Zweiten Lockdown verhindern
Als Erklärung für das gemischte Bild verwies BIHK-Chef Gößl auf den fast vollständigen Einbruch aufgrund von Corona-Beschränkungen in einzelnen Branchen wie dem Hotel- und Gastgewerbe, der Veranstaltungs- und Kulturwirtschaft sowie vor allem auch der Reise- und Luftfahrtbranche. „Solange Sektoren, die von sozialen Kontakten geprägt sind, weiter durch das Virus eingebremst werden, kann die Wirtschaft nicht mit ganzer Kraft zurückkommen. Wir müssen uns auf diese sogenannte ‚90-Prozent-Wirtschaft‘ noch über Monate einstellen“, sagt Gößl. Zudem würden nach wie vor strukturelle Herausforderungen wie die alterungsbedingte Abnahme der Erwerbstätigen, die Transformation zu emissionsfreien Antrieben, der stockende Ausbau der Digital- und Energienetze sowie hohe Strompreise das Wachstumspotenzial dämpfen. Dazu kommt internationaler Gegenwind durch den Brexit und die Handelsstreite zwischen China, USA und EU.
BIHK-Präsident Eberhard Sasse untermauerte die Forderung, dass ein zweiter flächendeckender Lockdown unbedingt zu vermeiden sei. „Was die Wirtschaft jetzt braucht, ist wirtschaftspolitischer Rückenwind. Dazu gehört nach wie vor ein Belastungsmoratorium, damit in dieser Krisenzeit der Rucksack aus Bürokratie, Vorschriften und Regularien für die Unternehmen nicht noch schwerer wird“, so Sasse. Besonders kritisch sieht Sasse die bisherigen Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz, den Entwurf eines Unternehmensstrafrechts und das EU-Vorhaben zur Lenkung von Finanzströmen unter der Überschrift „Sustainable Finance“, da alle diese Pläne vor allem bei kleinen und mittelständischen Firmen zu nicht mehr stemmbaren Bürokratiebelastungen führen.
„Die staatlichen Unterstützungsprogramme haben zur Erholung beigetragen. Nach wie vor sind einige Branchen stark von Corona-Beschränkungen betroffen. Daher unterstützen wir die Verlängerung der Überbrückungshilfe“, sagt der BIHK-Präsident. Gleichzeitig setzten sich die bayerischen IHKs für gezielte Unterstützung für Soloselbstständige ein. „Wir können die Krisen-Medikation aber nicht auf Dauer aufrechterhalten, denn sie kostet immense Summen, beeinträchtigt den Wettbewerb und erhöht die Gefahr der Zombifizierung“, so Sasse weiter. Außerdem sind die Hilfsprogramme von heute die Steuererhöhungen von morgen. Daher müssen wir einen geordneten Ausstieg orchestrieren.“
Gleichzeitig mahnt Sasse mit Blick auf den internationalen Wettbewerb ein Fitnessprogramm für den Standort Deutschland nach der Corona-Zeit an. „Bei Unternehmenssteuern, Energiepreisen und öffentlichen Investitionen kann die Politik viel tun, damit unsere Wirtschaft wieder stärker wächst. Während bei uns die Erholung bereits nachlässt, brummt in China die Wirtschaft schon wieder“, so der BIHK-Präsident.