Zum Tod von Dr. Dieter Soltmann

Großer Abschied von einem Gentleman

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© Tobias Hase

IHK und Wirtschaftsbeirat veranstalteten aus Anlass des Todes von IHK-Ehrenpräsident Dr. Dieter Soltmanns von IHK und Wirtschaftsbeirat einen Empfang. Unter den rund 100 Teilnehmern befand sich viel Prominenz.

Natürlich hatten die Veranstalter auch an dieses Detail gedacht: Für die Gäste gab es das Helle von Spaten frisch vom Fass. Das war dem Anlass absolut angemessen. Denn man war zusammen gekommen um Abschied zu nehmen von einer Ausnahmepersönlichkeit, einem „Bierfürsten“, wie es IHK-Präsident Klaus Josef Lutz formulierte, zu dessen Reich auch das berühmte Spatenbier gehörte.

Die IHK für München und Oberbayern und der Wirtschaftsbeirat Bayern hatten am 16. September zum Empfang zu Ehren des Ende Juli verstorbenen Dieter Soltmann in das Stammhaus der IHK geladen. 100 Gäste kamen, und viele hatten ihre persönliche Soltmann-Geschichte zu erzählen.

Der langjährige IHK-Vizepräsident Detlef Dörrié etwa erinnerte sich an eine Sitzung der IHK-Vollversammlung mit dem damaligen IHK-Präsidenten Soltmann. Dörrié beharrte bei einer Entscheidung auf geheimer Abstimmung. Soltmann wollte es schneller, einfacher und per Akklamation haben. Der Wirtschaftsjunior konnte sich durchsetzen. Und Dörrié, später langjähriger Vizepräsident und heute Ehrenmitglied der IHK-Vollversammlung, war damit allseits bekannt.

Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs, lobte Soltmann aus vollem Herzen. Als IHK-Präsident habe er maßgeblich zur Gründung dieses Archivs beigetragen und diese Einrichtung sein Leben lang gefördert habe. Im Rahmen des Empfangs wurden Bilder des Wirtschaftsarchivs an die Wand des IHK-Atriums projiziert, die Soltmanns herausgehobene Rolle für Bayerns Wirtschaft dokumentieren.

Das beeindruckendste Bild stammt von der 150-jährigen IHK-Jubiläumsfeier, die 1993 im Münchner Prinzregententheater stattfand – mit Bundeskanzler Helmut Kohl, dem Ministerpräsidenten Max Streibl, Hunderten von Festgästen und einem strahlenden Dieter Soltmann mittendrin.

Wie viel der Mann bewegt hat, zeigt der Auszug aus seiner Ämter-Liste. Soltmann war Chef der Münchner Spaten-Franziskaner-Löwenbrau-Gruppe (heute InBev) und anschließend dort Aufsichtsratsvorsitzender. Soltmann war Präsident der IHK und des BIHK, des Wirtschaftsbeirates Bayern, des Deutschen Brauer-Bundes und Vizepräsident des DIHK. Er hat im Aufsichtsrat der Deutschen Warentreuhand am Aufbau Ost mitgewirkt und sich im Hochschulrat der TU München engagiert.

Dementsprechend groß war das Interesse an diesem Empfang. So viel Prominenz auf einer Veranstaltung – das ist auch in der 179-jährigen IHK-Geschichte außergewöhnlich. Zu den Gästen gehörten etwa Wolfgang Porsche, Eberhard von Kuenheim (BMW), Alexandra Schörghuber, Evi Brandl (Vinzenzmurr), Marianne Wille (Dallmayr), der Verleger Dirk Ippen (Münchner Merkur), ein Dutzend Ex-Minister und -Staatssekretäre, der ehemalige BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb und die EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier (CSU). Zu den namhaften Vertretern der Wissenschaft zählten die beiden Ex-Präsidenten Wolfgang Herrmann (TUM) und Hans-Werner Sinn (ifo)sowie die Wirtschaftswissenschaftlerin und Investorin Ann-Kristin Achleitner.

Einen Tag vor Beginn des Oktoberfestes geriet dieser Empfang auch zu einem Gipfeltreffen der bayerischen Bier-Brauer. Zu den Gästen gehörten u.a. Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer Bayerischer Brauerbund, Hofbräu-Brauereidirektor Michael Möller, Eugen Münch als Inhaber von Bräu im Moos, Spaten-Löwenbräu-Chef Peter Cermak und die „Brauerei-Legende“ (Abendzeitung) Georg Schneider (Schneider-Weisse).

Stark vertreten war zudem das Haupt- und Ehrenamt der bayerischen Wirtschaftskammern. Zu den Teilnehmern gehörten Sabine Fischer, Hauptgeschäftsführerin der Bayerischen Architektenkammer, Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl sowie die beiden HWK-Ehrenpräsidenten Heribert Späth und Heinrich Traublinger. Die beiden IHK-Ehrenpräsidenten Claus Hipp und Eberhard Sasse nahmen ebenso teil wie die ehemaligen IHK-Hauptgeschäftsführer Wilhelm Wimmer, Reinhard Dörfler und Peter Driessen. Angelika Niebler, stellvertretende CSU-Parteivorsitzende, Europa-Abgeordnete und Präsidentin des Wirtschaftsbeirats der Union, nannte Soltmann einen „Gentleman“. Mit ihm habe die bayerische Wirtschaft eine außergewöhnliche Persönlichkeit verloren. Nieblers Worte zufolge hat sich Soltmann zeitlebens für die Leitbilder des Ehrbaren Kaufmanns und der Sozialen Marktwirtschaft eingesetzt.

Zudem habe Soltmann als Mensch das verkörpert, was Bayerns Charme und Stärke ausmache. „Er war Münchner durch und durch“, sagte Niebler. Dennoch sei Soltmann nie provinziell gewesen. Ebenso wie IHK-Präsident Lutz betonte Niebler diese Eigenschaft des Verstorbenen: Er habe als Kosmopolit gelebt und gedacht. Auch Lutz bezeichnete Soltmann als Gentleman. Er erinnerte sich vor dem illustren Gästekreis an eine sehr inspirierende Begegnung mit dem Brauerei-Chef. Statt Bier habe Soltmann Wein mitgebracht. Lutz fand das sehr überraschend. Aber Soltmann erklärte, Wein werde auch die Zukunft Oberbayerns sein. Er habe daher 99 Weinrebenstöcke gepflanzt. Lutz erklärte, es sei selten, dass man mit 65 Jahren auf einen Menschen treffe, der als Vorbild dienen könne. Soltmann sei ein leuchtendes Beispiel dafür. Direkt an die Frau des Verstorbenen gewandt, sagte Lutz: „Das Polyglotte, das Internationale, Ihr Mann hat das vorgelebt.“

Otto Wiesheu schließlich bot den 100 Festgästen Einblicke in seine 35 Jahre währende Freundschaft mit Soltmann. Es gibt nicht wenige Unternehmer, die Wiesheu für den besten Wirtschaftsminister halten, den Bayern je hatte. Wiesheu erklärte dann auch, wie man dieses Amt auszufüllen habe: als Dienstleister für die Unternehmen. Wiesheu gab in der IHK jedenfalls den Rat: Nichts tun und beschließen, ohne vorher die Rückkopplung mit der Wirtschaft gesucht zu haben. Soltmann sei als Unternehmer und damaliger IHK-Präsident für ihn immer der Ansprechpartner Nr. 1 gewesen.

Das, betonte Wiesheu, habe er an Soltmann so geschätzt: den Weitblick über das Brauerweisen hinaus, das Engagement für Wissenstransfer aus den Hochschulen in die Wirtschaft, die Begeisterung für Innovation und die Förderung von Kunst und Kultur. Mit einem Schuss Selbstironie schilderte Wiesheu, wie mit dem fachlichen Austausch auch die persönliche Freundschaft wuchs. Am Stammtisch und auf Flusskreuzfahrten hätten sie den Gedankenaustausch fortgesetzt. „Wir haben die Probleme Deutschlands und der Welt gelöst“, versicherte der Ex-Minister.

Insgesamt 13 Wallfahrten nach Altötting hätten sie miteinander gemacht und dabei mit so vielen Kilometern für ihre Sünden gebüßt, dass sie ein dickes Plus auf dem Sündenkonto erwandert hätten. Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein sei mit dem Zug bis Tüssling gefahren. Von dort seien es nur sechs Kilometer bis Altötting. Mit Soltmann sei er dagegen die vollen 90 Kilometer von seinem Heimatort Zolling (Landkreis Freising) bis nach Altötting gegangen. Ein Passant habe ihnen auf der Strecke zugerufen: „Euch würde eine Wallfahrt mit dem Beckstein auch mal guttun.“

Martin Armbruster