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Höherer Aufstau für mehr Energie geplant – Wehr an der Wertach bei Türkheim

Höherer Aufstau für mehr Energie geplant – Wehr an der Wertach bei Türkheim

© Ruf

Schub für Energiequellen

Wasserkraftwerke stärken die heimische Stromproduktion. Seit gut einem Jahr kann die IHK die Betreiber in Genehmigungsverfahren für Neubauten und Veränderungen unterstützen.

Von Josef Stelzer, IHK-Magazin 04/2023

Wasserkraft hat im Freistaat einen hohen Stellenwert. 2021 erzeugten die rund 4.200 bayerischen Wasserkraftanlagen etwa 11,4 Milliarden Kilowattstunden Strom, rein rechnerisch genug für rund 4 Millionen Haushalte. Damit stammen mehr als 14 Prozent des in Bayern verbrauchten Stroms aus Wasserkraft.

Die Genehmigungen für bestehende Anlagen müssen die Behörden regelmäßig erneuern. Neubauten oder Veränderungen an einem Kraftwerk bringen langwierige bürokratische Verfahren mit sich.

IHK fungiert als Sachverständiger

Seit November 2021 ist die IHK in wasserrechtlichen Genehmigungs- oder Gesetzgebungsverfahren ein sogenannter Träger öffentlicher Belange (TöB). Sie fungiert damit als Sachverständiger. „Dadurch lassen sich die Belange der Energiewirtschaft sowie der Kraftwerksbetreiber wie auch das Gesamtinteresse des Wirtschaftsstandorts weitaus besser berücksichtigen als zuvor", erklärt IHK-Referent Anian Pauli. Er unterstützt – in Zusammenarbeit mit den anderen IHKs im Freistaat – die Unternehmen bayernweit in den jeweiligen Genehmigungsverfahren.

Diesen zusätzlichen Rückhalt kann Alois Ruf (73), Inhaber der Kraftwerk Türkheim GmbH & Co. KG, Pfaffenhausen, gerade gut gebrauchen. Er plant eine deutliche Leistungssteigerung seines Wasserkraftwerks an der Wertach, das 1994 ans Netz ging. Bisher produziert es rund 6 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Das reicht aus, um etwa 2.000 Haushalte in Türkheim mit Strom zu versorgen.

Wenig Aufwand – deutlich mehr Energie

Ruf will die Wertach in einer zweijährigen Testphase zunächst um 50 Zentimeter höher anstauen. Die Anlage könnte dann rund 10 Prozent mehr Strom liefern. Später, nach erfolgreichem Test, sollen es 60 Zentimeter werden. Dadurch ließe sich der Strombedarf von etwa 2.500 Haushalten decken. Umbauten am Kraftwerk sind dazu nicht nötig. Mittels Luft oder Wasser kann das Schlauchwehr per Schaltanlage vergrößert oder verkleinert werden. „Gerade in der Energiekrise sorgt jede zusätzliche Kilowattstunde unseres klimaneutralen Stroms für Entlastung, zumal dafür kein zusätzlicher Aufwand entstünde", argumentiert der Unternehmer.

Ängste der Bürger

Dennoch sind beim Landratsamt Unterallgäu in Mindelheim, das für die Genehmigung des Wertach-Aufstaus zuständig ist, 173 Einwände eingegangen. Ruf hält dagegen: „Sechs Gutachten, die wir in den vergangenen Jahren anfertigen ließen, bestätigen eindeutig, dass die veränderte Stauhöhe keinerlei Gefahren für Menschen, Fische und Gewässer mit sich brächte, weder kurzfristig noch auf lange Sicht." Ein hydrogeologisches Gutachten etwa konnte nachweisen, dass ein höherer Aufstau keineswegs die tiefer liegenden Bereiche des Markts Türkheim gefährde.

„Die Ängste mancher Bürger, wonach der höhere Aufstau dazu führen könnte, dass ihre Keller bei Hochwasser volllaufen oder dass der Fischbestand und die Wasserqualität der Wertach bedroht seien, sind völlig unbegründet", ist Ruf überzeugt und setzt auf die IHK. „Ihre Beteiligung als TöB kann uns sehr weiterhelfen."

Finale Entscheidung durch Landratsamt

Die IHK bestätigt in ihrer Stellungnahme, dass ein höherer Wertach-Aufstau problemlos möglich ist und die zusätzliche Stromproduktion die regionale Energieversorgung stärken könnte. Nach Eingang aller Einwände und Stellungnahmen entscheidet nun das Landratsamt über die Genehmigung des Probeaufstaus.

Rufs Wasserkraftwerk ist nur eines von vielen Projekten, bei dem die IHK ihre Expertise bisher eingebracht hat. Bayernweit hat sie in rund 50 wasserrechtlichen Verfahren Stellungnahmen abgegeben. Dazu gehören Bewilligungsverlängerungen für den Kraftwerksbetrieb oder kleine bauliche Veränderungen, etwa im Einlauf einer Wasserkraftanlage oder der Bau von Fischaufstiegen, die meist ein Genehmigungsverfahren erfordern. Zu sieben geplanten Neubauten mit einer Kraftwerksleistung zwischen 50 Kilowatt bis 300 Megawatt hat die IHK ebenfalls Stellung genommen – und diese befürwortet.