IHK Interview

Georg Dettendorfer: Logistiker, Musiker, Wasserstoff-Pionier

IHK für München und Oberbayern, Vollversammlung am 15.03.2017 in München
© Andreas Gebert

Spediteur und IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer berichtet im Interview über Verkehrsmisere, Firmengeschichte, Ehrenamt und seine Wasserstoff-Strategie.

Ein richtiger Wintertag im Inntal Mitte Januar. Die Berge schön verschneit, oben auf der Höhe thronen Bauernhäuser. Im oberbayerischen Nußdorf deutet auf den ersten Blick nichts auf die Transitkrise hin, die seit Monaten bundesweit für Schlagzeilen sorgt.

Hier, nahe der österreichischen Grenze, befindet man sich im Zentrum des Dauerkonflikts um Tiroler Lkw-Fahrverbote und Blockabfertigung. Es ist folglich ein besonders spannender Termin: ein Interview mit dem IHK-Vizepräsidenten und Spediteur Georg Dettendorfer, der in den Medien immer wieder auf die Folgen des Stau-Chaos auf der Inntal-Autobahn hingewiesen hat.

Herr Dettendorfer, sehen Sie hier von Ihrem Büro aus, wenn auf der Autobahn nichts mehr geht?

Klar, schauen Sie da aus meinem Fenster raus. Da sieht man sofort, ob die Lkws fahren oder stehen. Heute geht es, mal ein Tag ohne Stau. Leider haben wir heute unten auf unserem Parkplatz Fahrzeuge stehen, weil sich einige Mitarbeiter infiziert haben. Das bleibt in einer Pandemie nicht aus.

Auf der Straße wird alles noch schlimmer werden.

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Seit Monaten eskaliert der Transitstreit mit Tirol. Wie kommen wir denn aus der Misere raus?

Ganz wichtig ist auf jeden Fall die Einsicht: Wir werden im Alpentransit auf der Straße nicht mehr weiterkommen. Auf der Straße wird alles noch schlimmer werden. Es wird noch mehr Einschränkungen für die Lkws, Staus, Probleme und Konflikte geben.

Europäische Logistikbranche und Bayerns Staatsregierung fordern, die EU müsse gegen Österreichs Anti-Transitpolitik vorgehen. Glauben Sie, dass Klagen und Urteile eine Lösung bringen?

Die bessere Lösung wäre natürlich, wenn man sich mit Tirol am Verhandlungstisch einigen könnte. Wenn die Tiroler aber bei ihrer harten Haltung bleiben, braucht es wohl den großen Hammer aus Brüssel, aber das sollte das Ultimo Ratio sein! Die bessere Lösung ist eine auf dem bilateralen Verhandlungsweg! Man muss schon sehen: Tirol hat den Schwerverkehr stark kanalisiert und dafür gesorgt, dass alles über diese Brenner-Strecke fährt. Heute rollt auch der Schwerverkehr vom großen deutschen Eck (Walserberg über A 8 und dann über A 93, die Red.) über bayerische Autobahnen nach Tirol und zum Brenner.

Karl Fischer, Chef des Logistikzentrums in Prien, hat einen Deal vorgeschlagen. Tirol baut Tage mit Blockabfertigung ab, wir verlagern pro Jahr zwei Prozent des Güterverkehrs zusätzlich auf die Schiene. Was halten Sie davon?

Jeder Vorschlag, mehr Güter auf die Schiene zu verlagern, ist gut und wichtig. Aber man muss auch realistisch bleiben. Wenn wir pro Jahr ein zusätzliches Prozent oder den jährlichen Verkehrszuwachs auf die Schiene bringen würden, wäre das schon ein Riesen-Erfolg.

Die Bahnen halten ihre Versprechen nicht ein.

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Woran liegt es, dass auf der Schiene so wenig geht?

Das Verrückte ist: Alle sind sich einig darüber, dass man heute so viel wie möglich auf der Schiene transportieren muss. Als Logistiker stehe ich aber vor einem Problem. Bei Pünktlichkeit, Qualität und Kosten-Nutzen-Verhältnis halten die Bahnen ihre Versprechen in keinster Weise ein. Der Vergleich spricht für den Lkw.

Klingt nach Planlosigkeit in der Verkehrspolitik.

Ist aber leider so. Die Politik tut ewig nichts, bis es so schlimm wird, das alle sagen: „Um Gottes willen“ – und dann kommt der Aktionismus. Im Verkehr haben wir heute eine maximal verfahrene Kiste. Wir hatten in den vergangenen 35 Jahren ja auch keinen einzigen richtigen Verkehrsminister. Die waren leider alle nicht vom Fach, die arbeiteten ohne Bezug zur Basis und Realität.

Gilt der Befund auch für bayerische Bundesverkehrsminister?

Das gilt für die CSU genauso. Das Nachhaltigste, was die gemacht haben, war, die alten Landkreis-Kennzeichen wieder einführen und das Punktesystems in Flensburg ändern. Eines muss ich Ramsauer, Dobrindt und Scheuer aber zu gute halten: Sie haben klar erkannt, dass mehr Geld in die Verkehrsinfrastruktur fließen muss. Das war eine echte Wende. Aber dann kam das Desaster mit der Pkw-Maut.

Ein vernichtender Befund.

Den teilt jeder, der heute mit dem Auto unterwegs ist. Es ist ein Wahnsinn, was sich auf der Straße abspielt. 35 Jahre lang hat die Politik auf Verkehrsverhinderung gesetzt. Das ganze System ist auf Verschleiß gefahren, weil viel zu wenig in die Infrastruktur investiert wurde. Die muss jetzt erneuert werden. Deshalb haben wir heute so viele Baustellen, die zu Verzögerungen, Staus und Ausfällen führen.

Wir brauchen die Schiene.

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Würde Ihnen eine Verkehrswende, der Ausbau des Schienengüterverkehrs, nicht Geschäft kosten?

Nein, wir sind Logistiker. Wenn wir den Verkehrskollaps vermeiden wollen, brauchen wir die Schiene.

Haben Sie mit Ihrem Unternehmen schon damit angefangen?

Wir sind schon in den 80er und 90er Jahren im Kombi-Verkehr und intermodal auf der Schiene nach Italien gefahren, haben das dann aber eingestellt, weil die EU-Osterweiterung dazwischenkam. Als Folge sind die Frachtpreise derart in den Keller gefallen, dass wir das nicht mehr kostendeckend anbieten konnten. Da haben wir Geld verloren ohne Ende.

Machen Sie das heute wieder?

Auf langen Strecken. Vor fünf Jahren haben wir wieder begonnen, von Hamburg aus auf der Schiene nach Italien zu transportieren. Wir werden das auch ausbauen. In diesem Jahr wollen wir anfangen, auf der Schiene von Italien nach Bayern und Ostdeutschland zu transportieren.

Wie könnte die Politik das unterstützen?

Es fehlt an allem, was die Verlagerung auf die Schiene fördert. Wir hatten beispielsweise die Idee, uns mit drei oder vier Mittelständlern zusammenzutun, um von unserem Hamburger Standort aus einen zusätzlichen Zug Richtung Nord-Italien zu bilden. Aber es sind keine Slots frei. Das Terminal in Hamburg ist ausgelastet, es kann keine zusätzlichen Mengen mehr aufnehmen.

Mit Maximalforderungen und Gewalt erreicht man nichts.

Georg Dettendorfer, IHK-Präsident

Sie sind ein Mann, der Klartext spricht. Sind Sie deshalb so häufig in den Medien?

Die Kammer und Verbände schicken viele Presseanfragen zu mir. Das ist auch naheliegend. Als Vorsitzender zweier Verkehrsausschüsse bin ich eben in vielen Themen gut drin und kann dazu auch etwas sagen.

Was haben Sie aus den vielen Interviews und Statements für die Medien gelernt?

Dass man mit Maximalforderungen und Gewalt nichts erreicht. Man muss so formulieren, dass ein Konsens überhaupt möglich ist. Dafür darf man eine Seite nicht zu stark beschädigen.

Rufen auch Politiker bei Ihnen an?

Ja, doch. Gerade gestern hatte ich eine Telefonschalte mit Wirtschaftsminister Aiwanger auch wieder zu den Themen kritische Infrastruktur und Brenner-Blockade. Ich bin aber auch jemand, der seine Position aktiv nutzt. Ich schreibe selbst nach Berlin ins Bundesverkehrsministerium. Da nutze ich die Kontakte, die ich jetzt über den DIHK habe.

Haben Sie der neuen Bundesregierung schon geschrieben?

Ja, zum Thema Digitalisierung der Berufskraftfahrer-Qualifizierung.

Helfen Sie uns, um was geht es da?

Berufskraftfahrer müssen 35 Stunden Weiterbildung binnen fünf Jahren nachweisen. Seit Mai 2020 gibt es eine EU-Richtlinie, die ermöglicht, dass man 12 Stunden davon auf digitale Medien machen kann.

Das klingt nach einer Erleichterung.

Ja, absolut. Deshalb haben wir auch vor fünf Jahren das Start-up Spedifort gegründet. Das ermöglicht E-Learning für Speditionen. Wir unterstützen damit Speditionen, Transportunternehmen und Fahrschulen. Das verhindert, dass unsere Fahrer auch noch am Wochenende für irgendwelche Kurse in den Betrieb müssen. Stattdessen reicht das Einloggen auf E-Learning-Plattform oder über das Tablet, das jeder Fahrer in seinem Fahrzeug hat. Präsenzunterricht ist derzeit auch schwierig wegen der Corona-Risiken.

Wir ertrinken in Bürokratie.

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Was stört die Bundesregierung?

Das Bundesverkehrsministerium sagt, das machen wir auf keinen Fall. Bei der digitalen Weiterbildung sei nicht sicher, wer die abschließe. Die unterstellen praktisch, dass die Ehefrau am Wochenende die E-Learning-Module macht, während der Fahrer Bundesliga live anschaut. Da müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

Wie wird denn Ihre E-Learning-Plattform angenommen?

Zum Jahreswechsel hatten wir 24.830 User. Wir bieten rund 2.800 Kurse auf der Plattform an, weil wir viele individuelle Kurse für die Firmen haben. Insgesamt haben wir 94.000 abgeschlossene Kurse. Das sind Zahlen, auf die ich sehr stolz bin.

Aus Ihren Worten spricht ein gewisser Frust. Was läuft denn schief in der Politik?

Die Politik müsste erkennen, wie wichtig der Mittelstand für unser Land ist. Es wird zu viel über uns Familienunternehmen gesprochen, aber zu wenig für uns getan. Wir ertrinken in Bürokratie. Auch dieser Regulierungs-Wirrwarr der Corona-Politik war für uns Unternehmer schwer zu verstehen. Wissen Sie, was das schlimmste Corona-Erlebnis für mich war?

Wir sind gespannt.

Im zweiten Lockdown im Februar 2021 haben wir hier zusammen mit IHK, LBT, LBS, Landratsamt und Innenministerium ein Testzentrum für Lkw-Fahrer eingerichtet. Das war nötig, ansonsten wäre der ganze Warenverkehr zusammengebrochen. Die Immobilien, Räumlichkeiten, Stellplätze und Infrastruktur wurden von Dettendorfer kostenlos zur Verfügung gestellt.

Das ist ein Skandal, den man nicht vergisst.

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Wurden da nur Ihre Fahrer getestet?

Nein, die Teststation war offen für alle Speditionen und für Geschäfts- und Privatpersonen aus der Region. Wir haben hier 300 bis 400 Fahrer täglich getestet. Ich habe das alles kostenlos zur Verfügung gestellt, die ganzen Auflagen erfüllt. Ich wollte nur einen Zuschuss für die Energiekosten haben, nachdem ich festgestellt hatte, dass die Mitarbeiter der Teststation auf die Heizung keine Rücksicht nahmen. Wenn es zu warm wurde, haben sie einfach die Fenster aufgemacht.

Wir nehmen an, dass dafür kein Geld da war.

Ja, die Regierung hat meinen Antrag abgelehnt. Gleichzeitig haben die Medien die CSU-Maskenaffäre aufgedeckt. Sauter, Nüsslein, Tandler, Hohlmeier - da wurden Millionen an einer Zwangslage verdient. Das ist ein Skandal, den man nicht vergisst. Darüber rege ich mich bis heute auf. Und ich weiß, dass das vielen anderen genauso geht.

Haben Sie die Berichte über die Folgen des Mangels an Lkw-Fahrern in Großbritannien verfolgt? Da wurden vor Weihnachten Wein und Sekt knapp.

Das habe ich mit großem Interesse verfolgt. Wir sind auf gutem Weg, das gleiche Problem zu bekommen.

Meinen Sie wirklich, dass wir uns auf leere Lebensmittel-Regale einstellen müssen?

Ob es so extrem wie in England wird, weiß ich nicht und hoffe das auch nicht! Das ganze Land fährt wirtschaftlich einen suizidalen Kurs. Für so verrückt halte ich uns Europäer dann doch nicht. Aber die Entwicklung halte ich für bedenklich. Wir sind exportorientiert, wir haben wenig Rohstoffe. Unsere ganze Wirtschaft lebt vom Warenaustausch. Und der funktioniert nicht ohne Fahrer und Mitarbeiter in der Logistik.

Könnte Digitalisierung das Problem nicht lösen?

Man kann viel digitalisieren, aber am Ende braucht selbst Amazon Fahrer, die die Ware bewegen. Autonomes Fahren wird es in den nächsten 20 Jahre nicht geben. Es fehlen schon heute 80.000 Fahrer in Deutschland. Der Anteil von ausländischen Fahrern liegt schon bei 40 Prozent. Auch in den Nachbarländern ist es schwer, Fahrer zu finden. Die haben das gleiche Problem.

Die ganze Branche leidet unter ihrem schlechten Image.

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Es gab Zeiten, da galten Lkw-Fahrer als coole Typen.

Ja, das stimmt. In den 80er Jahren gab es den Film „Auf Achse“. In dem war Manfred Krug mit dem Truck ständig unterwegs, ein König der Landstraße. Seitdem ist das gekippt. Für viele ist der Schwerverkehr nur noch ein Übel. Die ganze Branche leidet unter dem schlechten Image. Nur ganz wenige wollen noch den Beruf des Lkw-Fahrers ergreifen.

Das hat aber nicht nur Image-Gründe.

Klar, man ist viel unterwegs. Die vielen Staus machen es noch schwieriger, die Arbeitszeiten zu planen. Die Fahrer sind wenig daheim, werden auch von Kunden nicht immer gut behandelt. Und wenn man Pech hat, verbringt man das Wochenende zwei Stunden von zuhause entfernt auf dem Rastplatz. Dafür stimmt in der Regel die Bezahlung nicht.

Versuchen Sie selbst, Fahrer anzuwerben?

Wir haben 250 Fahrzeuge, dafür brauchen wir mindestens 300 Fahrer. Deshalb rekrutieren wir auch in ganz Europa. Wir bieten Sprachschulungen und günstige Wohnungen an. Wir bauen derzeit weitere Wohnungen für die Fahrer, damit sie in unserem Hochpreisgebiet Oberbayern anständigen und bezahlbaren Wohnraum bekommen.

Spüren Sie den Fachkräfte-Mangel auch an anderen Stellen Ihres Unternehmens?

Wir bilden im kaufmännischen Bereich selbst aus. Wir suchen aber auch intensiv nach Energieberatern, Schlossern, Ingenieuren und Verfahrenstechnikern. Da haben wir offene Stellen, die wir gerne besetzen würden.

Seit wann gibt es die Spedition Dettendorfer?

Die Firmengründung war 1825. Mit meinem Bruder und mir führt schon die siebte Generation das Unternehmen. Mit unseren Kindern, die fast alle schon im Betrieb arbeiten, ist die Nachfolge auf die achte Generation gesichert. 2025 werden wir unser 200-jähriges Firmenjubiläum feiern.

Wie ist denn Ihr Geschäftsmodell entstanden?

Wir haben immer transportiert. Wir können das zurückverfolgen bis 1166. Da hat ein leiblicher Vorfahre Wein aus Südtirol ins Kloster Baumburg geliefert. Der Name „Dettendorfer“ taucht erstmals 1583 in Aschau/Chiemgau auf. Unsere Vorfahren waren Schiffmeister auf dem Inn. Danach hat sich das Geschäft entwickelt – mit der Bahn und auf der Straße mit Pferdefuhrwerken und dem Lkw.

Konnte man damals schon vom reinen Transportgeschäft leben?

Landwirtschaft war immer schon dabei. Später sind Sägewerk und Holzhandel dazugekommen. Das hat sich gut ergänzt. Zwischen den Weltkriegen haben wir das Holz, das hier in den Bergen geschlagen wurde, bei uns in der Säge mit Wasserkraft geschnitten und ins Ruhrgebiet mit der Bahn als Grubenholz transportiert.

Heute engagieren Sie sich für den Wasserstoff-Antrieb. Wie kam es dazu?

Ich bin davon überzeugt, dass die Fahrzeuge in Zukunft auch mit Wasserstoff fahren. Wir planen deshalb, Wasserstoff-Tankstellen zu errichten. An unseren Standorten haben wir die technischen Voraussetzungen dazu. Wir betreiben in Kiefersfelden ein Tanklager, wo wir Straße und Schiene kombinieren und Wasserstoff umschlagen können. Wir haben ein eigenes EEG-Kraftwerk, mit dem wir Wasserstoff herstellen könnten.

Wir wollen hier einen Wasserstoff-Cluster gründen

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Das könnte auch für andere Unternehmen interessant sein.

Genau deshalb wollen wir andere Betriebe ermutigen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Wir wollen mit anderen Unternehmen hier in der Region einen Wasserstoff-Cluster gründen.

Gibt es schon Interessenten?

Ja, wir haben schon 20 bis 25 Firmen aus dem Raum Rosenheim und Traunstein, die mitmachen wollen. Die kommen aus unterschiedlichsten Branchen – Handel, Industrie, Dienstleistung und Logistik. Wirtschaftsförderung Traunstein und Rosenheim unterstützt das. Gemeinsam mit der Fachhochschule Rosenheim erstellen wir jetzt eine Machbarkeitsstudie, die zeigen soll, was mit Wasserstoff in unserer Region möglich ist.

Können Unternehmen da noch einsteigen?

Ich lade sie sogar gerne dazu ein. Wir freuen uns über jeden, der mitmacht. Wer Interesse hat, meldet sich einfach bei mir oder der Wirtschaftsförderung Rosenheim.

Wäre es nicht sinnvoll, auch Partner aus Tirol miteinzubinden?

Von dort kam der Impuls. Die TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG baut in Kufstein einen Elektrolyseur (zerlegt Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, die Red.). Da wird ein Wasserstoff-Zentrum entstehen. Die Besucher werden informiert, was technisch damit möglich ist. Daran angegliedert ist eine Wasserstoff-Tankstelle für Pkws und Lkws. Der Inntaler Logistikpark, ein Tochterunternehmen der Dettendorfer-Gruppe, ist im Moment vorgesehen diese Wasserstoff-Tankstelle zu betreiben. Das möchte ich auch übertragen auf unseren Autohof in Raubling. Da liegt die Idee nahe, das Oberzentrum Rosenheim - Inntal mit Wasserstoff-Technologie zu versorgen.

Wie gut sind Ihre Kontakte zur Kommunalpolitik?

Mein Vater war 25 Jahre lang Bürgermeister in Nußdorf. Mein Großvater war das ebenfalls 25 Jahre, mein Urgroßvater 33 Jahre. Da entstehen solche Kontakte automatisch. Die Bürgermeister kennen sich untereinander, da gibt es einen engen Austausch. Aufgrund meiner Ehrenämter in der IHK und in den Verbänden kommen Kommunalpolitiker von sich aus auf mich zu. Wir sind in fünf Standortgemeinden im Inntal mit Firmen vertreten. Da kommt man automatisch mit allen ins Gespräch. Das läuft hervorragend.

Gilt das auch auf der österreichischen Seite?

Auch in Tirol haben wir mit den Kommunen ein sehr gutes und vertrauensvolles Verhältnis.

Wie sind Sie zu Ihrem Ehrenamt in der IHK gekommen?

Das entspricht meiner Grundeinstellung. Ich kann nicht nur von allen nehmen und selbst nichts geben. Man muss der Allgemeinheit etwas zurückgeben. Der Anlass war unser 175-jähriges Firmenjubiläum im Jahr 2000. Der damalige IHK-Gremialvorsitzende Fischbacher fragte mich, ob das Engagement in der IHK nicht etwas für mich wäre. So bin ich da reingerutscht.

Ich finde das wichtig, was die Kammer macht.

IHK-Vizepräsident Georg Dettendorfer

Haben Sie den Schritt schon einmal bereut?

Nein, überhaupt nicht. Ich finde das wichtig, was die Kammer macht. Bestes Beispiel dafür ist die Auszahlung der Corona-Beihilfen, was meiner Meinung nach hervorragend gemanagt wird. Die IHK kann sehr viele Dinge verändern und anstoßen. Die Politiker und andere Institutionen schauen sehr darauf, was die Kammer sagt und macht. Auch persönlich empfinde ich das Ehrenamt als Gewinn. Man erweitert den Horizont und lernt wichtige Leute kennen aus der Politik und der Verwaltung. Über das IHK-Netzwerk bekomme ich Informationen und Hintergründe früher als die Öffentlichkeit.

Sie gehören zu den Routiniers im neuen IHK-Präsidium. Wie läuft der Austausch mit den neuen Vize-Präsidenten?

Der Austausch ist immer spannend. Wir diskutieren heute mehr als früher – und natürlich rücken die Themen Klima und Nachhaltigkeit immer stärker in den Fokus. Das ist auch richtig, man muss nur sehen, dass unser Handel, die Industrie und unsere traditionellen Wirtschaftszweige weiter sehr wichtig sind. Die sind nicht automatisch schlecht oder umweltschädlich. Industrie und Handel sind die Basis, damit sich das Neue überhaupt entwickeln kann.

Haben Sie bei all dem noch Zeit für Ihre Leidenschaft, die Blasmusik?

Die nehmen wir uns (lacht). Morgen spielen wir wieder im Hofbräuhaus. Da sind wir die Mittagsmusik. Neben der Familie ist Musik das Wichtigste. Für mich ist es ein Glück, dass meine Kinder und meine Frau sehr musikalisch sind und große Freude an der Musik haben. Die Dettendorfer Betriebsmusik gibt es seit 40 Jahren. Wir haben eine neue CD gemacht, auf der unsere nächste Generation mit eigenen Musikgruppen mitspielt. Auch da ist der Fortbestand gesichert.

Sie fahren auch Mountainbike.

Ja und das sehr gerne.

Mit dem E-Bike oder treten Sie noch komplett selbst?

Ich habe ein E-Bike, das werde ich aber wieder verkaufen. Wenn ich mit dem fahre, fehlt mir etwas, da bin zu wenig ausgepowert. Ich mag mich schinden. Wir haben so viele schöne Strecken dafür. Wir fahren Heuberg, Kranzhorn, Richtung Spitzstein. Und ich kann die Touren so planen, dass ich beim Nachhausefahren nicht mehr treten muss.

Spielen Sie zum 200-jährigen Dettendorfer-Jubiläum Ihre Blasmusik?

Mit Sicherheit. Die ersten Vorbereitungen laufen schon.

Die Fragen stellte Martin Armbruster

Die Dettendorfer-Gruppe

Dettendorfer-Gruppe umfasst 13 Niederlassungen mit insgesamt 650 Mitarbeitern.

Ferntrans: Hauptgebäude und Stammsitz des Unternehmens in Nußdorf mit 420 Mitarbeitern. Seit 2000 sitzt Dettendorfer am Standort Tiefenbach. In den Jahren 2004 und 2005 konnte das Areal mit ehemaligen Flächen der Bundeswehr erweitert werden.

Dettendorfer Rohstoff Handel mit Pellets, Hackschnitzel, Sägemehl, Anzündeholz, Scheitholz; Abwärme des EEG-Kraftwerks wird für Futtermittel-Trocknung und zukünftig auch für AdBlue -Produktion genutzt. Dettendorfer ist Logistik-Dienstleister für einen großen AdBlue-Händler, und bedient im Umkreis von 350 Kilometer dessen Kunden.

Logistikpark Kiefersfelden Ein ehemaliges Zementwerk. Dettendorfer hat vor 14 Jahren Teile davon gekauft. Zum Areal gehört ein Gleisanschluss. Dettendorfer nutzt den Logistikpark zum Treibstoffumschlag von der Schiene auf die Straße. Die Menge beträgt pro Jahr rund 200.000 Tonnen Treibstoff. 15.000 Lkw-Verkehre werden jährlich von der Straße auf die Schiene umgestellt (und das im hochbelasteten Inntal).

Dettendorfer Stahllager Das Stahllager sitzt in Könitz im Bundesland Thüringen und verfügt über einen Gleisanschluss. Hauptkunde ist das Stahlwerk Thüringen, einer der größten Profilstahlproduzenten Europas.

Dettendorfer Spedition Geesthacht Das Hamburger Haus betreibt das klassische Geschäft eines Hafenspediteurs: Import, Container, Lagerhaltung. Dettendorfer-Transporte fahren von Hamburg aus auf der Schiene nach Italien.

Inntaler Autohof Raubling Der Betrieb der ehemaligen Spedition Bauer. Dettendorfer hat 2020 die Logistik und den Autohof übernommen. Dettendorfer will daraus den „Autohof der Zukunft“ machen – u.a. mit E-Ladesäulen und Wasserstoff-Tankstelle.

Dettendorfer Rohrdorfer Wertstof Recycling- und Wertstoffbetrieb in Großkarolinenfeld. Die Dettendorfer Rohrdorfer Wertstoff ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Dettendorfer und Zementwerk Rohrdorf, dem Lieferanten für den Brennstoff des Ofens. Dettendorfer betreibt betreibt Handel mit Gewerbeabfällen sowie sortenreinen Abfällen, Recyclaten sowie Grundmaterialien für die Dämmstoffindustrie, mit Walzzunder und Abfällen aus der Stahlindustrie.

Inntaler Logistikpark Kufstein Dettendorfer Betrieb auf Tiroler Seite. Besteht aus großer Tankstelle mit 3.000 Quadratmetern Bürofläche, die vor allem von Speditionen genutzt werden.

Zur Person Georg Dettendorfer

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© Foto: Goran Gajanin / IHK

Georg Dettendorfer ist Geschäftsführer der Johann Dettendorfer Spedition Ferntrans GmbH & Co. KG in Nußdorf. Der Unternehmer ist seit 2006 Mitglied des IHK-Verkehrsausschusses und der IHK-Vollversammlung. Dettendorfer ist seit 2011 IHK-Vizepräsident, seit 2013 Vorsitzender des Verkehrsausschusses und seit 2017 Vorsitzender des DIHK-Verkehrsausschusses.