Dafür setzen wir uns ein: Unternehmerinnen stärken
Beschluss der Vollversammlung der IHK für München und Oberbayern am 26. Juni 2024
Die IHK für München und Oberbayern setzt sich ein für mehr Unternehmerinnen und spricht sich für Folgendes aus:
1. Mehr Unternehmerinnen als Vorbilder und eine bessere Sichtbarkeit
Studien identifizieren als Ursachen für das risikoaverse Gründungsverhalten von Frauen vor allem das Fehlen von Vorbildern. Positive Rollenvorbilder geben Orientierung, beeinflussen Entscheidungen und machen Mut. Erfolgreiche Unternehmerinnen und Gründerinnen gerade auch im Startup-Bereich können als Role Models wichtige Impulse für mehr Gründung und mutige Wachstumsziele setzen. Hierfür braucht es:
- die Auslobung eines bayerischen Unternehmerinnen- und Gründerinnenpreises mit Preisträgerinnen in jedem Regierungsbezirk,
- ein gezieltes Sichtbarmachen von erfolgreichen Unternehmerinnen und Gründerinnen als positive Vorbilder in der Öffentlichkeit, u.a. auch in den öffentlich-rechtlichen Medien.
2. Verankerung des unternehmerischen Handelns in den Lehrplänen der Schulen
Auch bei der Berufswahl von Mädchen und jungen Frauen spielen Vorbilder eine große Rolle. Eine stereotype und risikoaverse Erziehung von Mädchen führt zudem dazu, dass Frauen ihre eigenen Fähigkeiten häufig zu gering einschätzen, seltener naturwissenschaftliche oder technische Berufe wählen und die eigene Selbstständigkeit weniger im Kalkül haben. Um Schülerinnen zur späteren Gründung oder Nachfolge zu ermutigen, braucht es:
- die Förderung der technischen und mathematischen Fähigkeiten und Interessen von Mädchen, um Gründungen im technisch orientierten und wachstumsintensiven Startup-Bereich zu stärken,
- die Verankerung unternehmerischen Denkens als fester Bestandteil in den Lehrplänen an Mittel-, Realschulen und Gymnasien mit verpflichtenden Schulprojekten zur Gründung von Schüler/-innenunternehmen, Unternehmensbesuchen nach dem Vorbild des IHK-Girls‘Day “Ich werde Chefin” und Unternehmerinnenbesuchen an den Schulen.
3. Besserer Zugang zu Kapital für Gründerinnen und Unternehmerinnen
Die Finanzierung stellt für Frauen eine höhere Hürde dar als für Männer. Gründerinnen werden bei Investitions- und Finanzierungsentscheidungen durch Banken und Wagniskapitalgeber kritischer geprüft, was dazu führt, dass sie weniger externe Finanzmittel und vermehrt die Unterstützung aus dem Familien- und Freundeskreis nutzen. Frauengeführte Start-ups erhalten von Venture-Capital-Gebern weniger häufig und geringere VC-Investitionen. Um Gründerinnen und Unternehmerinnen den Zugang zu Kapital zu verbessern, braucht es:
- eine höhere Transparenz der Finanzierungsvorgänge bei Banken, öffentlichen Fördermittelgebern sowie Venture-Capital-Gebern durch Berichterstattungen über die Unterstützung von Gründerinnen und Unternehmerinnen. Hierdurch können Finanzierungshürden besser erkannt und abgebaut werden.
- eine datenbasierte, an Kennzahlen orientierte Finanzierungs- oder Investitionsentscheidung. Hierdurch kann Geschlechtervorurteilen entgegengewirkt und der Zugang zu Kapital verbessert werden.
- eine freiwillige Selbstverpflichtung von Banken, öffentlichen Fördermittelgebern sowie Venture-Capital-Gebern für mehr Frauen in Führungspositionen und Entscheidungs-Teams.
4. Mehr Investorinnen und weibliche Business Angels
Ein Großteil der Investorinnen und Investoren sind Business Angels. Bundesweit wie bayernweit sind lediglich 14 % der Business Angels Frauen. Ursachen für die geringe Anzahl von weiblichen Business Angels sind fehlende/mangelnde Zugänge zu Angel-Netzwerken und geringere Vermögenswerte von Investorinnen. Der niedrige Anteil an Angel-Investorinnen schränkt die Finanzierung von Gründerinnen ein, weil Frauen häufiger in Unternehmen investieren, die von Frauen geführt oder beliefert werden oder Frauen als Kundinnen adressieren. Studien belegen zudem, dass diverse Investorkreise mehr Ideen und unterschiedliche Standpunkte in das Unternehmen einbringen, was für den Unternehmenserfolg von Vorteil ist. Es gilt, gezielt das Engagement von Frauen als Business Angels und Venture-Capital-Geberinnen zu stärken. Hierzu braucht es:
- die gezielte Ansprache und Gewinnung von weiblichen Business Angels durch Organisationen wie BayStartUP und die Förderung deren Sichtbarkeit als Vorbilder,
- die Förderung des Zugangs von Frauen zu Angel-Netzwerken,
- die Ergänzung bestehender Programme, wie beispielsweise „INVEST - Zuschuss für Wagniskapital“, um spezielle Angebote für weibliche Business Angels.
5. Mehr weibliche Nachfolge
Bei rund einem Drittel der bayerischen Familienunternehmen steht in den nächsten zehn Jahren die Nachfolge an. Meistens sind es Männer, die ein Unternehmen weiterführen. Damit mehr Frauen Firmen übernehmen braucht es:
- das Sichtbarmachen von erfolgreichen weiblichen Nachfolgerinnen in der breiten Öffentlichkeit,
- eine erhöhte Sensibilisierung bei Unternehmensübergaben, um die Rolle von Töchtern und Käuferinnen als potenzielle Nachfolgerinnen stärker zu betonen. Dies kann durch gezielte Mediations- und Beratungsangebote für Übergebende und potenzielle weibliche Nachfolgerinnen erreicht werden.
6. Gezielte Informations-, Beratungs- und Coachingangebote
Frauen bereiten sich auf die Gründung anders vor als Männer und wünschen sich eine intensivere Begleitung in der Gründungsphase. Sie setzen sich geringere Wachstumsziele und müssen daher zu größeren Gründungen ermutigt werden. Dazu benötigt es ergänzend zu den Hochschulangeboten für Gründerinnen und Beratende Zugang zu Wissen über Finanzierungsstrategien, Risikoabsicherungsmöglichkeiten sowie Trainings zum verbesserten Kapitalzugang. Auch Unternehmerinnen, die Wachstumspläne für ihr Unternehmen haben, benötigen Zugang zu spezifischem Wissen, um ihr Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen. Hierzu braucht es:
- eine Anpassung oder Ergänzung der bestehenden Plattformen für Gründerinnen und frauengeführte Unternehmen,
- die Ergänzung bestehender Coachingangebote, wie beispielsweise das Vorgründungs- und Nachfolgecoaching Bayern sowie das BAFA-Coaching „Förderung von Unternehmensberatung für KMU“, um ein spezielles Angebot für Frauen, das insbesondere bei der Vorbereitung der Finanzierungsrunden bei Risikokapitalgebern unterstützt und die Sensibilisierung der beratenden Personen,
- ein Förderprogramm nach dem Vorbild EXIST-Women, dass auch Frauen außerhalb von Hochschulen offensteht und Qualifizierung, Coaching, eine Betreuung durch eine erfahrene Mentorin und den Zugang zu bundesweiten Netzwerken von Gründerinnen bietet.
7. Ausreichend Care-Angebote
Gründung und Wachstum eines Unternehmens erfordert Zeit und Flexibilität. Gründerinnen und Unternehmerinnen mit Kindern haben jedoch deutlich weniger Arbeitszeit zur Verfügung und können Familie und Unternehmertum schwerer verbinden als Männer. Auch die Pflege von Angehörigen schränkt den unternehmerischen Handlungsspielraum ein. Gründerinnen mit Care-Aufgaben brauchen:
- bedarfsgerechte, flexible und zuverlässige Kinderbetreuungsangebote auch in den Randzeiten nach 17 Uhr, an Wochenenden und in den Ferien sowie ein zuverlässiges Unterstützungsangebot bei der Pflege von Angehörigen,
- bessere Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten rund um die Geburt eines Kindes und in der Elternzeit und wie man sich für diese Zeit gezielt absichern kann.
8. Bessere Vernetzungsangebote
Unternehmerinnen und vor allem Gründerinnen bewerten die Einbindung in Netzwerken als wertvoll. Damit sie ihre Erfahrungen austauschen können, Tipps und Anregungen erhalten, Kooperationspartner/innen finden und Investor/innen und Gründerinnen und Unternehmerinnen zueinander finden, braucht es:
- eine breite Palette von regelmäßigen Vernetzungsangeboten,
- eine Möglichkeit für Gründerinnen und Unternehmerinnen Kooperationspartner/-innen zu finden,
- eine bessere Sichtbarkeit der vorhandenen Frauennetzwerke und deren Aktivitäten.