner IHK-Stammhaus. Das war notwendig, dafür haben wir 50 Jahre lang gekämpft. Eine Folge ist auch die höhere Nachfrage nach Grundstücken und Immobilien. Die Preise sind gestiegen. Das haben wir so erwartet. Möglicherweise brauchen wir irgendwann Konzepte, um darauf zu reagieren.
Setzt die IHK diesen regionalen Ansatz fort? Davon bin ich schon deshalb überzeugt, weil die Regionen in unserem Präsidium stark vertreten sind. Die Regionalausschussvorsitzenden Otto Heinz und Peter Inselkammer wurden direkt gewählt. Renate Waßmer kommt aus der Ecke Bad Tölz/Wolfratshausen, Dominik Biersack aus Beilngries. Ich vertrete die Unternehmen aus den Landkreisen Altötting und Mühldorf. Das halte ich für eine gute Erdung unsere Arbeit.