Von Martin Armbruster, IHK-Magazin 01–02/2024
Frau Parianen, Ihre Keynote auf dem 11. Bayerischen CSR-Tag in der IHK lautete „Warum wir zukünftig stärker zusammenhalten müssen, aber nicht wollen“. Wir können viel mehr, als wir uns selbst zutrauen – lässt sich die Botschaft so zusammenfassen?
Ich glaube, das trifft es ganz gut. Nur stehen wir uns ständig selbst im Weg.
Als Beispiel dafür nennen Sie die Dekarbonisierung der Schifffahrt. Was läuft denn da schief?
Man kann da sehr gut sehen, woran unser System krankt. Da hat man ein großes Ziel: Bis 2050 soll die Schifffahrt emissionsfrei sein …
Das ist doch gut.
Ja, aber das Problem beginnt schon damit, dass die meisten nur an Kreuzfahrtschiffe denken, sprich an Privatvergnügen. Die machen aber nur etwa 3 Prozent der CO₂-Emissionen aus. Wir müssen also an die Containerschiffe ran und da geht es um den Kern unserer Wirtschaft. Wir verschiffen 80 Prozent aller weltweit transportierten Waren, davon hängen in Europa Millionen Arbeitsplätze ab. Und sofort greifen die alten Reflexe: Dekarbonisierung? Zu teuer, kostet über 30 Milliarden US-Dollar jährlich. Technisch nicht machbar.
Und? Ist das so?
Das ist alles Unsinn. Ja, das Problem ist groß und komplex, aber in großen Teilen auch schon lösbar: mit alternativen Kraftstoffen, langsamerem Tempo und Modernisierung von Schiff bis Schraube. Jetzt entdeckt man wieder, was man schon vor 100 Jahren erfunden und entwickelt hatte: Containersegelschiffe, Boote, die auf Metallstangen segeln. 1925 kam das erste Rotorenschiff aus einer Hamburger Werft. Damals war man sich sicher: Das ist die Zukunft. Aber dann hat man alles aufgegeben. Man verfeuerte Öl und Kohle, die Vorkommen schienen endlos, an das Klima dachte niemand.
Klar ist doch: Wir müssen in den nächsten 6 Jahren Emissionen auf den absoluten Tiefstand drücken, um die Welt, wie wir sie kennen, zu retten. Wenn wir hier auf diesem Planeten glücklich miteinander leben wollen, brauchen wir eine Einigung auf gemeinsame Ziele. Klar kann man über das „Wie“ streiten, aber doch nicht über das „Ob“!