10.02.2016 - Miesbach
"Integration von Flüchtlingen ist ein Schlüssel zur Lösung des Azubimangels"
Miesbach – Trotz aller Anstrengungen in der Lehrlings-Akquise sind die Ausbildungszahlen im Landkreis Miesbach weiter rückläufig: Insgesamt stellten Industrie, Handel und Dienstleistung bis Jahresende (2015) 267 Auszubildende neu ein, 2,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Damit liegt der Landkreis über dem oberbayerischen Schnitt. Hier ging die Anzahl der Neu-Verträge um 0,3 Prozent zurück. Dies geht aus der aktuellen Ausbildungsstatistik der IHK für München und Oberbayern hervor.
„Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ist ungebrochen. Doch es gehen ihnen schlichtweg die Azubis aus und das stellt die Betriebe bei der Fachkräftesicherung vor riesige Probleme“, sagt Reinhold Krämmel, Vorsitzender des IHK-Gremiums Bad Tölz-Wolfratshausen-Miesbach. Dieses Dilemma spiegelt sich auch in der aktuellen Online-Umfrage der IHK München unter 670 Unternehmen zum Thema Ausbildung wider: Danach planen 55 Prozent der Befragten die Anzahl ihrer Ausbildungsplätze in diesem Jahr konstant zu halten, zehn Prozent wollen weniger Stellen anbieten. Jede fünfte der befragten Firmen begründet die Reduzierung des Lehrstellenangebots mit dem Mangel an geeigneten Bewerbern.
Besonders groß ist der Azubimangel bei den gewerblich-technischen Berufen (minus 8,1 Prozent), allen voran im Bereich der Metalltechnik (71 Neu-Verträge/Vorjahr 82), im Bereich Chemie, Physik und Biologie (118 /Vorjahr 126) sowie in der Elektrotechnik (59 /Vorjahr 65). Aber auch im Einzelhandel (81 Neu-Verträge/Vorjahr 96) und im Groß- und Außenhandel (8 Neu-Verträge/Vorjahr 15) konnten die Betriebe weniger Lehrverträge abschließen. „Das Problem geht jedoch quer durch alle Branchen“, so Krämmel. Insgesamt wurden der Arbeitsagentur im vergangenen Jahr 758 freie Ausbildungsplätze für den Landkreis Miesbach gemeldet. Davon blieben jedoch mehr als 100 (Stichtag 30. September) unbesetzt. Gleichzeitig verzeichnete die Agentur für Arbeit nur noch 6 unversorgte Ausbildungsbewerber.
„Es ist höchste Zeit, zu handeln“, mahnt Krämmel. „Flüchtlinge könnten dabei der Schlüssel zur Lösung des Azubimangels werden“. Dazu sei die rasche und zielgerichtete Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt dringend notwendig. „Das von den bayerischen IHKs entwickelte ‚3+2 Modell‘ hat letztendlich bewirkt, dass Asylbewerber, die eine Lehre aufnehmen, nicht nur für die Dauer ihrer dreijährigen Ausbildungszeit ein Bleiberecht haben, sondern darüber hinaus auch in den folgenden zwei Jahren nicht abgeschoben werden dürfen“, betont der IHK-Gremiumsvorsitzende.
Derzeit erlernen im Landkreis Miesbach 46 ausländische Jugendliche einen Ausbildungsberuf bei Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmen. Ihr Anteil an den insgesamt 693 Auszubildenden in IHK-Berufen liegt momentan bei 6,6 Prozent. In fünf Berufsintegrationsklassen werden außerdem mehr als 80 jugendliche Asylbewerber auf das Berufsleben vorbereitet.
Damit die Integration in den Arbeitsmarkt weiter Fahrt aufnimmt, wird die Wirtschaft selbst in Vorleistung gehen: Dazu stellen die bayerischen IHKs acht Millionen Euro für berufs- und ausbildungsbegleitende Sprachförderung, den Aufbau von Unterstützungsstrukturen oder die spezifische Fortbildung von Ausbildern für Flüchtlinge zur Verfügung. Dazu hat die IHK einen ersten Leitfaden mit allen wichtigen Informationen rund um die Themen Ausbildung und Beschäftigung von Asylbewerbern zusammengestellt (abrufbar unter www.muenchen.ihk.de/fluechtlinge) „All diese Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel werden aber erst langfristig greifen“, betont Krämmel.
Insgesamt sind derzeit 214 IHK-zugehörige Unternehmen im Landkreis Miesbach in der Ausbildung aktiv und stehen für fast 60 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse.