Finanzverwaltung muss unterstützen
IHK-Steuerreferatsleiter Martin Clemens appelliert wegen des zu erwartenden Aufwands zugleich an die Finanzverwaltung: „Die IHK-Organisation setzt sich für eine Unterstützung der Unternehmen durch die Finanzverwaltung ein. Dies ist besonders wichtig für kleine und mittlere Unternehmen, die ohne staatliche Hilfe vielfach erhebliche Schwierigkeiten bei der Umstellung auf die E-Rechnung haben werden.“ Nach aktuellem Stand ist laut Auskunft der Finanzverwaltung aber kein staatliches E-Rechnungstool geplant.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur E-Rechnung auf einen Blick:
Für wen ist die E-Rechnung überhaupt relevant?
E-Rechnungen sind durch das Wachstumschancengesetz vorgeschrieben und betreffen nur inländische B2B-Umsätze. Zum 1. Januar 2025 wird eine verpflichtende elektronische Rechnung (E-Rechnung) eingeführt. Diese gilt für inländische B2B-Umsätze, wenn sowohl der Rechnungsaussteller als auch der Rechnungsempfänger im Inland ansässig sind. Ab 2027/2028 müssen dann die elektronischen Rechnungen auch gestellt und verarbeitet werden können.
Ausgenommen sind Rechnungen über Leistungen, die nach § 4 Nummer 8 bis 29 Umsatzsteuergesetz (UstG) steuerfrei sind, sowie Rechnungen über Kleinbeträge bis 250 Euro und Fahrausweise.
Was ist eine E-Rechnung nun genau?
Eine E Rechnung ist nach neuem Recht eine in einem sogenannten strukturierten Format ausgestellte Rechnung. Sie wird als Datensatz elektronisch generiert, übermittelt und empfangen und ermöglicht eine automatische, elektronische Verarbeitung ohne Medienbrüche. Sie muss der europäischen CEN-Norm EN 16931 entsprechen und die Rechnungsformvorschriften der § 14, 14a ff. UStG erfüllen. Aktuell setzen sich in der Praxis zwei Varianten der E-Rechnung durch: die X-Rechnung und ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland).
Achtung: Ein PDF-Dokument ist zwar ein elektronisches Format, gilt aber dann nicht mehr als E-Rechnung.
Was heißt „strukturiertes Format“?
Dies lässt sich am besten über die Vorteile erklären, die das strukturierte Format ermöglicht. Da alle Softwareanbieter, die Lösungen zur Umsetzung der E-Rechnungsvorschrift entwickeln, sich an dieselbe von der EU vorgegebene CEN-Norm halten müssen, kann ergo auch jede entsprechende Software eine E-Rechnung verarbeiten – auch wenn der Auftragnehmer also eine andere Software als der Auftraggeber nutzt, können sie dennoch wechselseitig E-Rechnungen austauschen und weiterverarbeiten.
Es heißt, eine E-Rechnung kann man nicht lesen? Wie lässt sie sich lesbar machen?
Das stimmt zum Teil. Es kommt auf die Variante an. Eine X-Rechnung können Sender und Empfänger tatsächlich nicht lesen. Es braucht einen elektronischen Visualisierer, um sie lesbar zu machen. Einen Visualisierer für X-Rechnungen stellt unter anderem das Bayerische Digitalministerium zur Verfügung: e-rechnung.bayern.de/app/
Es ist davon auszugehen, dass insbesondere Buchhaltungssoftwarelösungen bis 2025 soweit upgedatet sind, dass sie die Visualisierung ebenfalls ermöglichen.
Mit der ZUGFeRD-Rechnung liegt ein hybrides Format vor. Dieses besteht neben dem strukturierten Datenteil (zum Beispiel eine XML-Datei) auch aus einem menschenlesbaren Datenteil (zum Beispiel einem PDF-Dokument). Beide Datenteile sind in einer Datei zusammengefasst.
Stimmt es, dass man E-Rechnungen zunächst nur empfangen können muss?
Das ist richtig – und zwar ab dem 1. Januar 2025. Dann muss jedes betroffene Unternehmen E-Rechnungen empfangen können. Grundsätzlich sinnvoll ist, eine eigene Rechnungs-E-Mail einzurichten wie zum Beispiel rechnung@unternehmen-xyz.de
Ab wann müssen E-Rechnungen dann vollumfänglich eingesetzt (lesen, generieren, weiterverarbeiten) werden?
Dies ist ab dem 1. Januar 2027 Pflicht. Allerdings gibt es auch hier eine Ausnahme: Wer im Vorjahr 2026 insgesamt unter 800.000 Euro umsetzt, hat ein Jahr länger Zeit. Der muss die Pflicht erst ab dem 1. Januar 2028 vollumfänglich erfüllen.
Was braucht es technisch? Welche Rolle kann die bestehende Buchhaltungssoftware spielen?
Aktuell entwickeln Softwareunternehmen eigene E-Rechnungslösungen. Aktuell scheint noch keine vollumfänglich funktionierende Lösung am Markt zu sein. Experten rechnen frühestens im vierten Quartal 2024 damit.
Es ist zudem davon auszugehen, dass Anbieter von digitalen Dokumentenmanagement- oder Warenwirtschaftssystemen, vor allem aber von Buchhaltungssoftwarelösungen die E-Rechnung in ihre Lösungen integrieren und dann Updates anbieten – darunter auch Visualisierer für das Sichtbarmachen der E-Rechnungsdaten.
Wie generiere ich eine E-Rechnung?
Der Softwareanbieter stellt eine lesbare Erfassungsmaske zur Verfügung, die alle rechtlich erforderlichen Rechnungsangaben vorsieht und in die alle Rechnungsdaten eingebracht werden können. Experten gehen davon aus, dass diese Masken nach und nach auch spezielle Erfordernisse einzelner Branchen, Rabatte oder Skonti abbilden beziehungsweise freie Felder für Individualisierungsmöglichkeiten bereitstellen. Aus dieser Maske heraus wird dann die E-Rechnung generiert.
Wie verschicke ich eine E-Rechnung?
Einfach per E-Mail oder über elektronische Schnittstellen von einem (Buchhaltungs-)System ins andere. Weitere Variante: Den Rechnungsstellern die Möglichkeit geben, die E-Rechnung auf der eigenen, also der Empfängerwebsite hochzuladen.
Archiviert werden müssen die neuen Rechnungen schon ab dem 1. Januar 2025?
Richtig. Der strukturierte Teil einer E-Rechnung muss laut dem Entwurf des BMF-Schreibens in seiner ursprünglichen Form und unveränderbar aufbewahrt werden, revisionssicher über einen Zeitraum von derzeit 10 Jahren. Es reicht also nicht, die E-Rechnung lesbar zu machen, auszudrucken und abzuheften oder einzuscannen und auf dem Rechner zu speichern.
Fachleute empfehlen, die E-Rechnungen auf einen nicht-überschreibbaren externen Datenträger zu übertragen inklusive Sicherheitskopie. Dabei ist sicherzustellen, dass dieser Datenträger über die ganzen 10 Jahre lesbar ist. Alternative: Der Steuerberater bewahrt die E-Rechnungen auf. Dritte Variante: Archivierung in der Cloud oder im Dokumentenmanagementsystem (hier ebenfalls beim Anbieter anfragen).
Wichtig außerdem: Sind in der E-Mail, mit der die Rechnung versandt wurde, weitere relevante rechnungsbezogene Ausführungen oder Anhänge, müssen auch diese archiviert werden.
Vorschau: Das viertes Bürokratieentlastungsgesetz vom 13. März 2024 sieht eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von 10 auf 8 Jahre vor.
Was hat es mit der Meldepflicht auf sich?
Dies beruht auf Entwicklungen in der Europäischen Union. Mit dem Richtlinienentwurf „VAT in the Digital Age („ViDA“) arbeitet die EU-Kommission an der Verknüpfung von E-Rechnung und digitalen Meldepflichten für die Umsatzsteuer. Am 1. Juli 2030 soll dies in Kraft treten. Damit verfolgt die EU zwei Ziele. Sie will erstens einen EU-weiten einheitlichen Standard schaffen. Zweitens geht es ihr um die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs. Die Ausarbeitung eines nationalen Meldesystems in Deutschland soll in enger Abstimmung mit der EU-Ebene erfolgen.
Wie nehme ich Kunden und Mitarbeitende mit?
Die Mitarbeitenden brauchen Schulungen. In manchen Betrieben hat nicht nur die Buchhaltung die Möglichkeit, Rechnungen zu bezahlen. Daher müssen gegebenenfalls Zugriffs- und Freigaberegelungen neu organisiert oder gestrafft werden. Je nach Unternehmensgröße und Kundenstruktur bietet es sich an, gemeinsam mit dem Kunden an Lösungen zu arbeiten.
Zusammenfassend – welche Vor- und Nachtteile bringt die E-Rechnung?
Um E-Rechnungen rechtssicher nutzen zu können, ist ein gewisser Aufwand nötig. Das mag auf den ersten Blick ein Nachteil sein. Langfristig werden die Vorteile aber überwiegen, sind die Experten sich einig. Die E-Rechnung beschleunigt Prozesse, schon allein weil die zwei, drei Zustellungstage über den Postweg entfallen. Sie kann in bestehende digitale Prozesse integriert werden, so entfallen zudem innerbetriebliche Wege beziehungsweise lässt sich die Organisation straffen. Auch hierin liegt eine Chance der E-Rechnung. Zahlendreher und andere Fehler, die beim händischen Eingeben leicht passieren können, kommen nicht mehr vor. Denn die integrierten Systeme gleichen die elektronischen Daten permanent untereinander ab – so sind sie immer auf dem neuesten Stand. Die Beschleunigung spart zudem Kosten. Berechnungen zeigen, dass E-Rechnungen auch bei wenigen Rechnungen pro Jahr eine deutliche Zeit- und Kostenersparnis von rund einem Drittel bewirken.