Pressemeldung vom 18.09.2018 - Altötting-Mühldorf
Das schnelle Internet kommt zu langsam
Langsame Verbindungen und zu viele Funklöcher: Beim schnellen Internet befinden sich die Landkreise Altötting und Mühldorf oberbayernweit laut IHK-Standortumfrage nur im hinteren Drittel. Der IHK-Regionalausschuss hat deshalb in seiner jüngsten Sitzung einstimmig eine Position zur Breitbandversorgung verabschiedet. Zentrale Forderung: Der Freistaat soll nur noch Glasfaserprojekte fördern. Das sei nicht selbstverständlich, da vielfach noch das so genannte „Vectoring“ zum Einsatz kommt, bei der bestehende Kupferkabel ertüchtigt werden, erklärt Breitbandmanager Wolfram Marstatt vom Amt für Breitband, Digitalisierung und Vermessung in Mühldorf.
IHK-Regionalausschuss für ausschließliche Förderung von Glasfaserkabel
IHK-Vizepräsidentin und Vorsitzende des Regionalausschusses, Ingrid Obermeier-Osl, sieht den Freistaat in der Verpflichtung. „Die Wirtschaft in unseren beiden Landkreisen muss sich bereits mit Standortnachteilen wie der unterentwickelten Schieneninfrastruktur und dem schleppenden Ausbau der Bahn- und Straßenverbindungen arrangieren. Wir dürfen jetzt nicht auch noch den Anschluss an das Breitband verlieren.“
Der Regionalausschuss fordert weiter eine Beschleunigung der Tiefbau-Abläufe beim unterirdischen Verlegen der Glasfaserkabel sowie die Prüfung alternativer Verlegemethoden. Denn: „Die Fertigstellung eines Glasfaseranschluss kann bis zu 48 Monate dauern“, so Breitbandmanager Marstatt. Mühldorfs Landrat Georg Huber bestätigt: „Es gibt nicht genug Tiefbaufirmen und Techniker, um die Kabel verlegen und anschließen können“. Außerdem fehle die Koordination, wann welche Arbeiten in den Kommunen durchgeführt werden. „Der Breitbandausbau wurde nicht auf Landkreis- oder Bezirksebene zusammengefasst, das ist jetzt ein Problem“, so Landrat Huber.
Kritisch sehen viele Mitglieder im Regionalausschuss die Kommunikation seitens der Netzbetreiber wie der Telekom. Fertigstellungstermine von Breitbandanschlüssen seien nur schwer zu ermitteln, da die Gemeinden nur unzureichende informiert werden. „Diese Situation ist für die Wirtschaft absolut unbefriedigend. Als Unternehmerinnen und Unternehmer müssen wir schließlich ebenso langfristig planen und wirtschaften“, erklärt Obermeier-Osl.
Hinzu kommt die nicht optimale Förderpraxis der Staatsregierung. Zwar nehmen alle 55 Städte und Gemeinden aus beiden Landkreisen am Förderprogramm des Landes teil. Eine Finanzierung durch den Freistaat gibt es aber nur, wenn die bestehende Downloadgeschwindigkeit unter 30 Mbit/s liegt. Der technische Standard liegt hingegen bereits bei mehr als 50 Mbit/s. Laut IHK-Experten Bernhard Kux liegt das an der eng gefassten deutschen Interpretation bestehender EU-Vorgaben.
Wie die oberbayerischen Unternehmen insgesamt ihre Breitbandversorgung beurteilen hat die IHK in einer Umfrage ermittelt. „Für fast 40 Prozent der Befragten ist ihre aktuelle Festnetz-Internet-Versorgung nicht ausreichend“, erläutert Kux. Ändert sich diese Situation in den nächsten zwei Jahren nicht, geben knapp 45 Prozent an, nicht wie geplant expandieren zu können. Für acht Prozent würde es existenzbedrohend werden. Nur weniger als ein Drittel sieht keine Auswirkungen. Auf dieser Basis hat die IHK-Vollversammlung im Juli einen umfassenden Forderungskatalog verabschiedet.
In seiner Position fordert der Regionalausschusses auch die Einführung des 5G-Mobilfunknetzes zügig voranzutreiben. Marco Steglich vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS hat in der Sitzung den aktuellen Stand zur nächsten Netzgeneration vorgestellt. Im Gegensatz zum aktuellen LTE-Standard verfügt 5G in Zukunft über eine größere Reichweite und eine höhere Datengeschwindigkeit.
„Das Netz der Zukunft vernetzt Menschen und Dinge“, erklärt Steglich. Zu den Anwendungsbereichen gehören beispielsweise autonomes Fahren und die Vernetzung von Produktionsmaschinen. Allerdings müssen sich die Unternehmen auch beim 5G noch einige Zeit gedulden. Vertreter aus Industrie und Forschung arbeiten zwar gemeinsam an der Standardisierung. „Erste marktreife Anwendungen wird es in Bayern voraussichtlich erst 2020 geben“, ist Steglich überzeugt. Außerdem würde 5G die Einrichtung einer großen Anzahl zusätzlicher Mobilfunkmasten benötigen.
2019 beginnt die Versteigerung der 5G-Mobilfunkfrequenzen. Für Unternehmen besonders interessant ist die Tatsache, dass bestimmte gegen eine Gebühr lokal vergeben werden sollen, beispielsweise an Unternehmen, regionale Netzbetreiber oder Kommunen.
Wie Fraunhofer-Vertreter Steglich erklärt, können Unternehmen damit ein eigenes, lokal begrenztes Mobilfunknetz aufbauen und beispielsweise für die Vernetzung eines Produktionsstandortes nutzen. „Immer mehr Unternehmen wollen die steigenden Datenmengen nicht über ein öffentliches Netz laufen lassen“, so Steglich.
In der abschließenden Tischumfrage zur Konjunktur bestätigen die anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer die sehr gute Auftragslage. Viele rechnen aber mit einem absehbaren Ende des aktuellen Booms. Zum Start des neuen Ausbildungsjahres konnten die allermeisten Ausbildungsstellen besetzt werden, die Suche nach geeigneten Azubis bleibt aber eine große Herausforderung. Der Kommunikationsaufwand ist groß, um gute Azubis zu kriegen, bestätigen die Mitglieder des Regionalausschusses.
Die nächsten Termine mit Beteiligung des IHK-Regionalausschusses sind der Wirtschaftsempfang zusammen mit den beiden Landkreisen und der Kreishandwerkerschaft am 25. Oktober im Kultur und Kongress Forum in Altötting sowie der IHK-Bildungsexpress von Mühldorf nach Salzburg am 10. November.