Fernverkäufe/ Lieferungen an Privatpersonen oder Kleinunternehmen im EU-Binnenmarkt (E-Commerce)
Anders als die umsatzsteuerfreien Lieferungen an Unternehmer innerhalb der EU kann es bei privaten Kunden im EU-Ausland notwendig sein, die Umsatzsteuer des Bestimmungslandes anzuwenden und dort auch abzuführen. Während ein unternehmerischer Leistungsempfänger die Besteuerung in seinem Mitgliedsstaat durchführen muss, gilt dies aber nicht für Privatpersonen oder privaten Kunden gleichgestellte sogenannte Halbunternehmer. Dabei handelt es sich um
- Unternehmer, die die Kleinunternehmerregelung anwenden,
- Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen,
- Land- und Forstwirte mit pauschalierter Umsatzsteuer oder
- nichtunternehmerische juristische Personen.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass diese Halbunternehmer im Binnenmarkt Privatpersonen lediglich so lange gleichgestellt sind, wie
- sie nicht zur Erwerbsteuerpflicht "optiert" haben bzw.
- der Wert der Waren, die sie aus den übrigen EU-Mitgliedstaaten jährlich beziehen, einen bestimmten Betrag nicht überschreitet. Hierbei sind die Warenlieferungen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenzurechnen. Die Höhe dieser so genannten Erwerbsschwelle richtet sich jeweils nach den Bestimmungen des Mitgliedstaates, in dem der Empfänger ansässig ist.
Überschreitet einer der vorgenannten Halbunternehmer die maßgebliche Erwerbsschwelle, gelten hierfür grundsätzlich dieselben Regelungen wie für Lieferungen zwischen voll vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern
Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist in diesen Fällen das Vorliegen einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Verwendet der Käufer eine Identifikationsnummer, gilt er grundsätzlich als Unternehmen. Liegt keine Identifikationsnummer vor, ist von einem Handel mit einer Privatperson auszugehen.
Maßgeblich für die Umsatzbesteuerung ist der Leistungsort.
Übergabe in Deutschland
Übergibt der Verkäufer die Ware in Deutschland an einen privaten Kunden, erhebt er wie bei einem innerdeutschen Verkauf die Umsatzsteuer und führt sie später an das Finanzamt ab.
Ausnahme: Neufahrzeuge
Eine Ausnahme bildet der Verkauf von Neufahrzeugen. Folgende Fahrzeuge, die an private Kunden in der EU verkauft werden, sind betroffen:
- Motorbetriebene Landfahrzeuge mit einer Leistung über 7,2 Kilowatt und einem Hubraum über 48 Kubikzentimetern mit einer geringeren Laufleistung als 6.000 Kilometer oder einer ersten Inbetriebnahme vor bis zu sechs Monaten.
- Wasserfahrzeuge, die länger als 7,5 Meter sind und höchstens 100 Betriebsstunden zurückgelegt haben oder deren erste Inbetriebnahme höchstens drei Monate zurückliegt.
- Luftfahrzeuge mit einer Starthöchstmasse über 1550 Kilogramm mit höchstens 40 Betriebsstunden oder einer ersten Inbetriebnahme vor höchstens drei Monaten.
Der Verkauf von Neufahrzeugen an Privatpersonen bzw. diesen gleichgestellten Personen wird grundsätzlich als innergemeinschaftliche Lieferung mit anschließendem innergemeinschaftlichen Erwerb behandelt. Im Einzelnen bedeutet dies folgendes:
- Die Lieferung des Fahrzeugs ist von der deutschen Umsatzsteuer befreit.
- In dem EU-Staat, in dem die jeweilige Person das Fahrzeug anmeldet, erfolgt ein innergemeinschaftlicher Erwerb, der dort der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Schuldner der Erwerbsteuer ist dabei nicht der Verkäufer, sondern der Erwerber des Fahrzeugs.
Die Steuerbefreiung in Deutschland gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug in Deutschland abgeholt oder ins Ausland geliefert wird. Die Versteuerung erfolgt in dem Land, in dem das Fahrzeug zugelassen wird. Verantwortlich für die Zahlung der Umsatzsteuer ist in diesem Ausnahmefall der Käufer.
Versand in EU-Mitgliedstaaten - Fernverkäufe
Versendet der Verkäufer die Ware an eine Privatperson/ Halbunternehmer in einem anderen EU-Mitgliedsstaat, hängt der Ort der Versteuerung vom Umfang der Lieferungen in das jeweilige Mitgliedsland innerhalb einer Steuerperiode ab.
Gemäß dem Bestimmungslandprinzip liegt der Leistungsort an dem Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet, sofern nicht ein Ausschlusstatbestand Anwendung findet. Dieser besagt, dass solange die Umsatzschwelle von 10.000 Euro einheitlich in allen EU-Staaten im vorangegangenen und laufendenden Kalenderjahr von nur in einem EU-Mitgliedstaat ansässige liefernden Unternehmer nicht überschritten wird, grundsätzlich das Ursprungslandprinzip zur Anwendung kommt. Für die Umsatzschwelle sind neben den innergemeinschaftlichen Fernverkäufen auch bestimmte sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen relevant.
Unterliegt die Ware beim Versand der Besteuerung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat, kommt es für den Lieferer auf die in diesem Land geltende Umsatzsteuerbesteuerung an (Steuersätze, Registrierungs- und Abführungspflichten etc.) Die deutschen Auslandshandelskammern in den jeweiligen Bestimmungsländern sowie auf Auslandsgeschäfte spezialisierte Steuerberater können hier für deutsche Firmen im Umgang mit ausländischen Behörden hilfreich sein.
Weiterführende Informationen zu den Fernverkäufen finden Sie hier.
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