Die EZB prüft die mögliche Einführung eines digitalen Euro seit Oktober 2021. Nach dem Ende der Vorbereitungsphase im Oktober 2025 entscheidet der EZB-Rat über die weitere Vorgehensweise. Bevor jedoch endgültig über die Einführung eines digitalen Euro entschieden werden kann, benötigt die EZB eine rechtliche Grundlage. Der entsprechende politische Prozess zum vorliegenden Verordnungsentwurf auf EU-Ebene schreitet ebenfalls voran. Daher möchten wir zum derzeitigen Zwischenstand informieren.

Inhalt

Digitaler Euro: Auf einen Blick

Die Nutzung von Bargeld ist rückläufig, während digitale Zahlungsmöglichkeiten an Boden gewinnen. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Zahlungen sind Bürger in der EU auf nicht-europäische Marktakteure, z. B. aus China und den USA angewiesen. Das Resultat ist eine zunehmende Abhängigkeit von wenigen nicht-europäischen Zahlungsdienstleistern.

Aufgrund der multiplen politischen Unsicherheiten benötigen europäische Bürger und Unternehmen ein leistungsfähiges, europäisches Zahlungsverkehrssystem. Die Europäische Zentralbank (EZB) initiierte mit dem digitalen Euro ein Projekt, um eine strategische Autonomie im Zahlungsverkehr zu erreichen. Neben der Ausgabe eines reinen Zahlungsmittels plant sie auch den Aufbau einer dazugehörigen technischen Infrastruktur (Zahlungsverkehrssystem). Als digitales Zentralbankgeld und gesetzliches Zahlungsmittel soll der digitale Euro das Bargeld ergänzen, jedoch nicht ersetzen. Über eine Einführung des digitalen Euro wird voraussichtlich in 2026 entschieden. Mit dem noch laufenden Gesetzgebungsverfahren und einer daran anschließenden Implementierungsphase ist diese frühestens 2028 oder 2029 zu erwarten.

Die Entwicklung eines digitalen Euro, der den Anforderungen der unterschiedlichen Akteure gerecht wird, ist eine umfangreiche und komplexe Aufgabe. Abhängig von der finalen Ausgestaltung bietet er das Potenzial das aktuell bestehende Zahlungssystem zu optimieren. Allerdings haben die jeweiligen Stakeholder hinsichtlich der Mehrwerte eines digitalen Euro divergierende Ansichten. Die Wirtschaft identifiziert einen Mehrwert des digitalen Euro insbesondere als digitales Zentralbankgeld für den Interbankenmarkt und im Rahmen innovativer Bezahlverfahren. Er kann ein erfolgreiches und zukunftsfähiges Zahlungsmittel werden, wenn er privatwirtschaftliche Lösungen nicht verdrängt, sondern sinnvoll komplementiert. Um dieses Ziel ressourceneffizient zu erreichen, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen EZB und Privatwirtschaft geboten

Der digitale Euro im Vergleich zu bestehenden Zahlungsverfahren

Die vorliegenden Pläne der EZB zum digitalen Euro sehen die Einführung einer sog. Retail-Version vor. Das heißt, der digitale Euro richtet sich als digitales Zahlungsverfahren an natürliche und juristische Personen und soll in seinen grundlegenden Funktionen für Privatpersonen kostenfrei zur Verfügung stehen. Europaweit soll er Bürgern online wie offline elektronische Zahlungen im Geschäft, im Internet und zwischen Privatpersonen ermöglichen. Die folgende Übersicht skizziert einige diskutierte Merkmale des digitalen Euro und stellt diese den bereits am Markt verfügbaren privatwirtschaftlichen Zahlungsverfahren gegenüber

1. Point of Sale

Bargeld

  • Bleibt weiterhin als gesetzliches Zahlungsmittel bestehen
  • Ermöglicht vollständig anonyme Zahlungen
  • Mehr als die Hälfte der Transaktionen (51%) in Deutschland werden weiterhin mit Bargeld beglichen

Der digitale Euro als Bargeldäquivalent

Der digitale Euro wird in einer elektronischen Geldbörse (Wallet) gehalten, auf welche die Nutzer entweder über eine digitale Euro App der EZB, oder über ihr Online-Banking zugreifen können. Damit ein übermäßiger Mittelabfluss von Giralgeld in den digitalen Euro weder die Finanzstabilität des Euroraums noch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken negativ beeinflusst, ist ein Haltelimit vorgesehen. Während die EZB oftmals 3.000 EUR in den
Raum stellt, werden von Banken eher kleine Summen wie 500 EUR vorgeschlagen.

Um auch in Krisensituationen ein resilientes Zahlungsverfahren anzubieten, werden mit dem digitalen Euro auch Offline-Zahlungen, d.h. Zahlungen ohne Internetverbindung, möglich sein. Obwohl die EZB Datenschutz und Privatsphäre einen großen Wert beimisst, wird eine zu Bargeld vergleichbare Anonymität kaum zu gewährleisten sein.

Bargeldlose Angebote

Kartenbasierte Zahlungsverfahren

  • 33% aller Transkationen werden mit Debit- oder Kreditkarten durchgeführt
  • Die Abwicklung erfolgt mehrheitlich über inter?nationale Kartenzahlungssysteme (61%)
  • Mobile Bezahlverfahren. z. B. über Bezahl-Apps, gewinnen an Bedeutung (6% aller Transaktionen

Kontobasierte Zahlungsverfahren

  • Z. B. Überweisungen und SEPA-Lastschrift
  • Zahlreiche nationale und internationale Lösungen für das Zahlen im eCommerce, stationären Handel und zwischen Privatpersonen
  • Neu: Wero der European Payment Initiative als mögliche europäische Lösung

Der digitale Euro als Wettbewerber zu bestehenden bargeldlosen Angeboten

Abhängig von der finalen Ausgestaltung könnten durch ein von der EZB angebotenes Zahlungsverfahren mittel- und langfristig Verdrängungseffekte entstehen. Insbesondere die hohen Kosten für die Implementierung des digitalen Euro für die Kreditinstitute im Euroraum, welche eine aktuelle Studie zwischen 18 und 30 Milliarden Euro beziffert, und die damit einhergehende Bindung von Kapazitäten könnte die Weiterentwicklung privatwirtschaftlicher europäischer Zahlungsverfahren beeinträchtigen.

Damit der digitale Euro eine breite Marktakzeptanz findet, muss er die Anforderungen unterschiedlicher Akteure adressieren. Für Verbraucher sollte die Handhabung mindestens gleichwertig zu bestehenden Zahlungsverfahren sein. Der Handel erwartet kostengünstige Abwicklungen und lehnt eine generelle Akzeptanzpflicht ab. Die Kreditwirtschaft spricht sich dafür aus, dass die EZB ihre Rolle als Intermediär zwischen Bürger und Zentralbank respektiert. Außerdem fordert sie, dass der digitale Euro nicht als Zahlverfahren, sondern als Zahlungsmittel ausgegeben wird sowie bestehende technische Infrastrukturen nutzt.

Innovative Zahlungsverfahren

  • Kryptowährungen spielen als Zahlungsmittel momentan noch eine untergeordnete Rolle
  • Stablecoins, welche an staatliche Währungen gekoppelt sind, könnten sich als Zahlungsmittel etablieren
  • Die USA setzen auf Kryptowährungen und verabschiedeten im Juli 2025 ein Gesetz zur Regulierung von Stablecoins („Genius Act“)

Der digitale Euro als Innovationstreiber für die Wirtschaft

Der digitale Euro ist keine weitere Kryptowährung, da er nicht die entsprechenden Technologien (Distributed Ledger Technologie (DLT)/Blockchain) nutzt und der Wert als Währung von der EZB abgesichert wird.

Fälschungssichere kryptographische Codes, sog. Token, und die DLT/Blockchain bieten die Voraussetzung für die Umsetzung von innovativen Zahlungsabwicklungsprozessen und damit einhergehenden maßgeblichen Effizienzsteigerungen. Sie befähigen beispielsweise automatisierte Zahlungen zwischen Maschinen, „Pay-per-Use“-Modelle und risikolose „Delivery-versus-Payment“-Transfers. Die Kreditwirtschaft arbeitet an einem Giralgeldtoken, der die beschriebenen Anwendungsfälle umsetzt. Im Oktober 2024 initiierte die EZB eine Innovationsplattform für den digitalen Euro, welche unter Einbindung unterschiedlicher Marktakteure Innovationspotenziale des digitalen Euro untersuchte. Ein maßgeblicher Teil der Initiative war die technische Prüfung von bedingten Zahlungen (conditional payments), worin die Wirtschaft einen wesentlichen Mehrwert sieht. Bedingte Zahlungen bedürfen nicht eines digitalen Euro und sind heute bereits technisch möglich. Einer praktischen Anwendung stehen lediglich regulatorische Hürden entgegen.

2. Interbankenzahlungsverkehr

Interbankenmarkt

  • Finanzmarkt für Finanzinstitute, der auf einem Austausch von Zentralbankguthaben basiert
  • Die in diesem Markt geltenden Zinssätze beeinflussen die Refinanzierungskosten der Kreditinstitute und damit auch die Kreditvergabe an Privatpersonen und Unternehmen

Der digitale Euro als Wholesale-CBDC

Digitales Zentralbankgeld für den Interbankenmarkt wird auch als Wholesale Central Bank Digital Currency (CBDC) bezeichnet. Eine Wholesale CBDC kann bei Kapitalmarkttransaktionen und im Zahlungsverkehr zu Effizienzsteigerungen führen, die auch als Kostenreduktion in der Wirtschaft ankommen. Mögliche Anwendungsbereiche für einen digitalen Euro als Wholesale-CBDC sind u.a.:

  • Clearing und Settlement im Zahlungsverkehr für den Giralgeldtoken, welcher u.a. mit intelligenten Verträgen (smart contracts) kompatibel wäre
  • Abwicklung des internationalen Zahlungsverkehrs
  • Abwicklung von Wertpapiergeschäften

Unterschiedliche Akteure sprechen sich mittlerweile dafür aus, die Entwicklung eines digitalen Euro als Wholesale-CDBC gegenüber einer Retail-Version zu priorisieren.

FAQ: Häufige Fragen zum digitalen Euro

Die Digitalisierung verändert zunehmend die Art und Weise, wie wir bezahlen. Obwohl in Deutschland noch mehr als die Hälfte der Transaktionen mit Bargeld beglichen werden, steigt die Nutzung von digitalen Zahlungsmitteln kontinuierlich an. Jedoch sind die Bürger und Unternehmen in der EU insbesondere bei grenzüberschreitenden Zahlungen auf nicht-europäische Zahlungsdienstleister angewiesen. Angesichts der politischen Unsicherheiten benötigen sie ein leistungsfähiges, europäisches Zahlungsverkehrssystem. Mit dem digitalen Euro möchte die EZB die strategische Autonomie des europäischen Zahlungsverkehrs sichern. Zugleich soll den Bürgern und Unternehmen Zentralbankgeld in digitaler Form zur Verfügung stehen.

Abhängig von der finalen Ausgestaltung bietet der digitale Euro das Potenzial das derzeit bestehende Zahlungssystem zu optimieren. Allerdings haben die jeweiligen Stakeholder hinsichtlich der Mehrwerte eines digitalen Euro divergierende Ansichten. Die Wirtschaft identifiziert einen Mehrwert insbesondere als digitales Zentralbankgeld für den Interbankenmarkt und im Rahmen von innovativen Bezahlverfahren. Darüber hinaus sollte er privatwirtschaftliche Lösungen nicht verdrängen, sondern sinnvoll komplementieren. So besteht mit dem Wero der European Payment Initiative eine privatwirtschaftliches Angebot mit Chancen sich als europäisches digitales Zahlungsverfahren am Markt zu etablieren.

Die EZB prüft die mögliche Einführung eines digitalen Euro seit Oktober 2021. Bevor jedoch endgültig über eine Einführung entschieden werden kann, benötigt die EZB eine rechtliche Grundlage. Hierfür legte die EU-Kommission im Juni 2023 einen Verordnungsentwurf vor. Ein Abschluss des noch laufenden Gesetzgebungsprozesses wird Ende 2026 erwartet. Nach einer daran anschließenden Implementierungsphase wird die Ausgabe eines digitalen Euro frühestens 2029 erfolgen.